piwik no script img

Rettung von Öko-ÄckernLandgrabbing für die Guten

Eine Genossenschaft kauft Grundstücke für Biobauern, um die Bodenqualität zu retten. Lokale Landwirte kritisieren das Konzept.

Ein Hof im Allgäu. Ob er wohl Bio ist und der Genossenschaft angehört? Foto: dpa

BERLIN taz | Öko-Kisten, Frischeboxen, Hofläden: Biologisch und nachhaltig produzierte Lebensmittel liegen voll im Trend. Der Boden, auf dem sie heranwachsen, ist jedoch hart umkämpft. Viele Bauern nutzen ihre Äcker derzeit lieber für die Massenproduktion von Nahrungsmitteln, für Tierfutter oder Agrotreibstoff. Deshalb versucht eine Genossenschaft nun die Böden vor der Auslaugung zu retten.

Die neue BioBoden Genossenschaft aus Rothenklempenow im Südosten Mecklenburg-Vorpommerns hat sich für die Bodensicherung eine alte Bekannte gesucht: Die GLS Bank hat schon beim GTS Landwirtschaftsfonds und bei der BioBodenGesellschaft bei der Förderung des Ökolandbaus geholfen. In der seit April 2015 bestehenden Genossenschaft sei die einzige Aufgabe der Bank, Mitglieder zu werben, erklärt Sprecherin Sophia Krebber.

Die Größe von Flächen mit Ökobewirtschaftung in Deutschland nimmt nur noch langsam zu. Nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gab es 2014 nur noch einen Zuwachs von 0,3 Prozent bei Äckern, Wiesen und Weiden im Vergleich zum Vorjahr. 2013 hatte sich die Fläche noch um 1,0 Prozent vergrößert. Die Gründe: Gestiegene Preise für konventionelle Rohstoffe, aber niedrige Biopreise, außerdem die für viele Bauern lukrativ bezuschussten Biogasanlagen für die Stromerzeugung.

Wegen Pestiziden und wenig schonender Tierhaltung ist das kein Gewinn für die Umwelt. Deshalb will die neue Genossenschaft möglichst viele Mitglieder gewinnen. Sie sieht die Förderung der Biolandwirtschaft als gesamtgesellschaftliches Anliegen. Eine Beteiligung an der Genossenschaft ist ab einer Investitionssumme von 1.000 Euro möglich. Um Kapitalertrag geht es dabei nicht: „Wer sich bei uns beteiligt, will Verantwortung für ökologische Landwirtschaft übernehmen“, sagt Krebber. Die Genossenschaft ist ein ideelles Projekt, keine lukrative Geldanlage.

Alle Einnahmen sollen in die Förderung der Biolandwirtschaft investiert werden. Details entscheiden die aktuell rund 450 Mitglieder bei regelmäßigen Versammlungen gemeinsam. Wie erfolgreich das Konzept ist, zeigt sich also erst noch. Ende September sollen die ersten Kaufverträge abgeschlossen werden.

Subventionen nur für Lokalbauern

Das Vorgängerprojekt der GLS Bank, die BioBodenGesellschaft, konnte seit 2009 insgesamt eine Fläche von 3.500 Hektar erwerben und an Biobauern verpachten – das ist immerhin etwa so groß wie 5.000 Fußballfelder. Dennoch keine ernsthafte Konkurrenz für börsennotierte Agrarunternehmen wie die KTG Agrar mit 45.000 Hektar Anbauflächen. „Bei einem anonymen Bieterprozess wäre unser Einfluss vermutlich sehr gering“, räumt Uwe Greff ein. Er sitzt im Vorstand der BioBoden Genossenschaft. „Wir haben aber eine ganz andere Herangehensweise. Da gibt es selten Berührungspunkte mit solchen Großunternehmen.“

Die Genossenschaft springt dann ein, wenn Landwirte mit einem Biokonzept für eine zum Verkauf stehende Ackerfläche auf sie zukommen, weil sie sich das entsprechende Land nicht leisten können. Nur wenn der Verkäufer etwas für das nachhaltige Konzept übrig hat, kommt es zu Verhandlungen. Im Übrigen seien für steigende Preise von Ackerboden nicht unbedingt Großunternehmen oder Investoren verantwortlich, meint Greff. „Nach unserer Erfahrung hat der Wettbewerb zwischen den regional ansässigen Landwirten ebenfalls einen großen Einfluss“, erklärt der Diplomökonom.

Niedrige Nahrungsmittelpreise

Der BioBoden Genossenschaft erwirbt auch zum Verkauf stehende Höfe, wenn es keinen Pacht-Interessenten gibt. Dann betreibt die Geno die Höfe selbst. Dafür stellt sie interessierte Biolandwirte an. Dass diese nicht unbedingt aus der Region stammen müssen, sieht Reinhard Jung, Geschäftsführer des Bauernbunds Brandenburg, ungern: „Für uns ist es sehr wichtig, dass das Land in den Händen von ortsansässigen Landwirten ist.“ Dies sei letztlich nur durch Subventionen sicherzustellen – die an die Bedingung geknüpft sind, dass das Land in den Händen eines Bauern aus der Region ist. Das würde auch Spekulanten vom Markt abhalten.

Die BioBoden Genossenschaft fühlt sich davon nicht angesprochen – sie sieht sich nicht als konventioneller Investor, sondern als Förderer der Ökolandwirtschaft. Reinhard Jung findet das etwas einseitig: „Ich will ja auch nicht, dass die Böden ausgelaugt werden“, erklärt er, „aber die Produktion von Biotreibstoff ist nicht per se schlecht. Sie ist schließlich Teil der Energiewende.“ Das wahre Problem seien die niedrigen Nahrungsmittelpreise. „Solange die Lebensmittel billig sind, ist es für viele Landwirte attraktiver, Kraftstoffe zu produzieren,“ sagt der Landwirt, „Wir fahren mehrmals im Jahr in den Urlaub, kaufen ständig neue Kleidung, aber für Lebensmittel wollen wir nichts ausgeben.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen