Religiöse Bewegung in Südkorea: Chefin der Moon-Sekte inhaftiert
Die südkoreanische Justiz wirft der rechten Vereinigungskirche vor, die konservative Partei des Landes unterwandert und bestochen zu haben.

Doch was Südkoreas Behörden jetzt ermittelten, zeigt ein anderes Bild. So fanden die Sonderermittler heraus, dass mehr als 110.000 Anhänger der Vereinigungskirche der konservativen PPP (People’s Power Party) beigetreten sind. Der Verdacht: gezielte Unterwanderung. Die Stimmen der Glaubensanhänger sollen dafür gesorgt haben, dass sich Yoon Suk Yeol parteiintern als Präsidentschaftskandidat durchgesetzt habe.
Jener Politiker also, der später im Dezember 2024 dann als Präsident überraschend das Kriegsrecht erklärte und sein Land in eine tiefe Krise stürzte.
Yoon, der mittlerweile im Gefängnis sitzt, und die auch als Moon-Sekte bekannte Vereinigungskirche haben ein ähnliches Weltbild: angetrieben von fanatischem Antikommunismus sehen sie die politisch Linke als von China und Nordkorea unterwandert.
Sektengründer sah sich als Messias
Gegründet wurde die Organisation von Moon Sun Myung (1920–2012), der in der Kindheit eine Jesus-Erfahrung hatte und sich als Messias sah, der die Menschheit zu göttlicher Vollkommenheit führt. Vor allem aber füllte er seine eigenen Taschen und lebte in dekadentem Luxus. Nach seinem Tod übernahm seine Witwe Han Hak Ja die Geschäfte der Kirche.
Die Sekte verfügt über ein großes Firmenimperium – von Zeitungen (u. a. die Washington Times) über Forschungsinstitute, Krankenhäuser und Immobilienfirmen. Der Vereinigungskirche ging es stets darum, Einfluss auf die Reichen und Mächtigen zu nehmen, meist jenseits der Öffentlichkeit, was ihr den Vorwurf einer „Schattenmacht“ einbrachte.
Gelegentlich kam ihr Einfluss ans Licht – etwa durch den Mord an Japans Premier Shinzo Abe. Der Attentäter, der Abe im August 2022 am helllichten Tage niederschoss, nannte Rache als Motiv an: Seine Mutter, eine Anhängerin der Vereinigungskirche, habe durch ihre Zahlungen an die Religionsgemeinschaft die Familie finanziell ruiniert. Und Abe, dem enge Kontakte zur Sekte nachgesagt wurden, diente dem Täter als Sündenbock.
Neben Japan und den USA hat die Vereinigungskirche den größten Einfluss in ihrer Heimat Südkorea. Dort konnten in den Wirtschaftswunderjahren der 1960er, 70er und 80er charismatische Gurus wie Moon Sun Myung geradezu aus den Vollen schöpfen: Die rapide Industrialisierung führte dazu, dass Millionen Südkoreaner vom Land in den Ballungsraum Seoul zogen und dort, von ihren sozialen Netzwerken und Traditionen entwurzelt, nach emotionalem und spirituellem Halt suchten.
Glaubensgemeinschaften wie die Vereinigungskirche konnten diese Bedürfnisse überaus erfolgreich stillen: 2012, auf dem Höhepunkt ihrer Popularität, zählte die Kirche nach eigener Aussage drei Millionen Anhänger in über 190 Ländern. Immer wieder machte sie durch Massenhochzeiten auf sich aufmerksam.
Bisherige Skandale: Korruption bis Steuerhinterziehung
Längst hat die Kirche jedoch ihren Zenit überschritten. Ein Grund sind auch die vielen Skandale, die von Korruption bis hin zu Steuerhinterziehung reichen. Dass sich nun „Mutter Han“, wie sie von Anhängern genannt wird, vor Gericht verantworten muss, dürfte die Popularität weiter mindern.
Doch weiterhin hat die Organisation mächtige Befürworter: Der ehemalige US-Außenminister Mike Pompeo bezeichnete die strafrechtliche Verfolgung von Han Hak Ja jüngst als zutiefst beunruhigende Angelegenheit“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert