Repressionen gegen LGBTQ+ in Georgien: EU-Beitrittskandidat auf Abwegen
Die Regierung in Georgien will Queere zu Menschen zweiter Klasse machen, der EU-Beitritt wäre damit erledigt. Nur die Jungen können das Land noch retten.
G eorgiens politische Führung spielt mit dem Feuer. Unter dem Titel „Familienwerte und Schutz von Minderjährigen“ will die Regierungspartei Georgischer Traum (KO) ein Anti-LGBTQ+-Gesetz ins Parlament einbringen, bei dessen Abfassung offensichtlich Russlands Präsident Wladimir Putin Pate gestanden hat.
Keine Kundgebungen mehr, bei denen für die Rechte queerer Menschen geworben wird, Verbot von Geschlechtsangleichungen und Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare – das ganze Programm. Sollte dieses Gesetz in Kraft treten, würden Angehörige sexueller Minderheiten endgültig zu Menschen zweiter Klasse abgestempelt.
Warum der KO mit diesem irrwitzigen Vorhaben ausgerechnet jetzt um die Ecke kommt, liegt auf der Hand: Im Herbst finden Parlamentswahlen statt. Zwar braucht sich die Partei, ob des desolaten Zustands der Opposition, um ihre Mehrheit keine Sorgen zu machen. Dennoch glaubt die Regierung, sich vor allem bei stockkonservativen Kreisen anbiedern und etwas anbieten zu müssen.
Dieses durchsichtige Manöver könnte jedoch teuer werden. Vor allem dürfte sich Brüssel düpiert fühlen. Seit vergangenem Dezember ist die Südkaukasusrepublik ein EU-Beitrittskandidat, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Eine Auflage, um den Prozess fortzusetzen, ist die Verabschiedung von Gesetzen zum Schutz individueller Rechte, die EU-Standards entsprechen. Die geplante Russland-light-Variante der LGBTQ+-Repression ist jedoch das Gegenteil davon und eine Provokation, die die EU nicht durchgehen lassen kann.
Aber nicht nur die EU, auch Teile der Zivilgesellschaft bringt die Regierung gegen sich auf – vor allem junge Menschen sowie alle diejenigen, die in Richtung Europa blicken. Im vergangenen Jahr kam die Regierung bereits auf die grandiose Idee, mit einem Gesetz über „ausländische Agenten“ NGOs kaltzustellen. Nach Massenprotesten verschwand das Regelwerk wieder in der Schublade. Vielleicht stehen bald wieder Zehntausende in Tbilissi vor dem Parlament. Die Chancen dafür stehen gut.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?