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Richter für den US-Supreme-CourtKavanaugh vor Bestätigung

Lange war unklar, ob der Kandidat an den Supreme Court berufen würde. Nun scheint Kavanaughs Zukunft am Obersten Gericht der Vereinigten Staaten sicher.

Kommt wohl durch: Brett Kavanaugh Foto: ap

Washington ap | Trotz Vergewaltigungsvorwürfen wird der erzkonservative Jurist Brett Kavanaugh vermutlich an den Obersten US-Gerichtshof berufen. Die bislang unentschiedene republikanische Senatorin Susan Collins erklärte am Freitag, sie unterstütze Präsident Donald Trumps Wunschkandidaten. Auch der Demokrat Joe Manchin gab – als einziger seiner Partei – bekannt, mit „Ja“ für ihn stimmen zu wollen. Kavanaughs Bestätigung durch den Senat am Samstagnachmittag ist damit fast sicher. Erneut kam es bei Protesten gegen die umstrittene Personalie zu Festnahmen.

101 Menschen wurden festgesetzt, wie die Polizei des Kapitols am Freitag bekannt gab. Demonstranten gingen gegen Kavanaugh auf die Straße, dem von mehreren Frauen sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen wird. Im Zentrum der Vorwürfe steht die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford, die ihn der versuchten Vergewaltigung Anfang der 1980er Jahre beschuldigt hat. Er streitet dies vehement ab. Sein teils lautstarker und emotionaler Auftritt in einer Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats war vielen missfallen. Kritiker beklagten, dies sei eines Obersten Richters nicht würdig gewesen.

Für Trump ist die nun zu erwartende Bestätigung ein Erfolg. Der Supreme Court dürfte sich mit Kavanaugh in den Richterreihen – dem nach Neil Gorsuch zweiten von Trump nominierten Juristen – vielleicht für Jahrzehnte konservativer ausrichten. Im Senat verfügen die Republikaner über eine knappe Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen. Kommt es überraschend doch zu einem Patt, kann Vize-Präsident Mike Pence die entscheidende Stimme abgeben.

Ich glaube, dass Richter Kavanaugh ein qualifizierter Jurist ist, der der Verfassung folgen wird und über Fälle auf der ihm vorliegenden rechtlichen Grundlage entscheiden wird.

Joe Manchin, Demokrat

Senatorin Collins erklärte am Freitag, für Kavanaugh gelte die Unschuldsvermutung. Die Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen ihn seien nicht bewiesen. „Wir sind auf lange Sicht schlecht beraten, wenn wir die Unschuldsvermutung und Fairness abschaffen, auch wenn es verlockend klingt.“ Mit Blick auf die Vorwürfe sagte sie: „Wir müssen uns immer daran erinnern, dass Fairness am meisten gefährdet ist, wenn Leidenschaften am stärksten entflammt sind.“

Fords Anschuldigungen seien ernst und schmerzhaft gewesen, sagte Collins, die als eine der moderatesten Republikaner im Senat gilt. Die von Ford genannten Zeugen des mutmaßlichen Ereignisses hätten die Vorwürfe nicht gegenüber dem FBI bestätigt. „Ich glaube nicht, dass die Vorwürfe Richter Kavanaugh davon abhalten, dem Gericht zu dienen“, so Collins.

Ihr demokratischer Kollege Joe Manchin kündigte an, er werde den Kandidaten ebenfalls unterstützen. Er habe zwar Bedenken wegen der Anschuldigungen gegen Kavanaugh und dessen Verhalten in der Anhörung des Justizausschusses, erklärte Manchin. Er tue jedoch das, was für seinen Staat West Virginia das Beste sei. „Ich glaube, dass Richter Kavanaugh ein qualifizierter Jurist ist, der der Verfassung folgen wird und über Fälle auf der ihm vorliegenden rechtlichen Grundlage entscheiden wird.“ Als Manchin später vor seinem Büro mit Reportern sprach, riefen Protestierende ihm „Schäm' Dich!“ zu.

Manchins „Ja“ für Kavanaugh dürfte das „Nein“ der republikanischen Senatorin Lisa Murkowski ausgleichen, die als einzige Vertreterin ihrer Partei Kavanaugh nicht unterstützen will. Sie glaube zwar, dass der Jurist ein „guter Mann“ sei, sagte Murkowski. Angesichts der Vorwürfe scheine er aber „zu diesem Zeitpunkt nicht der richtige Mann für das Gericht“ zu sein. Ein weiterer ursprünglicher Wackelkandidat bei der Bestätigung Kavanaughs, der republikanische Senator Jeff Flake, hatte gesagt, er werde für den Kandidaten stimmen – „außer, es gibt noch eine große Veränderung“.

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5 Kommentare

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  • Die Kritik sollte sich grundsätzlich gegen das politische System der USA richten. Wenn in dem Zwei-Parteien-System der USA eine Partei die Mehrheit im Senat hat und gleichzeitig den Präsidenten stellt, dann kann sie über die Ernennung der Verfassungsrichter allein entscheiden. In unserem politischen Mehr-Parteien-System ist für die Ernennung der Richter am Bundesverfassungsgericht eine breite Mehrheit nötig. Sowohl die Richter, die vom Bundestag ernannt werden, wie auch die andere Hälfte, die vom Bundesrat ernannt werden, benötigen eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Dazu gibt es eine Begrenzung der Amtszeit auf 12 Jahre und eine Altersgrenze von 68 Jahren. In dem politischen System der USA ist die Unabhängikeit der Justiz nur begrenzt gewährleistet. Dazu gibt es in Deutschland eine Begrenzung der Amtszeit auf 12 Jahre und eine Altersgrenze von 68 Jahren.

  • Unfassbar.

    Diverse Leute hier und da regen sich über das ewige Gegendere auf und sind genervt von MeToo -

    und was zeigt sich wieder: das gemeinsame Gewichse weißer, machtgeiler Typen geht geht weiter.

    • @cazzimma:

      Kava ist gewählt worden. Mit 50 zu 48. Das stärkt meinen Glauben an die Demokratie.

  • Statt diese "Kultur" zu kommentieren, spare ich lieber den Strom für schlechte Zeiten.

  • Wie war das nochmal? Das Ziel der neuen Rechten ist die Zerstörung des Vertrauens in die Instutionen der Demokratie. Auf diese Art und Weise kann man das natürlich auch machen...