piwik no script img

Repression von UmweltschützernVietnams Justiz bleibt hart

Mit Haftstrafen wegen angeblichen Steuerbetrugs schüchtert die Justiz die Gesellschaft ein. Die Berufung eines Umweltanwalts wurde abgewiesen.

Polizisten vor einem Gericht in Hanoi Foto: Kham/reuters

BERLIN taz | Im Berufungsverfahren des zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilten Umweltanwalts Dang Dinh Bách hat ein Gericht am Donnerstag in Hanoi das harsche Strafmaß bestätigt. Dies berichtet die Menschenrechtsorganisation The 88 Project unter Berufung auf Báchs Ehefrau der taz.

Der 43-Jährige war bis zu einer Verhaftung im Juni letzten Jahres Direktor des in Hanoi ansässigen Law and Policy of Sustainable Development Research Centre gewesen. Die regierungsunabhängige Organisation berät und vertritt in Konflikten um Landrechte und Umweltprobleme lokale Gemeinschaften gegenüber dem Einparteienstaat.

Báchs Frau durfte nach eigenen Worten dem Prozess wieder nicht beiwohnen. Auch seien vor der Verhandlung die Laptops und Handys seiner Anwälte beschlagnahmt worden. Bách selbst soll wegen seines Hungerstreiks geschwächt ausgesehen haben. Er hatte bereits vor seiner ersten Verurteilung am 24. Januar zwei Wochen lang die Nahrung verweigert, um gegen seinen unfairen Prozess und repressive Details zu protestieren.

Seit letztem Jahr geht die von der Kommunistischen Partei gelenkte Justiz verstärkt mit Verfahren wegen angeblichem Steuerbetrug gegen Umwelt- und Klimaaktivisten vor. Das Ziel ist dabei, unter dem Deckmantel der Staatsfeindlichkeit, prominente Aktivisten der Zivilgesellschaft einzuschüchtern. Bách war eines der ersten Opfer.

Hanois Stasi nutzt angeblichen Steuerbetrug als Vorwand

Auffällig ist, dass in diesen angeblichen Steuerbetrugsprozessen nun von der Staatssicherheit ermittelt wurde, und sie viel repressiver ausfallen als übliche Prozesse wegen Steuervergehen. So werden die beschuldigten Aktivisten oft monatelang in Isolationshaft gehalten und haben kaum Kontakt zu Anwälten oder Familienangehörigen.

Menschenrechtsorganisationen halten die Steuerverfahren gegen Aktivisten deshalb auch für politisch motiviert und die angeblichen Steuerhinterziehungen für vorgeschoben. Schließlich sind die Steuergesetze vage, erst recht im Hinblick auf gemeinnützige Organisationen.

Ebenfalls am Donnerstag wurden in Berufungsverhandlungen die Haftstrafen zweier anderer Aktivisten um jeweils drei Monate reduziert. Die Ko-Direktoren der Organisation Media in Educating Community (MEC), Mai Phan Lợi und Bạch Hùng Dương, waren ebenfalls im Juni 2021 verhaftet worden.

MEC strahlte Umweltnachrichten und Talkshows live aus, bevor das Gericht die Schließung der Organisation anordnete. Im Januar 2022 waren Lợi zu einer vierjährigen Haftstrafe und Dương zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Einschüchterung scheint zu wirken

Dass die Einschüchterungen offenbar wirken, legt der Fall von Hồng Hoang nahe. Die Geschäftsfüherin der Umweltorganisation CHANGE (Center for Hands-on Actions and Networking for Growth and Environment) aus Ho-Chi-Minh-Stadt sucht seit Donnerstag plötzlich per Twitter eine NachfolgerIn. „Offenbar will sie Schaden von sich und ihrer Organisation abwenden,“ mutmaßte ein Beobachter gegenüber der taz.

Das bisher prominenteste Opfer eines Prozesses wegen angeblichen Steuerbetrugs ist die im Juni zu zwei Jahren Haft verurteilte Goldman-Umweltpreisträgerin Nguy Thi Khanh. Die 46-jährige Ex-Diplomatin und Gründerin der Umweltorganisation Green Innovation and Development Centre (Green ID) in Hanoi hat ebenfalls Berufung eingelegt. Darüber wurde noch nicht entschieden.

Khanh hatte auf Widersprüche zwischen den beim Klimagipfel in Glasgow gemachten Versprechen des vietnamesischen Ministerpräsidenten zur Reduzierung der Treibhausgase und den fast zeitgleich verkündeten Plänen Haois zum Ausbau der Kohleenergie hingewiesen. Die Verurteilung der renommierten Umweltexpertin löste Proteste westlicher Botschaften aus.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Nachdem deutlich wurde, dass nur Gerhard Schröder Schuld am billigen Gaskauf war, werden nun neue KandidatInnen gesucht:



    Wer wusste von den Uiguren und Honkong



    und wer darf wieder sagen: davon haben wir Nichts gewusst?



    In Vietnam investieren auch diverse deutsche Firmen.



    Wer Russland verteufelt sollte manchmal den eigenen "Warenkorb" auf Sozial- und Umweltstandards prüfen.

  • Habe gerade mal die Jahressonnenscheinstunden für Zentralvietnam (als Beispiel) vom Wetterdienst "erfragt" und lande bei 2200 Stunden im Jahr. Davon träumen wir hier (1600-1800). Damit ist klar, dass auch dort Investitionen in Solarenergie ökonomisch sinnvoll sind. Scheinbar ist auch dort die Politik zu langsam, wie bei uns.



    Ich habe tiefen Respekt vor diesen Menschen, die dort mit den Fingern auf diese Diskrepanz zeigen und dafür in Haft müssen. Möge die kommende Politiker Generation dort weiser sein.



    Schon jetzt aber wollen sie mit ihrem Solarauto (Vinfast) auch auf den europäischen Markt, gehen also den zweiten Schritt vor dem ersten.