piwik no script img

Rot-Rot-Grün will MietendeckelEffektive politische Steuerung

Das geplante Gesetz mit Mietendeckel für fünf Jahre und einer Mietobergrenze könnte vielen BerlinerInnen tatsächlich helfen. Ein Wochennkommentar.

Er soll tatsächlich kommen: der vielfach, hier bei einer Demo im Mai, geforderte Mietendeckel Foto: dpa

Man hätte auf so etwas schon fast nicht mehr zu hoffen gewagt: Geht es nach Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei), dann verabschiedet Rot-Rot-Grün bald ein Gesetz, das den Mietenanstieg in Berlin tatsächlich stoppen würde: Zumindest für fünf Jahre, so lange dürften die Mieten in Berlin ab 2020 nicht erhöht werden. Modernisierungen müssten die VermieterInnen mindestens anzeigen und zum Teil auch genehmigen lassen. Bei einer Neuvermietung könnten sie höchstens die Miete verlangen, die schon der Vormieter gezahlt hat. Wer sich nicht daran hält, muss hohe Strafen zahlen.

Und es kommt noch besser: Lompscher will auch eine „allgemeingültige Miet­obergrenze“ definieren: Wer teurer wohnt, könnte dann sogar eine Senkung der Miete einfordern. Für den Berliner Mietmarkt, wo seit vielen Jahren immer nur alles nach oben geht, eine fast schon verwirrend andere Perspektive.

All diese Regelungen stehen in einem Eckpunktepapier aus Lompschers Verwaltung, das am Mittwoch bekannt wurde. Die Wohnungswirtschaft, durch die Enteignungsdebatte bereits aufgeschreckt, drohte umgehend mit Klagen. KritikerInnen monierten, so ein Gesetz sei nicht verfassungskonform. Sie warnten, dass VermieterInnen nicht mehr investieren, geschweige denn Wohnungen renovieren würden.

Eine Stadt, für Immobilienunternehmen wenig interessant, wo nicht alles durchsaniert ist, die an der ein oder anderen Stelle vielleicht alt aussieht – das erinnert ein bisschen an früher und dürfte in den Ohren vieler BerlinerInnen verlockend klingen. War doch schön, als man noch umziehen konnte, wann und wohin man wollte. Zugegeben: Damals war Berlin noch keine derart wachsende Stadt. Der Neubau müsste also trotz Mietendeckel weitergehen. Dem dürfte das Gesetz nicht im Wege stehen: Lompscher will Neubauwohnungen von den Regelungen explizit ausnehmen.

Noch sind Fragen offen

Sicherlich werfen die Pläne viele Fragen auf: Würden durch das Gesetz tatsächlich notwendige und sinnvolle Modernisierungen wie ein altersgerechter Umbau oder Wärmedämmungen verhindert? Wäre es rechtssicher? Und vor allem: Was passiert, wenn es nach Jahren von den Gerichten kassiert wird? Müsste das Land dann den VermieterInnen die Einnahmen erstatten, die ihnen entgangen sind?

Trotz aller Bedenken dürfte Lompscher sehr viele Menschen beim Mietendeckel hinter sich haben: Die Wohnkosten sind in den vergangenen Jahren explodiert, die BerlinerInnen geben laut einer Studie inzwischen im Schnitt fast die Hälfte ihres Einkommens für ihre Miete aus. Eine effektive politische Steuerung des Mietmarktes fehlte bislang. Längst hat sich der Eindruck verfestigt, dass der Staat in einer so grundsätzlichen Frage wie dem Wohnen ohnmächtig ist. Das geplante Gesetz könnte das ändern.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Man entspannt den Markt nicht, indem man die Preise reguliert, sondern indem man das Angebot erhöht. In Berlin fehlen 147.000 Wohnungen. Eine Mietendeckelung steigert den Zuzug und weitet bei Mieterwechseln den ohnehin schon existenten Graumarkt an verdeckten Bestechungszahlungen an den Vermieter aus. Der holt sich dann eben über eine überteuert abzugebende Küche seine entgangenen Mieterhöhungen im voraus wieder rein. Die einzige Antwort auf zu hohe Mieten kann sein: Hört auf mit der abteuerlichen Klientelpolitik und baut endlich mehr bezahlbare Wohnungen!

  • Gute Sache, die auch in anderen Städten überdacht werden sollte. Aber dabei bitte nicht die geplanten Enteignungen vernachlässigen.