Repression in Iran: 600 Menschen 2023 hingerichtet
Erneut wurde ein Protestierender der „Frau Leben Freiheit“-Bewegung in Iran hingerichtet. Der 21-jährige Milad Zohrevand starb am Donnerstag.
Zohrevand wurde im Oktober 2022 von der Revolutionsgarde festgenommen, nachdem er an den Protesten gegen die politische Führung teilgenommen hatte. In einem Schnellverfahren ohne einen eigenen Anwalt wurde er zum Tode verurteilt. Der Oberste Gerichtshof der Islamischen Republik Iran bestätigte dieses Urteil am 13. November, nur eine Woche vor seiner Hinrichtung.
Der 21-Jährige kommt aus der Stadt Malayer, der zweitgrößten Stadt der Provinz Hamadan in Westiran. Diese ist Hengaw zufolge seit dem Morgen der Hinrichtung Zohrevands stark militarisiert. Die Familie des Protestierenden wurde unter Druck gesetzt – nach Angaben von Hengaw durften sie nur den Leichnam erhalten, wenn die Beerdigung außerhalb der Stadt stattfinden würde. Später wurde bekannt, dass die Beerdigung an diesem Freitag in den frühen Morgenstunden unter Anwesenheit von nur 20 Familienmitgliedern und zahlreichen Sicherheitskräften im Bagh-Behesht-Friedhof in Hamadan stattfand.
Tötung eines Revolutionsgardisten vorgeworfen
Wie anderen Protestierenden zuvor wurde Zohrevand ebenfalls die Tötung eines Revolutionsgardisten vorgeworfen. Die Anschuldigungen können nicht unabhängig überprüft werden, Beweise wurden nie vorgelegt. Da in der Islamischen Republik Iran das „Auge um Auge“-Prinzip gilt, wurde er zum Tode verurteilt. Allerdings hat in solchen Fällen die Familie des mutmaßlichen Mordopfers die Möglichkeit, den Angeklagten zu „begnadigen“, also auf die Todesstrafe zu verzichten. Hengaw zufolge habe die Familie sich trotz des Drucks durch die Revolutionsgarde nicht explizit für eine Hinrichtung ausgesprochen. Die Revolutionsgarde habe sich jedoch darüber hinweggesetzt und die Exekution Zohrevands gefordert. Die Hinrichtung erfolgte heimlich, das heißt, er wurde nicht darüber informiert. Zudem wurde ihm nicht die Möglichkeit gegeben, seine Familie ein letztes Mal zu sehen, wie es vor Hinrichtungen in Iran üblich ist.
Die Meldung über die Hinrichtung eines weiteren Protestierenden sorgte auch in Deutschland für Empörung. „Die Nachricht von der Hinrichtung von Milad Zohrevand erfüllt mich mit Trauer“, schreibt der Grüne-Landtagsabgeordnete Robin Korte aus NRW auf X. Er hatte die politische Patenschaft für Zohrevand übernommen und sich für ihn eingesetzt. „Was ist das für ein unmenschliches Regime, das sein eigenes Volk ermordet, um die eigenen Verbrechen zu verschleiern?“
Auch CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses Norbert Röttgen meldete sich auf X zu Wort und kommentierte die Iran-Politik der Bundesregierung als „beschämend“. Er schrieb: „Wann kommt endlich die dringend gebotene Kurskorrektur der deutschen Iran-Politik?“
Erstmals seit 2016 hat die Islamische Republik Iran in diesem Jahr bereits mehr als 600 Menschen hingerichtet. Allein in den ersten neun Tagen im November fanden mindestens 45 Exekutionen statt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett