Rot-grün-rote Abschiebepolitik: Die SPD schiebt weiter ab
In der Migrationspolitik ist wenig Aufbruch zu erwarten von der neuen Koalition: Die SPD verantwortet weiter das Landesamt für Einbürgerung.

I m Bereich „Migration und Partizipation“ hat Rot-Grün-Rot vieles reingeschrieben, das gut klingt. Beispiel: „Die Koalition wird aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten für Legalisierung, Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsrechten nach humanitären Gesichtspunkten voll ausschöpfen.“ Allerdings stand das fast genauso schon im alten Koalitionsvertrag – danach gehandelt hat das zuständige Landesamt für Einbürgerung (LEA) nicht wirklich. Auch bei Abschiebungen war das LEA bisher rigoroser, als es der alte Koalitionsvertrag erhoffen ließ.
Dieses Mal wollten Grüne und Linke daher erreichen, dass das LEA nicht mehr der traditionell an Sicherheitsaspekten orientierten und weiterhin SPD-geführten Innenverwaltung unterstellt ist, sondern zur links regierten Integrationsverwaltung wandert. Auch inhaltlich würde das besser passen, zumal wenn man Berlin als „Einwanderungsstadt und Zufluchtsort“ versteht, wie es zu Beginn des Migrationsteils im neuen Koalitionsvertrag heißt.
Doch nun bleibt alles, wie es war: Das LEA bleibt in SPD-Hand und im Innenressort – die SPD habe darauf bestanden, ist von linken Verhandler*innen zu hören. Dafür habe man ein paar konkrete Dinge in den Vertrag hineinverhandelt, mit denen man die Innenverwaltung auf mehr „Humanität“ verpflichten will. Auf „Nachtabschiebungen“ etwa – inzwischen fast die Regel – „soll verzichtet werden“. Und Handys, die fast immer abgenommen werden bei Abschiebungen, „verbleiben grundsätzlich bei den Betroffenen“.
Ob das etwas ändert, bleibt abzuwarten. Zwar kann man den neuen – vermutlich ja alten – Innensenator auf solche Sätze festnageln. Aber wenn er sich nicht dran hält und entsprechende Kritik an sich abperlen lässt? Zu schweren Koalitionskrächen hat das in der Vergangenheit nicht geführt. Die Arbeitsteilung könnte also dieselbe bleiben: Linke (und Grüne) fordern – vermutlich weitgehend folgenlos – mehr Humanität, die SPD bedient die Stammtische und schiebt ab.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945