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Rodung des Bialowieza-WaldesPolen legt die Axt an

Fällt Polen trotz eines Abholzungsverbots Bäume im Bialowieza-Wald? Das Rechtsstaatsverfahren der EU gegen Polen könnte ausgeweitet werden.

Der Bialowieza-Wald in Polen Foto: reuters

Brüssel AFP | Die Europäische Union hat Polen aufgefordert, das Abholzungsverbot im Bialowieza-Urwald einzuhalten. Wie die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel mitteilte, wird der Fall in das laufende Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen aufgenommen, sollten Abholzungen in dem Wald weiterhin andauern.

Warschaus Umweltminister Jan Szyszko hatte am Montag angekündigt, die polnische Regierung werde in dem Biosphärenreservat weiter Bäume fällen lassen – auch nach der Anordnung eines sofortigen Abholzungsstopps durch den Europäischen Gerichtshof.

Bisher wurde das Vertragsverletzungsverfahren wegen der umstrittenen Maßnahmen im polnischen Justizwesen getrennt vom Abholzungsverbot in Bialowieza behandelt. Die Kommissionssprecherin Mina Andreeva sagte jetzt aber, eine mögliche Urwald-Rodung trotz europäischem Verbot berühre „ganz klar die Rechtsprechung, auf denen die Union aufbaut“. Demnach wird die Kommission unter anderem mit Satellitenbildern mutmaßliche Baumfällungen in dem Urwald untersuchen.

Bialowieza gilt als einer der letzten großen Urwälder Europas. Polens rechtskonservative Regierung hatte im März 2016 beschlossen, eine Verdreifachung der bisher zugestandenen Abholzung zu erlauben. Dies galt auch für Gebiete, die bisher vor Eingriffen jeglicher Art geschützt waren.

Gerechtfertigt wurde dies mit der Bekämpfung des Borkenkäfers. Die EU-Kommission hatte Polen daraufhin Mitte Juli vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg verklagt und eine einstweilige Anordnung verlangt, um die Abholzung zu stoppen.

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9 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Was in den deutschen Medien regelämäßig falsch dargestellt wird, ist die Tatsache, das im eigentlich Naturschutzgebiet - also dem Kern des Nationalparkes - gar nicht abgeholzt wird (das will die aktuelle Regierung auch gar nicht). Der Streit geht um die dem Nationalpark angeschlossenen Nutzwälder die als Biosphärengebiet angeschlossen sind. Soviel Differenzierung sollte schon möglich sein, wenn man darüber berichtet.

  • Borkenkäfer? Als Plage in einem Urwald??

    "Plagen" können m.W. nur in Monokulturen auftreten, ansonsten hat die Natur das im Griff.

    Polen hat wohl gern die Vorzüge Europas, aber der Rest wird als Einmischung in innere Angelegenheiten verstanden. Erinnert an längs vergangene Sowjetzeiten.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Mitch Miller:

      Übrigens, interessant wenn Sie die EU mit dem Sowjetblock gleichsetzen. In meinen Augen völlliger Blödsinn weil es ja zwei fundamental entgegengesetzte Wirtschafts- und Politiksysteme waren (schon allei die Tatsache dass die Mitglieschaft in der EU freiwillig erfolgt, die damalite Mitgliedschaft im Sowjetblock durch Sowjetbesatzung erzwungen wurde). Aber mit dieser Metapher bedienen Sie sich interessanterweise der gleichen Wortwahl und Argumentation wie viele extrem Rechte Anti-Europäer in Deutschland, Polen und sonstwo in Europa. Auf den einschlägigen Internetseiten ist da schon mal von der EUdSSR die Rede. Und genau deren EU-Sicht machen Sie sich zu eigen? Ein Schelm wer Böses dabei denkt!

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Mitch Miller:

      "Polen hat wohl gern die Vorzüge Europas, aber der Rest wird als Einmischung in innere Angelegenheiten verstanden. Erinnert an längs vergangene Sowjetzeiten"

       

      Was für eine unterirdische Argumentation. Von 1944 bis 1990 war Polen sowjetisch besetzt und kein souveräner Staat und hatte also gar keine Spielräume innerhalb der Sowjetdiktatur denn die sogenannte polnische kommunistische Regierung war eine von der Sowjetterrordiktatur eingesetzte Marionettenregierung war. Das eine hat mit dem anderen also überhaupt nichts zu tun!

      • 4G
        4845 (Profil gelöscht)
        @4845 (Profil gelöscht):

        Polen hatte also NULL "Vorzüge" bzw. Voteile durch die Sowjetbesatzung, die "Innerenangelgenheiten" wurden duch das Terroregime in Moskau diktiert und alles was Polen davon hatte waren Nachteile: Unterdückung, Terror und Mord am polnischen Volk.

  • Es geht um nichts weniger als die EU an sich. Viel gefährlicher als der Austritt eines Landes wäre die willkürliche Verletzung von EU-Recht. Die Europäische Union hat keine Nationalgarde, die sie in widerspenstige Provinzen entsenden kann. Sie brauchte sie auch nicht, denn die Urteile des EuGH wurden bislang immer respektiert. Wenn nun die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren anstrengt und der EuGH Polen auch dort verurteilt aber Polen das Urteil ebenso ignoriert - was dann? Sanktionen? Rausschmiss? Einmarsch mit Truppen der Bundeswehr? Alles keine guten Ideen. Nichts tun wäre aber erst recht keine gute Idee. Dann würden andere Länder folgen, die EU nur noch ein Papiertiger und die rechtstreuen Länder die dummen.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Velofisch:

      "Viel gefährlicher als der Austritt eines Landes wäre die willkürliche Verletzung von EU-Recht."

       

      Wenn Deutschland und Frankreich dies ständig vor machen, braucht man sich nicht wundern wenn andere Staaten dem nacheifern....