Rot-Grün-Rot geht auf die Zielgerade: Am Kotti filmt künftig die Polizei
Die Koalitionsverhandlerinnen von SPD, Grünen und Linkspartei haken auch das Thema Inneres ab. Samstag könnte der Vertrag vorliegen.
In dem zum Bürgersteig hin fast voll verglasten und darum gut einsehbaren Nebenraum der SPD-Landeszentrale in der Müllerstraße sind es am Donnerstagmorgen neben Giffey Bettina Jarasch (Grüne) und Katina Schubert (Linkspartei), die von einer weiteren Einigung auf dem Weg zu einem rot-grün-roten Koalitionsvertrag berichten. Freitag wollen sie am Ziel sein, Samstag das Ganze vorstellen – oder auch erst am Montag, falls noch Extrarunden zu drehen sind.
Videoüberwachung, zuvor wegen unterschiedlicher Haltungen der drei Parteien als Hindernis betrachtet, wird nicht für eine solche Verlängerung sorgen. Wie schon manches Mal gibt es einen Kompromiss: Es soll zwar Videoüberwachung geben wie von der SPD gewünscht, in den Wahlprogrammen von Grünen und Linkspartei hingegen abgelehnt. Aber die soll eben nur „temporär“ kommen, also zeitweise und laut Giffey „an sehr wenigen ausgesuchten Orten“. Jarasch spricht auf Nachfrage von einer „eher niedrigen einstelligen Zahl“ und begründet das auch mit Kosten von jeweils 1 Million Euro.
Für diese Orte nennt Giffey nur ein konkretes Beispiel, nämlich das Kottbusser Tor. Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek, selbst auf dem Weg zu den Verhandlungen zum Thema Finanzen, nennt zudem gegenüber der taz den Alexanderplatz. Laut Giffey soll die Polizei entscheiden, welche Orte sie überwacht. Dabei soll die Privatsphäre gewahrt bleiben, Hauseingänge sollen nicht gefilmt werden.
60 zusätzliche Blitzer
Mit Blick auf neue Blitzer – bis 2026 soll es bis zu 60 zusätzliche stadtweit geben – sagt Jarasch: „Das hilft der Verkehrssicherheit und stärkt unseren Rechtsstaat.“ Künftig sollen zudem dreimal so viele Fahrradstreifen der Polizei wie derzeit unterwegs sein, und zwar in allen Bezirken.
Linksparteichefin Schubert präsentiert als weiteres Ergebnis, dass es im Abgeordnetenhaus einen Untersuchungsausschuss zu den rechtsextremen Anschlägen in Neukölln geben soll. Hier war zuvor die SPD skeptisch.
Die Pressekonferenz ist wegen ihrer Lage im gläsernen Ladenlokal zumindest optisch quasi öffentlich, anders als etwa vor Wochen im verwaisten Ex-Flughafen Tegel. „Das Erste, was die machen, ist doch sich die Diäten zu erhöhen“, schimpft ein Mann im Vorübergehen. Ein anderer kommentiert nach dem Blick durch die Fensterscheibe hingegen anerkennend: „Da ist ja richtig Prominenz.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“
Koalitionsvertrag in Brandenburg steht
Denkbar knappste Mehrheit