Rennen um SPÖ-Vorsitz: Dreikampf in der SPÖ
Aus 73 Kandidaturen bleiben am Ende nur drei mögliche Bewerber*innen für den SPÖ-Vorsitz in Österreich. Am 22. Mai wird das Ergebnis bekanntgegeben.
Es hätte ein Duell zwischen SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und ihrem innerparteilichen Rivalen Hans Peter Doskozil werden sollen. Rendi-Wagner wollte den Querulanten aus Eisenstadt mit einer Neuwahl auf einem Sonderparteitag ruhigstellen. Doskozil hatte auf die Befragung der Basis gesetzt. Jetzt sieht sich Österreichs größte Oppositionspartei in ein ungeplantes Experiment mit Basisdemokratie gestürzt, dessen Ausgang unabsehbar ist. Denn die Parteilinke hat mit Andreas Babler, dem populären Bürgermeister der niederösterreichischen Kleinstadt Traiskirchen, einen starken Kandidaten bekommen, der in letzter Minute noch über 9.000 Menschen motiviert haben dürfte, vor dem Stichtag 31. März der SPÖ beizutreten.
Abstimmen dürfen rund 148.000 Mitglieder bei der Befragung, die von 24. April bis 10. Mai über die Bühne gehen soll. Die Wahlkommission verständigte sich auch darauf, die Abstimmung digital und postalisch abzuwickeln, wie Harry Kopietz, der Vorsitzende der Wahlkommission nach der Sitzung bekannt gab. Beschlossen wurde auch, dass bei doppelter Abstimmung die postalische Stimmabgabe die Onlinestimmabgabe schlage.
Unklare Stimmungslage bei den Parteimitgliedern
Die gelernte Ärztin Pamela Rendi-Wagner, die der SPÖ seit dem Abgang von Ex-Kanzler Christian Kern Ende 2018 vorsteht, wird allgemein als kompetent und sympathisch beschrieben. Allerdings verlief ihre Zeit als Vorsitzende eher glücklos. Trotz guter Konjunktur für sozialdemokratische Ideen ging eine Wahl nach der anderen verloren.
Und die Partei hat die Quereinsteigerin, die 2017 als unabhängige Gesundheitsministerin in die Regierung gekommen war, auch nicht im Griff. Jüngstes Beispiel war die Video-Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski im österreichischen Parlament Ende März. Sie selbst ließ sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen und die Hälfte der SPÖ-Abgeordneten blieb aus teils sehr fadenscheinigen, teils fragwürdigen Gründen der Sondersitzung fern. Am Osterwochenende musste der SPÖ-Chef der Stadt Schwechat zurücktreten, nachdem ein Foto von ihm in der Uniform des ehemaligen sowjetischen Geheimdienstes NKWD in den sozialen Netzwerken die Runde machte.
Die 51jährige Rendi-Wagner weiß die Wiener Landespartei, einen Teil der Frauen und die Gewerkschaften hinter sich, würde also jede Wahl auf Funktionärsebene gewinnen. Über die Stimmungslage bei den Parteimitgliedern gibt es keine valide Erhebung.
Ein Quereinsteiger ist auch der ehemalige Polizist Hans Peter Doskozil, 52, der im Burgenland mit absoluter Mehrheit regiert und soziale Segnungen mit harter Rhetorik in Flüchtlingsfragen verbindet. Fans hat er auch jenseits seines Bundeslandes, namentlich unter jüngeren Funktionären im Westen – darunter David Egger, der am 24. April bei den Landtagswahlen in Salzburg der nächsten Schlappe entgegensieht.
Doskozil, der sich verlässlich mit interner Kritik zu Wort meldet, sobald die Partei einmal Aufwind verspürt, gilt als Spalter. Dass er sich nach mehreren Kehlkopfoperationen nur mit heiserem Krächzen verständigen kann, gilt auch als Handikap. Er will ab dem 24. April in einer „Freundschaftstour“ durch die Bundesländer für sich werben.
Der dritte Bewerber, Babler, hat am Dienstag bereits in Oberösterreich mit seinem Wahlkampf begonnen. Neben den Jusos hat er auch den ehemaligen Finanzminister Ferdinand Lacina auf seiner Seite. Nur Rendi-Wagner verzichtet auf eine eigene Werbetour. Sie will aber im Rahmen ihrer Routinetätigkeit verstärkt bei Bezirksversammlungen auftauchen.
Die Befragung, deren Ergebnis am 22. Mai angekündigt wird, ist zwar laut Parteistatuten unverbindlich, doch sowohl Rendi-Wagner als auch Doskozil wollen zum entscheidenden Sonderparteitag am 3. Juni nicht antreten, wenn sie keine Mehrheit erreichen. Babler wünscht sich eine Stichwahl.
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