Revolution in Myanmar: Für die Freiheit und mehr
In Myanmar kämpfen Minderheiten und prodemokratische Kräfte gegen eine rechte Militärjunta. Linke sollten ihren Aufstand unterstützen.
S tellen Sie sich vor: ein Land, in dem eine genozidale Militärjunta herrscht. Eine Clique alter Männer, die sich an die Macht putscht und dann auf friedliche Demonstranten schießen lässt. Stellen Sie sich weiter vor: eine junge Studierendenbewegung für Demokratie und Menschenrechte, die sich bewaffnet und mit benachteiligten ethnischen Minderheiten gegen ebenjenes Regime kämpft – entgegen allen Erwartungen mit Erfolg. Und jetzt stellen Sie sich vor, dass linke Gruppen weltweit diesen Kampf einfach ignorieren.
Wenn Sie eine durchschnittliche Zeitungsleserin sind, werden Sie wohl zuerst den Titel dieses Textes gelesen haben und wissen, dass es hier um Myanmar geht. Aber warum interessieren sich linke Bewegungen verschiedener Couleur nicht für den dortigen revolutionären Freiheitskampf – auch nicht, bevor der Krieg in Israel und Gaza ab dem 7. Oktober alle Aufmerksamkeit auf sich zog?
Für die Missachtung dieses Konflikts, wie zahlreicher anderer, mag es Gründe geben: weit, weit weg, keinen Bezug, fremde Kultur und so weiter. Aber es gibt eben keine gute Begründung. Zumindest nicht für jene, die sich noch an die ehrenwerte Tugend des Internationalismus erinnern. Und während Linke gerne ihren lost causes, also den gescheiterten Revolutionen von vorvorgestern, frönen, ist der Kampf in Myanmar heute erfolgreich: Erst am Wochenende eroberten Rebellen im Katschin-Staat im Nordosten wohl drei Militärbasen, immer wieder laufen Regimetruppen zu den Aufständischen über. Die Junta kontrolliert heute weniger als 40 Prozent des Staatsgebiets.
Kampf in Myanmar kein lost cause
Gegen wen kämpfen die Rebellen genau? Gegen ein Militär, das sich jahrzehntelang anmaßte, das Land zu unterjochen. 2011 ließen die Generäle vorsichtig etwas mehr Demokratie zu, putschten sich dann aber nach einer unliebsamen Wahl im Februar 2021 wieder an die Macht – festgehalten auf dem legendären Video einer tanzenden Fitnesstrainerin.
Dazwischen begingen die Militärs, auch Tatmadaw genannt, einen Völkermord an den muslimischen Rohingya: mordeten, vergewaltigten, brandschatzten und vertrieben etwa 700.000 von ihnen über die Grenze nach Bangladesch. Die Junta, aufgerüstet von Russland, ist verbündet mit den rechts-nationalistischen Pyusawhti-Milizen. Rebellengruppen werfen ihr vor, mit Chemiewaffen zu bombardieren.
Als das Militär nach dem Coup 2021 auf friedliche Demonstranten schoss, verließen viele junge Demokratieaktivistinnen die Städte, gingen in die Berge und die Dschungel und bewaffneten sich, um die Volksverteidigungseinheiten (PDF) zu gründen. Sie kämpfen seitdem für Liberalisierungen, eine parlamentarische Demokratie und die Freilassung der gewählten Regierungschefin Aung San Suu Kyi.
Ohne nennenswerte Unterstützung müssen die PDF oft auf einfache oder selbstgebaute Waffen zurückgreifen. Ihre Guerillas verbündeten sich mit den bereits etablierten Milizen der zahlreichen ethnischen Minderheiten im Land, die historisch unterdrückt wurden und sich von der Revolution mehr Autonomie erhoffen.
Wo bleibt die Solidarität?
Dieses historische Unrecht zwischen den Bevölkerungsgruppen ist Grund zur Sorge über weitere Spannungen, die eine erfolgreiche Revolution überdauern könnten. Doch es gibt hoffnungsvolle Zeichen. So gründete der Aktivist und Dichter Maung Saungkha aus der vorherrschenden Ethnie der Bamar eine Miliz, die BPLA, die sich gar für die Abschaffung ihrer eigenen Privilegien einsetzt. Auch Frauen und Männer genießen dort gleiche Rechte.
Mit diesen Entwicklungen und Bewegungen sollte sich eine global interessierte Linke beschäftigen, freilich ohne den Kampf zu romantisieren. Sie könnte, ganz praktisch, ihre nationalen Regierungen drängen, die Aufständischen stärker zu unterstützen, selbst Spenden für Waffen und Ausrüstung sammeln oder auf die Verbrechen der Junta aufmerksam machen.
Die Revolutionäre kämpfen in den Wäldern und Bergen Myanmars und entlang des Irawaddy-Flusses für ihre eigene Freiheit, aber – wie sie selbst sagen – auch für Prinzipien und Ideale, die darüber hinausgehen. Sie haben unsere Solidarität verdient.
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