Romneys verbaler Aussetzer: Ein „Ordner voller Frauen“
Mitt Romney versuchte sich im TV-Duell mit Obama vergeblich als Frauenförderer darzustellen. Nun lacht das Netz.
WASHINGTON dpa/taz | Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney hat mit einer Aussage über „Aktenordner voller Frauen“ für Erheiterung im Internet gesorgt. Bei der Debatte mit Amtsinhaber Barack Obama am Dienstagabend (Ortszeit) sprach Romney über Chancengleichheit und erzählte, wie er als Gouverneur des Bundesstaats Massachusetts Frauen in sein Kabinett aufnehmen wollte.
Dabei habe er zahlreiche Dossiers über Kandidatinnen erhalten. Für die Auswahl seien bei ihm „binders full of women“ (dt: ganze Ordner voller Frauen) gelandet, sagte der fünffache Familienvater Romney.
Die missratene Formulierung wurde im Internet sofort hämisch kommentiert. Manche Nutzer sprachen von Macho-Gehabe. Innerhalb weniger Stunden waren die „Ordner“ das am dritthäufigsten gesuchte Thema auf Google. Postwendend fanden erste Parodien eines Frauen in Aktenordner steckenden Romney ihren Weg in die sozialen Netzwerke von Facebook und //twitter.com/search?q=%23bindersfullofwomen&src=hash:Twitter. „Das muss die Love-Story von Mitt und Ann Romney gewesen sein“, ätzte etwa eine Twitter-Userin.
Auch in den US-Medien sind Romneys Ordner ein Thema. So kritisierte der Boston Globe, aus Romneys Vita sei nicht erkennbar, dass er Frauen gefördert habe. In seiner Zeit als Chef von Bain Capital habe es dort keine weiblichen Führungskräfte gegeben.
Desorientiert in den 50er Jahren
Die Washington Post meint, Romney sei auf einer Reise in die fünfziger Jahre. Romney sagte, er müsse als Chef von Frauen flexibler sein, schließlich könnten sie nicht so lang arbeiten und müssten früh nach Hause, um sich um die Kinder zu kümmern und zu kochen.
Auch beim Thema Terror mangelte es dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten offenbar an Durchblick. Er behauptete, Obama habe die Attacke auf das US-Konsulat in Bengasi, bei der vier Menschen starben, erst nach 14 Tagen als Terroranschlag bezeichnet. Tatsächlich hatte Obama das bereits am Tag nach den Anschlägen getan. Kommentator Andrew Rosenthal von der New York Times verglich Romneys Aussetzer unter anderem mit Gerald Ford, der 1976 behauptete, Osteuropa werde nicht von der Sowjetunion dominiert.
Unerreicht wird wohl auch trotz Romneys Pannen weiterhin Georg W. Bush bleiben. Seine verbalen Aussetzer sind als „Bushisms“ bekannt geworden. Beispielweise kündigte er zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 an, das Mindestalter für den Schusswaffenbesitz für Jugendliche zu erhöhen. Präsident wurde er dennoch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen