Rote Khmer in Kambodscha: Horrorregime von Pekings Gnaden

Vor 40 Jahren begannen die Roten Khmer ihren vierjährigen Völkermord. Unterstützt wurden sie von China. Die KP verschleppt die Aufarbeitung.

Kämpfer der Roten Khmer: Mehr als 1,7 Millionen Kambodschaner vielen ihrem Regime zum Opfer. Bild: imago / Michael Westermann

PEKING taz | Im Hinblick auf den 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs im August wird Chinas Führung derzeit nicht müde, von Japan eine Aufarbeitung seiner Kriegsverbrechen einzufordern. Doch geht es um die eigene Beteiligung an Verbrechen, hält sich Peking zurück. An diesem Freitag vor 40 Jahren zogen die Roten Khmer in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh ein und leiteten eine der grausamsten Schreckensherrschaften des 20. Jahrhunderts ein. Unterstützt wurde ihr Regime von China.

Innerhalb von zwei Tagen zwangen die Roten Khmer sämtliche Einwohner der Hauptstadt, ihre Häuser zu verlassen, und verschleppten sie zur Feldarbeit aufs Land. Politische Gegner wurden erschlagen oder gleich erschossen, Lehrer, Studenten, Professoren und andere Intellektuelle ebenso. Zehntausende verhungerten, weil die Versorgung zusammenbrach. Der Horror dauerte vier Jahre und zählte 1,7 bis 2,2 Millionen Tote.

„China war mit Abstand die wichtigste Quelle für Hilfe aus dem Ausland“, sagt Andrew Mertha. Der Leiter des Asien-Pazifik-Programms der Cornell Universität hat ein Buch geschrieben über Chinas damalige Unterstützung der Roten Khmer. Mao Tse-tung suchte damals einen Verbündeten, um vor allem dem wachsenden Einfluss der Sowjetunion auf Vietnam etwas entgegenzusetzen.

Zwar schickten die Chinesen keine Truppen, doch unterstützte China das brutale Regime mit Lebensmitteln, mit technischer Hilfe und sogar Waffen, so Mertha. „Ohne Chinas Hilfe hätte das Regime der Roten Khmer keine Woche überlebt.“

Erst als 1977 Chinas Reformer Deng Xiaoping an die Macht kam und zumindest in Ansätzen mitbekam, wie brutal die Roten Khmer wüteten, rief Chinas Führung das Regime zur Mäßigung auf. Pol Pot habe nur lächelnd genickt, seine Verbrechen gingen weiter. Chinas Führung habe nichts weiter unternommen, sagt Mertha. Nach dem Sturz der Roten Khmer durch vietnamesische Invasionstruppen im Januar 1979 habe China (zusammen mit anderen) die Roten Khmer viele Jahre weiter unterstützt.

Von Aufarbeitung keine Spur

Von einer Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der chinesischen Außenpolitik ist heute in China wenig zu sehen. „Ich erinnere mich nicht, dass ich als Schüler irgendetwas über Chinas Unterstützung von Pol Pot und dem Genozid erfahren habe“, sagt der Historiker Liang Jiewen. Auch in den sozialen Foren im chinesischen Internet – sonst Plattform ziemlich aller Themen – ist vor dem 40. Jahrestag über Chinas damalige Beteiligung nichts zu finden.

Qiao Mu, Kommunikationsforscher der Peking-Universität für Internationale Studien, hält das auch nicht für wünschenswert. Die Aufarbeitung über ein so großes Verbrechen müsste in der Schule vermittelt werden. Informationen übers Internet hingegen seien oft einseitig, häufig falsch dargestellt, unvollständig und aus dem Zusammenhang gerissen. Solange China nicht offiziell seine Rolle in Kambodscha thematisiert, würden Informationen übers Internet von vielen bloß als antichinesische Kampagne des Westens betrachtet werden. „Der geschichtlichen Aufarbeitung ist damit nicht geholfen“, so Qiao Mu.

Während Chinas Führung derzeit also andere Länder auffordert, sich ihrer Geschichte zu stellen, bleibt die eigene Außenpolitik gerade in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre für die meisten Chinesen ein weißer Fleck. Auch über Chinas Krieg gegen Vietnam 1978 wissen viele nur wenig. Sicherlich werde mit zweierlei Maß gemessen, stellt Qiao Mu fest. Das sei nicht verwunderlich. Seit die kommunistische Ideologie immer mehr an Glaubwürdigkeit verliere, setze die KP verstärkt auf Nationalismus. Eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Außenpolitik passt da nicht.

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