Rettung von Afghan:innen: Unwichtige Nebencharaktere
Nachdem der Westen versäumt hat, die Menschen in Afghanistan zu schützen, muss er ihnen Asyl gewähren. Auch die norddeutschen Länder.
W as passiert eigentlich mit den ganz normalen Menschen in Afghanistan? Fragen sich das auch die norddeutschen Landesregierungen, die gerade öffentlich versprechen, Ortskräfte aus Afghanistan aufzunehmen?
Was ist mit den Menschen, die sich in den vergangenen knapp 20 Jahren ein Leben ohne irre Schreckensherrschaft der Taliban aufgebaut haben? Nicht ohne Grund gab es schon Anfang des Monats laut den Vereinten Nationen fast 250.000 Binnengeflüchtete im Land, die sich den Taliban entziehen wollen. Ohne Erfolg.
Doch was ist mit der Familie von nebenan? Was ist mit Menschen aus der LGBTQI*-Community: mit trans Menschen, mit Lesben – mit Menschen, die vermeintlich anders sind und ohnehin nicht in die eindimensionale Ideologie der radikalen Islamist:innen passen? Was ist mit kritischen Stimmen, mit politischen Aktivist:innen, mit Frauen, die keinen Bock haben, sich ihr Leben von Männern diktieren zu lassen?
Der Westen, und neben den USA insbesondere Deutschland, hat versagt, all jenen eine Option auf Schutz zu ermöglichen. Sie haben die Menschen ins offene Messer laufen lassen – und selbst jetzt hält man mantrahaft an der Definition „Ortskräfte“ fest. Die anderen Menschen, für die eine Talibanherrschaft einschränkend oder lebensgefährlich ist, scheinen nicht mehr als unwichtige Nebencharaktere. Wirklicher Wille zur Hilfe sieht anders aus.
Asylrecht ist kein Wunschkonzert
Das wird auch daran deutlich, dass Politiker:innen meist von Frauen, Kindern und Familien sprechen, die sie in ihre Bundesländer holen wollen. Aber Asylrecht ist kein Wunschkonzert. Es soll tatsächlich auch afghanische Männer geben, die um ihr Leben bangen und die unter einer Herrschaft der Taliban nicht so leben können, wie sie es möchten. Sie alle müssen die Möglichkeit haben, um Asyl zu bitten. Danach kann in einem rechtsstaatlichen Verfahren geprüft werden, ob sie ein Anrecht darauf haben. Aber dafür müssen sie erst in Sicherheit sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?