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Rekordgehalt von Lionel MessiWo der eigentliche Fehler liegt

Lionel Messi hat in vier Jahren über 500 Millionen Euro vom FC Barcelona erhalten. Aber es gibt zwei Deppen: die, die nehmen, und die, die zahlen.

Verdient 4,40 € pro Sekunde: Lionel Messi Foto: Ernesto Benavides/reuters

Wofür kann man dieses Geld wohl ausgeben, ja, kann man das überhaupt ausgeben? Wie viele Yachten, Villen, Autos kann man wohl kaufen, bevor sie fad werden, und üben die Kleinen mit dem Festgeldkonto höhere Mathematik? 555.237.619 Euro lautet die Maximalsumme, die dem Fußballer Lionel Messi beim FC Barcelona in vier Jahren zusteht. Über 500 Millionen davon erhielt er.

Das hat am Sonntag die spanische Zeitung El Mundo enthüllt und großes Aufsehen ausgelöst. Kein Sportler und erst recht keine Sportlerin haben je so viel verdient. Dem Messi sind die 4,40 Euro, die er pro Sekunde verdient, nicht fad, ist er doch, wie so viele seiner Zunft, ein verurteilter Steuerhinterzieher. Nun hat er rechtliche Schritte gegen El Mundo angekündigt und gegen jene hochrangigen Angestellten des FC Barcelona, die seine Vertragsdetails kannten. Denn da sitzt wohl der Maulwurf.

Gerne und viel wird über die Gehälter männlicher Fußballprofis geschimpft, allzu simpel ist diese moralische Empörung. Denn es gibt ja immer zwei Deppen: die, die es einstecken, und die, die es ausgeben. Der FC Barcelona, der aktuell mit über einer Milliarde Euro in der Kreide steht, wirtschaftet zwar schlecht, aber nicht völlig deppert. Angeblich, so der Spiegel, gehen mindestens 20 Prozent der Klubumsätze von zuletzt 855 Millionen Euro jährlich auf Messi zurück. All die Werbeverträge und Werbespiele, all die Menschen weltweit mit Messi-Trikot. Perverse Gehälter, deren Ausgabe sich perverserweise lohnt.

Wie Softdrink-Marken auf Barockkleid

Der Kardinalfehler liegt natürlich im Kapitalismus, der Leistungen Einzelner grotesk überhöht. Und in der Branche, deren andere Vertreter übrigens auch sehr gut verdienen. Wie kaum eine zweite Branche hat der Sport sich mit der Werbeindustrie vermählt, bei jedem Turnier verkauft er nicht nur ein Spiel, sondern Tausende Nebenprodukte. Man stelle sich vor, jede Netflix-Produktion zeigte SchauspielerInnen mit Softdrink-Marken auf dem Barockkleid. Und es ist kein Geheimnis, dass allerhand Klubs schwindelerregende 70 Prozent ihrer Einnahmen für Spielergehälter ausgeben – weil diese Ware, die über Sieg und Niederlage entscheidet, limitiert ist.

Diese Gesetze sind so akzeptiert, kaum jemand hinterfragt sie. Außer kritische Fans. Aber die beißen auf Granit. Und so gibt es wohl nur einen Grund für die Enthüllung: Jemand beim krisengeschüttelten FC Barcelona will ihn loswerden, den Messi.

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9 Kommentare

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  • Da wir hier so die Grundsatzkeule schwingen:

    Lionel Messi raubt niemanden aus.

    Sein ungeheures Einkommen stammt daher, dass ungewöhnlich viele Leute seinetwegen gerne ihr Geld für bestimmte Gegenleistungen ausgeben, die mit ihm zusammenhängen - Stadiontickets, Fernsehübertragungen, Trikots, Schuhe, Zuckerbrause und was noch so alles mit ihm oder seinem Namen/Konterfei Menschen mehr begeistert als ohne. Nichts davon ist Menschenrecht, und niemand wird gezwungen, ihm den Wert beizumessen, der der jeweiligen Geldausgabe entspricht. Sind diese Leute alle unmündig, und "man" müsste sie daran hindern, ihr Geld so auszugeben, wie sie das für richtig halten?

    Zweite Frage: Wer kann für sich behaupten, er habe dieses Geld mehr verdient als Messi und deshalb einen besseren Anspruch darauf? Oder wer gibt irgendwem das Recht, anderen Menschen vorzuschreiben wie viel sie - wortwörtlich - "verdienen" dürfen?

    Ja, der Kapitalismus, bzw. sein Spielplatz, der Markt, hat eine eigentümliche Methode, den materiellen Wert von Sachen und menschlichen Leistungen zu bestimmen, nämlich die Bereitschaft der anderen Marktteilnehmer, dafür zu zahlen. Das mag ungerecht gegenüber Manchen sein. Aber der Missstand daran ist die mangelnde Solidarität gegenüber Menschen, die durch diesen Raster durchfallen, nicht die Tatsache, dass die, die wirklich so vielen Menschen das Geld wert sind, auch einen Teil davon bekommen und behalten dürfen.

  • Und es gibt noch größere Deppen, das sind wir alle! Zumindest jene, die mit ähnlchen Gehälern wie ~ dem doppelten Sekundengehalt eines Messi, eine komplette Stunde arbeiten und das in Jobs, die weniger Prestige haben und körperlich stark belastend sind... Krankenpflger_innen? Naja, die kriegen wenn alles gut geht ja bald 12,4€ die Stunde. Donnerwetter!! ---- Und das krasse ist eben folgendes: Leistungsträger (im Sinne dessen was die Plotik darunter versteht, nämlich potentielle Arbeitgeber), wird niemand in einem relevanten Beruf je sein... Leistungsträger sind die Messis der Welt... zugegeben, der Bub leistet einiges, aber muss es immer gleich so schamlos sein? Kaputte Welt.

  • "Aber es gibt zwei Deppen: die, die nehmen, und die, die zahlen."

    Und es gibt noch die dritten Deppen: Die Rundfunkbeitragszahler, die den Fußballrummel ungefragt mitfinanzieren müssen.

    • @dumpfisttrumpf:

      Genau, das ist das einzig Ungerechte an der Sache!

      Jeder der sich eine Karte fürs Stadion kauft oder teures Pay-TV bezahlt, muss selber wissen, was ihm seine Unterhaltung wert ist. Das ist seine freie Entscheidung. GEZ-Gebühr ist dies nicht.

      • @Fabian Wetzel:

        Die GEZ-Gebühr geht zu einem erheblich größeren Teil für Inhalte drauf, die weit weniger Menschen interessieren als der Spitzenfußball. Davon abgesehen hat unser ÖRR meines Wissen aktuell kein oder fast kein Geld in Übertragungen investiert, in denen Lionel Messi zu sehen ist. Für ihn sind allenfalls seine - vergleichsweise unbedeutenden - Einnahmen aus der Tätigkeit als Nationalspieler zu einem ganz kleinen Teil durch deutsche Gebührenzahler finanziert.

        Man könnte eher sagen, dass die Öffentlich-Rechtlichen hierzulande mit ihrem relativ günstig eingekauften Anspruch auf recht umfangreiche Free-TV-Berichterstattung über den Profifußball als faktischer Gehalts- und Ablösedeckel fungieren. Die reichsten, bestzahlenden Ligen der Welt sind die, bei denen die Wertschöpfung völlig auf privatrechtlichen Füßen steht.

    • 0G
      06364 (Profil gelöscht)
      @dumpfisttrumpf:

      Und es gibt die allergrößten Deppen, die zusätzlich zum Rundfunkbeitrag und Fußball in der Tagesschau und in allen Medien jeden Monat zweistellige Beträge für Bundesliga und Champions League ausgeben.

      • @06364 (Profil gelöscht):

        Da ICH einer dieser "Deppen" zu sein scheine, will ich hierauf einmal antworten: ICh zahle tatsächlich für DAZN, Amazon Prime, Netflix, SKY und Co plus Rundfunkgebühren einen knappen dreistelligen Betrag... Und jetzt?! Ich schaue gerne Sport und Filme ohne Werbeunterbrechung. Ich habe mir mein monatliches Gehalt ehrlich erarbeitet, falle niemandem zur Last, im Gegenteil. Mit meinen Steuern und Abgaben trage ich zum Sozialstaat bei (und tue das im übrigen gerne). Wer sind SIE, dass Sie glauben über MICH urteilen zu können? p.s.: Messi könnte meinetwegen auch 800 Millionen Euro verdienen, das juckt mich genauso wenig wie der Privatjet von Friedrich Merz. Diese (typisch deutschen) Neiddebatten sind einfach nur langweilig...

      • @06364 (Profil gelöscht):

        Und siehe, diese "Deppen" tun das aus eigenem Antrieb - weil ihnen der Spitzenfußball, den sie dadurch schauen können, ganz offenbar dieses Geld wert ist. Andere verjubeln ihr Geld anders. Aber weg ist es am Ende auch.

        Wer sind Sie, dass Sie meinen, Menschen daran so abschätzig messen zu können?

      • @06364 (Profil gelöscht):

        "und in allen Medien"... was soll das heißen? Der Rundfunkbeitrag hat mit "allen Medien" rein gar nichts zu tun. Dass über die Öffentlich Rechtlichen noch immer zuviel in diese Richtungen fließt - geschenkt, aber mit so nem Scheinargument dauernd den Öffentlich Rechtlichen Rundfunk schlechtreden zu wollen entbehrt jeder Grundlage! Und "wir" sind deshalb auch keine Deppen - diese Form des Rundfunks nutzt uns allen, enorm sogar! Sie stützt saubere Informationsweitergabe und das ist für das Funktionieren von Demokratie essentiell in meinen Augen! So hätten zumindest alle Büger die Möglichkeit (!) ohne große Vorbildung und ohne großen Aufwand relevante Informationen zu bekommen... leider ist von vielen selbst das zuviel verlangt. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass der öffentlich rechtliche Rundfunk eine wichtige Institution ist. Finden sie es nicht wichtig, dass es wenigstens eine Niesche gibt, die gerade nicht der Logik des Marktes unterworfen ist und deshalb eben gerade NICHT gefallen muss? (Dass dabei ELENDE Fehler gemacht werden -ich denke an Werbung, die dem komplett widerspricht- tut der inneren Logik keinen Abbruch). Ich fände es sogar gut, die öffentiche Finanzierung, auch auf andere Medien auszuweiten (dann brauct es nat. auch andere Rechtsformen etc...)...