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Richterwahl am BundesverfassungsgerichtMehr Kooperation, weniger Konflikt

Das Bundesverfassungsgericht ist nicht so umkämpft wie der US-Supreme Court. Außerdem sind die Amtszeiten nicht so epochal.

Etwas angenehmer ist die Stimmung beim Bundesverfassungsgericht Foto: Uli Deck/ dpa

Auch in Deutschland gibt es gelegentlich Diskussionen um die Wahl von Richtern des Bundesverfassungsgerichts. Doch sie beschäftigen die große politische Öffentlichkeit in der Regel nicht so wie jetzt die Nachfolge der verstorbenen Richterin Ruth Bader Ginsburg in den USA.

Dabei ist die Bedeutung der Gerichte ähnlich groß. Das Bundesverfassungsgericht hat in vielen politisch umstrittenen Fragen das letzte Wort, denn es misst Gesetze an der Verfassung, die bei uns Grundgesetz heißt. Auch der US-Supreme Court ist – neben seiner Rolle als oberstes Fachgericht – eine Art Verfassungsgericht. Auch er kann den Gesetzgeber kontrollieren.

Allerdings ist das Bundesverfassungsgericht immer ausgewogen besetzt. Die Richter werden zur Hälfte im Bundestag und im Bundesrat jeweils mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Das heißt, die großen Blöcke (CDU/CSU, SPD und zunehmend auch die Grünen) müssen sich einigen. Dies führt dazu, dass eher gemäßigte Juristen gewählt werden, die auch für das jeweils andere Lager akzeptabel sind.

Seltenes Ereignis mit langfristiger Wirkung

In den USA nominiert dagegen der Präsident nach eigenem Gusto die Richter, die dann vom Senat (entspricht dem deutschen Bundesrat) bestätigt werden müssen. Wenn der Präsident der gleichen Partei angehört wie die Mehrheit im Senat, kann er nacheinander mehrere Richter mit den gleichen Grundüberzeugungen ernennen und so die Ausrichtung des Gerichtshofs deutlich verschieben. Früher war das noch schwieriger, aber seit 2017 ist im Senat keine 60-Prozent-Mehrheit mehr erforderlich. Es genügt die einfache Mehrheit, die die Republikaner derzeit innehaben.

Da es am Supreme Court nur neun Richter gibt und diese auf Lebenszeit gewählt werden, sind Richterwahlen auch ein relativ seltenes Ereignis mit sehr langfristiger Wirkung. Ruth Bader Ginsburg war zum Beispiel 27 Jahre im Amt. In den zwei Senaten des Bundesverfassungsgerichts arbeiten dagegen jeweils acht Richter, insgesamt also 16. Ihre Amtszeit endet mit dem 68. Geburtstag oder nach spätestens 12 Jahren. Auch das ist lang, aber nicht so epochal.

Kooperativer Stil

Dem Wahlverfahren entspricht auch ein kooperativerer Arbeitsstil am Bundesverfassungsgericht. Dort gelingt es meist, Urteile einstimmig oder mit großer Mehrheit zu fällen, während am Supreme Court inzwischen häufiger entsprechend der Parteipräferenzen abgestimmt wird. Deshalb ist auch das Ansehen des Supreme Courts nicht (mehr) so hoch wie das der Karlsruher Richter.

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4 Kommentare

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  • Explizit politisch war das BVerfG auch unterwegs. Wir verdanken ihm die Reichsbürgerbewegung, da es urteilte, dass die Institutionen der BRD nicht für das weiterexistierende Deutsche Reich sprechen dürfte. Das ging gegen die Politik Brands, die Oder-Neiße Grenze anzuerkennen, und deckte sich mit der damaligen Haltung der Union. Mit einer politisch anderen Besetzung wäre diese Entscheidung wohl so nicht getroffen worden.

  • Cum grano salis - kannste nehmen. Ausgewogen - Ach was!



    Unser stellv. Verfassungsrichter Ba-Wü - cui bono - 🤫 -

    Politische Brisanz? Aber gern. Hörnmer doch mal rein:



    “Mit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG)[4] sah ab 1949 das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) eine juristische Infrastruktur sui generis vor. Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes nahm das Gericht seine Arbeit 1951 auf, seinerzeit bestehend aus zwei mit jeweils zwölf Richtern besetzten Senaten, die je zur Hälfte vom Bundestag und Bundesrat gewählt wurden. Innerhalb der folgenden zwölf Jahre wurde die Zahl der Richter in den beiden Spruchkörpern sukzessive reduziert, 1956 auf zehn, 1963 auf acht. Den Hintergrund hierfür bildete ein zähes Ringen der Parteien um die politische Mehrheit, bei der Adenauers CDU letztlich die Oberhand gewann.[3]…“



    &



    Däh. “ Bereits 1952 erlebte das Gericht seine erste Krise im Verfassungsstreit um die Wiederbewaffnung, als es sich heftigen Protesten insbesondere des damaligen Justizministers Thomas Dehler ausgesetzt sah, die Entscheidung bis zur Bundestagswahl 1953 aussetzte und letztlich nach dem deutlichen Wahlsieg Adenauers und aufgrund dessen Verfassungsänderung gemäß Art. 73 Ziff. 1 GG nicht mehr zu entscheiden brauchte.“



    & Amtszeit - auch schön - hück (nur noch) 12 Jahre



    Die vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 25. Dezember 1970 im Amt befindlichen Richter konnten noch einmal für zwölf Jahre, längstens bis zur Altersgrenze, wiedergewählt werden. (BVerfGE 40, 356 – Besetzung der Richterbank, Absatz-Nr. 4)



    &



    Ein Nazi wie Willi Geiger - im BGH &!! im Bundesverfassungsgericht!!!



    Als minutiöser Zuträger für Ol Conny Adenauer.



    Ist auch nicht mehr möglich.



    &



    Aus nicht ganz unähnlichen Gründen:



    Halt ich die regelmäßigen Kaffeekränzchen!



    Der beiden Senate - allein!! - mit der Regierung!



    Also ohne Vertreter der Opposition!! Gelle!



    Schlicht für nicht verfassungskonform.



    Herr Christian Rath - scheint’s doch! Oh Wunder!

    Ende des Vorstehenden

    • @Lowandorder:

      Nachlieferung

      de.wikipedia.org/w...verfassungsgericht



      & Däh - 🤮 - Warschau - take place 🪑-



      de.wikipedia.org/w...i_Geiger_(Richter)

      • @Lowandorder:

        Du meintest wohl:

        Warschau - hold our beer

        Ansonten volle Zustimmung gerade zu den "Konsultationen zweier Verfassungsorgane" oder wie die das "damals" -sind ja noch keine 10 Jahre wenn ich mich nicht täusche- schimpften.



        Hat aber seitdem kein Schwein mehr interessiert und hinterlässt dann gerade wenn dann so wie beim letzten Hartz Urteil wieder ein ekeliges "Ja,aber" herauskommt, bei mir wieder eine versaute Toilette vom kotzen im Strahl.