Rheinmetall wird BVB-Sponsor: Bumm!
Champions-League-Finalist Dortmund verkündet kurz vorm großen Spiel gegen Madrid den Einstieg des Rüstungskonzerns Rheinmetall als Sponsor.
Kurz vorm Champions-League-Finale der Dortmunder Borussia gegen Real Madrid hat das Handelsblatt eine brisante Partnerschaft öffentlich gemacht: Der BVB wird in der kommenden Saison vom Rüstungskonzern Rheinmetall gesponsort. Rheinmetall gehört neben Airbus, Diehl, Krauss-Maffei oder MTU zu den größten Rüstungsproduzenten in Deutschland.
Im Zuge des Ukrainekrieges ist nicht nur die strategische Bedeutung, sondern auch der Börsenwert des Düsseldorfer Unternehmens stark angestiegen. Der Kurs von Rheinmetall, seit 2023 im DAX gelistet, stieg über einen Zeitraum von fünf Jahren um fast 450 Prozent an. Der Umsatz liegt bei über sechs Milliarden Euro.
Die Partnerschaft, die am Mittwoch offiziell verkündet wurde, ist zunächst auf drei Jahre angelegt und bringt dem BVB pro Vertragsjahr einen hohen einstelligen Millionenbetrag ein. „Der Verteidigungs- und Technologiekonzern tritt künftig als Champion Partner im sportlichen und gesellschaftlichen Umfeld des Fußball-Bundesligisten auf“, teilte der Verein lapidar mit. Erstmalig werde das Rheinmetall-Logo während der Vorbereitung des BVB auf das Champions-League-Finale sichtbar sein.
Nach Informationen des Fußballfachblattes kicker hat sich der Klub vor der Zusage an Rheinmetall verschiedene Meinungen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und der eigenen Anhängerschaft eingeholt und vorgeblich abgewogen, ob der Konzern zu den Werten von Borussia Dortmund passt. Erst im November 2022 hatte der Verein einen Grundwertekodex verabschiedet, in dem geschrieben steht: „Wir werden uns stets für das gesellschaftliche Gelingen einsetzen. Darunter verstehen wir ein Vereinsleben und eine Gesellschaft ohne Rassismus, Antisemitismus, LSBTI+-Feindlichkeit, Sexismus, Gewalt und Diskriminierung.“
Farbrauchkörper und Granatwerfer
In den sozialen Medien kommt der Deal freilich nicht so gut an, wie von der Wertekommission des BVB erwartet: BVB-Fans posten im Dutzend ihre Kündigungen der Mitgliedschaft, sind entweder entsetzt oder machen sich über den Einstieg lustig: So passe Rheinmetall ja vielleicht doch ganz gut in den Fußball, wird gewitzelt, weil die Waffenschmiede nicht nur Artilleriewaffen, Mörsermunition oder Granatwerfer produziert, sondern für den Infantreriebereich eben auch Leucht- und Signalmittel, Farbrauchkörper oder Reizstoffprodukte. Panzer-Memes in Schwarz-Gelb haben Hochkonjunktur. Das Thema überschattet den sportlichen Höhepunkt für einen Klub, der mit diesem umstrittenen Schritt viele Sympathien im Land verspielen könnte.
Hans-Joachim Watzke, Vorsitzender der Geschäftsführung von Borussia Dortmund, versucht derweil, den Einstieg von Rheinmetall als Beitrag zu einer „wehrhaften Demokratie“ zu labeln, quasi als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich der BVB nicht verschließen will: „Sicherheit und Verteidigung sind elementare Eckpfeiler unserer Demokratie. Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen“, sagte er am Mittwoch.
Hans-Joachim Watzke, BVB-Geschäftsführer
„Wir öffnen uns als Borussia Dortmund ganz bewusst für einen Diskurs.“ Rheinmetall-Chef Armin Armin Papperger findet, der BVB sei „ein Verein aus dem Herzen von NRW“ und stehe wie kaum ein anderer für das Streben nach internationalem Erfolg. Und weiter: „Rheinmetall ist in der Metropolregion Rhein-Ruhr tief verwurzelt und möchte seine Marke als führendes Systemhaus der Verteidigungsindustrie und als Treiber industrieller Innovationen in zivilen Märkten auch international noch bekannter machen.“ Rheinmetall ist seit März 2024 auch Mitglied im Initiativkreis Ruhr, in dem sich auch Borussia engagiert.
Der Konzern, der eine Marktkapitalisierung von über 22 Milliarden Euro aufweist, ist bereits seit Längerem im Sportsponsoring engagiert. So tritt Rheinmetall auch als Sponsor des lokalen Sports in Düsseldorf auf. Sowohl der Profihandball wird unterstützt, als auch der „Nachwuchs- und Trendsport“, konkret die Basketballerinnen der Capitol Bascats und die Nachwuchsarbeit des HC Düsseldorf. Bis 2019 war Rheinmetall bereits Sponsor des Handballvereins HC Rhein Vikings.
Aufrüstungsprogramm als „Zeitenwende“
Seit zwei Jahren ist der Konzern auch beim Bergischen Handball-Club aktiv, was die Grünen im Düsseldorfer Stadtrat auf den Plan rief: Sie wollten das Sportsponsoring rückgängig machen mit einem Antrag. „Rheinmetall kann als Rüstungskonzern, der immer wieder mit fragwürdigen Geschäftspraktiken bei Waffenexporten in der Diskussion ist, kein Partner der Sportstadt Düsseldorf sein“, begründeten die Grünen den letztlich erfolglosen Antrag.
Nach einer vom Bundesministerium für Wirtschaft beauftragten Studie waren im Jahr 2014 etwa 350 Unternehmen der Verteidigungsindustrie in Deutschland, bei einem Jahresumsatz von knapp über 20 Milliarden Euro, tätig. Nach dem Aufrüstungsprogramm von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), euphemistisch „Zeitenwende“ genannt, hat sich dieser Umsatz stark erhöht. Ein kleiner Teil der Gewinne fließt nicht nur in den Sport, sondern auch an Parteien als Spenden zurück.
Im Wahljahr 2021 unterstützte Rheinmetall mehrere Parteien, darunter die CDU. Die Christdemokraten sowie SPD und FDP gehören seit gut zwanzig Jahren zu den beliebtesten Adressaten des Konzerns, der in den kommenden Tagen die Schlagzeilen mitbeherrschen dürfte. Und so bleibt der Wunsch von BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl, sich nur noch aufs Finale der Champions League konzentrieren zu wollen, ein frommer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind