Resolution des UN-Sicherheitsrates: Einsatz gegen sexualisierte Gewalt
Die UN-Mitgliedsstaaten sollen härter gegen sexualisierte Gewalt in Krisengebieten vorgehen, beschließt der Sicherheitsrat. Vorher hatte es Streit gegeben.
Der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen, Christoph Heusgen, zeigte sich dennoch insgesamt „sehr glücklich“ über die Resolution: „Wir haben nicht alles erreicht, aber wir haben viel erreicht.“
Der Verabschiedung der Resolution waren hektische Verhandlungen über einzelne Passagen vorangegangen. Auf Druck der USA, Chinas und Russlands wurden die ursprünglichen Forderungen nach einem festen internationalen Mechanismus zur Verfolgung sexualisierter Gewalttaten sowie nach Einsetzung einer formellen UN-Arbeitsgruppe zu dem Thema gestrichen.
Die US-Vertreter störten sich zudem an Formulierungen zur sexuellen Gesundheit und den reproduktiven Rechten – sie befürchteten, diese könnten als Ermunterung zu Abtreibungen verstanden werden. Nachdem die US-Delegation mit ihrem Veto gedroht hatte, wurden die Passagen umformuliert.
Die Resolution wurde dann vom Sicherheitsrat mit 13 der 15 Stimmen verabschiedet, auch die USA votierten dafür. China und Russland enthielten sich. Trotz des erheblichen Widerstands gegen die ursprüngliche Version würdigte Maas die „Entschlossenheit“ des Sicherheitsrats.
In der Resolution werden auch spezielle UN-Sanktionen bei Anwendung sexualisierter Gewalt in bewaffneten Konflikten ins Auge gefasst. Zudem werden die betroffenen Staaten zu einer besseren Versorgung der Opfer aufgefordert.
Gleichwohl übte der französische Botschafter bei der UNO, François Delattre, harsche Kritik an den USA: Seine Regierung sei „konsterniert“ über deren Haltung. Es sei bedauerlich, dass bei einer Resolution zur sexualisierten Gewalt Veto-Drohungen ausgestoßen worden seien.
Maas hatte vor Verabschiedung des Textes in einer Sicherheitsratsdebatte beklagt, die fehlende juristische Aufarbeitung der sexualisierten Gewaltverbrechen befördere bis heute eine „Unkultur der Straflosigkeit“. Ebenso wichtig wie die Bestrafung der Täter sei zudem die Betreuung der Opfer.
Deutschland hat im laufenden Monat den Vorsitz des Sicherheitsrats inne. Auf deutsche Einladung nahmen an der Sitzung die Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege und Nadia Murad teil. Die aus dem Irak stammende Murad beklagte ein „kollektives Versagen“ der Weltgemeinschaft angesichts der von IS-Dschihadisten verübten sexualisierten Gewaltakte gegen die jesidische Religionsminderheit.
Murad, die selber Jesidin ist, war von Milizionären des Islamischen Staats verschleppt und missbraucht worden. Bislang sei kein einziger Täter wegen der gegen Jesidinnen verübten sexualisierten Gewalt verurteilt worden, sagte sie.
Murad wie auch Mukwege forderten die Einrichtung spezieller nationaler oder internationaler Gerichte für Fälle von sexualisierter Gewalt. Der Arzt Mukwege betreute in den vergangenen Jahren rund 50.000 Vergewaltigungsopfer in einem von ihm gegründeten Krankenhaus in der Demokratischen Republik Kongo.
Die Menschenrechtsanwältin Amal Clooney, die ebenfalls an der Sicherheitsratssitzung teilnahm, unterstrich die Forderung nach energischer Verfolgung der Täter von sexualisierter Gewalt mit Parallelen zu den Nürnberger Prozessen gegen Nazi-Kriegsverbrecher. „Dies ist ihr Nürnberg-Moment“, appellierte sie an den Sicherheitsrat. Die Mitgliedstaaten müssten ihre Chance nutzen, „auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen“.
Bereits kurz vor der Sitzung hatte Maas in einem gemeinsamen Beitrag mit der Hollywoodschauspielerin Angelina Jolie für ein konsequentes Vorgehen der Weltgemeinschaft gegen sexualisierte Gewalt in Konfliktregionen plädiert. „Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt werden als Kriegs- und Terrortaktik in Konflikten weltweit genutzt“, schrieben sie.
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