Rheinland-Pfalz bürgt für den Nürburgring: Ringrettung für 254 Millionen
Wie erwartet hat die rheinland-pfälzische Regierung aus SPD und Grünen für den insolventen Nürburgring gebürgt. Die CDU meckert. Ministerpräsident Beck entschuldigt sich bei seinen Bürgern.
MAINZ dapd | Das Land Rheinland-Pfalz stellt für den insolventen Nürburging mehrere Hundert Millionen Euro aus einer Rücklage bereit und kommt damit seinen Pflichten als Bürge nach. Der Haushalts- und Finanzausschuss des Mainzer Landtags genehmigte am Mittwoch 254 Millionen Euro für die Rennstrecke samt Vergnügungspark. Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen beschlossen gegen die Stimmen der oppositionellen CDU die Aktivierung der millionenschweren Haushaltsrücklage. Die CDU macht rechtliche Bedenken geltend und wirft Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) Missmanagement vor.
Mit der Rücklage bürgt das Land für einen Kredit in Höhe von 330 Millionen Euro der insolventen staatlichen Nürburgring GmbH bei der landeseigenen Investitions- und Strukturbank (ISB). Nach Angaben von Finanzminister Carsten Kühl (SPD) sind noch weitere unplanmäßige Ausgaben in Höhe von 59,5 Millionen Euro einzukalkulieren.
Die CDU verlangte vergeblich eine Verschiebung der Entscheidung, um Rechtsklarheit zu bekommen. Sie geht davon aus, dass der Kredit und auch die Rücklage gegen das Wettbewerbsrecht der EU-Kommission verstoßen. Die Fraktion warnte die Mitarbeiter der Landesregierung, dass sie sich bei der Umsetzung des Parlamentsbeschlusses der Untreue strafbar machen könnten.
Das Finanzministerium wies das zurück. „Ich werde eine rechtssichere Entscheidung treffen“, versicherte Kühl. Gutachten dazu seien gerade in der Arbeit und würden bald dem Landtag vorgestellt. Auch aus einer Stellungnahme der Bundesregierung gehe hervor, dass Fördermaßnahmen der ISB nicht dem Beihilferecht unterliegen. Zudem sei bei der Aktivierung der Rücklage Eile geboten, um die anfallenden Zinsen so gering wie möglich zu halten. Laut Ministerium verursacht jeder Tag, an dem das Darlehen nicht bedient wird, Kosten von 47.000 Euro für das Land.
Klöckner kritisiert
Die Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Julia Klöckner, warf der Landesregierung erneut Täuschung vor. „Der Wahrheitsgehalt der Aussagen der Landesregierung zum Thema Nürburgring seit 2007 gegenüber Parlament, Presse und Öffentlichkeit passt, wenn man groß schreibt, gerade mal auf eine Zehn-Cent-Briefmarke“, sagte Klöckner.
Der Nürburgring mit seiner Erlebniswelt musste Insolvenz anmelden, weil die EU-Kommission sich weigerte, bis Ende Juli über eine Rettungsbeihilfe des Landes in Höhe von 13 Millionen Euro zu entscheiden. Außerdem blieben Pachtzahlungen der mittlerweile gekündigten privaten Betreiber aus.
Regierungschef Beck, der anders als sonst an der Ausschusssitzung teilnahm, war wegen der Nürburgring-Affäre stark in die Kritik geraten. Er hatte immer versichert, das Engagement an der Rennstrecke werde die Steuerzahler nichts kosten.
Kurt Beck hat sich bei den Rheinland-Pfälzern für die Insolvenz des Nürburgrings entschuldigt. Er trage die Verantwortung für die Pleite der Rennstrecke und wolle besonders die Menschen in der Eifel „um Entschuldigung bitten“, sagte Beck am Mittwoch in der Sondersitzung des Landtages zur Nürburgring-Pleite in Mainz. Einen Rücktritt lehnte der mit 18 Amtsjahren dienstälteste Regierungschef Deutschlands aber erneut ab.
Die Vorgänge am Nürburgring sind hoch umstritten. Nachdem eine Privatfinanzierung des Vergnügungsparks scheiterte, subventionierte das Land den Bau mit mindestens 486 Millionen Euro. Diese werden gerade von der EU in einem Beihilfeverfahren geprüft und sind möglicherweise rechtswidrig in die Eifel geflossen. Die erwarteten Besucherzahlen wurden am Nürburgring nie erfüllt, wenige Jahre nach der Eröffnung der Erlebniswelt schlossen die privaten Betreiber einige Teile bereits wieder.
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