Reker-Koalition in Köln: Schwarz-Grün gegen den SPD-Filz
CDU und Grüne schmieden in Köln eine Minderheitenkoalition – pünktlich zur Amtseinführung der Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
Damit steht fest: Das ungewöhnliche Bündnis für die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker war nicht nur Wahlkampfstrategie gegen den SPD-Filz in der Domstadt. Es dürfte längeren Bestand haben und für frischen Wind in Deutschlands viertgrößter Stadt sorgen. Und es kommt pünktlich zum Amtsantritt von Reker am heutigen Dienstag.
„Die Sozialdemokraten sind zu sehr in alten Strukturen verhaftet“, kommentierte CDU-Chef Bernd Petelkau die Absage seiner Partei an eine Große Koalition. Es gebe viele Schnittmengen mit Reker, etwa die geplante Aufwertung der Bezirksvertretungen, die Stärkung bürgerschaftlichen Engagements und die Reform der Verwaltung. Aber auch in der Flüchtlingspolitik hat die ehemalige Sozialdezernentin der Stadt bei den Konservativen gepunktet.
Die CDU ließ durchblicken, dass sie den Grünen Zugeständnisse bei großen Infrastrukturprojekten machen wird. So will sie vom Ausbau des Godorfer Hafens im südlichen Rheinbogen und den Bau einer mehrspurigen Straße im Kölner Norden abrücken. Beide Projekte waren jahrzehntelang höchst umstritten zwischen den Parteien. Umgekehrt haben die Konservativen den Grünen wohl das Zugeständnis abgerungen, die Wirtschaftsförderung neu aufzustellen – mit dem Ziel, die Steuereinnahmen für die hochverschuldete Stadt zu erhöhen.
Euphorische Reaktionen
Für die Kölner Grünen-Chefin Marlis Bredehorst ist nicht nur das Hauptziel erreicht, nämlich eine Große Koalition zu verhindern. Ihre Partei reagierte geradezu euphorisch: Bredehorst ist „bass erstaunt“, wie schnell sich beide Parteien geeinigt haben. „Auch unser Aktionsplan gegen Homophobie fand Anklang.“
Bredehorst war vor über zehn Jahren Kölns erste grüne Sozialdezernentin. Damals regierte erstmals für gut eineinhalb Jahre eine schwarz-grüne Mehrheit in der Domstadt. Sie brach nach der Kommunalwahl 2004 auseinander, als die CDU wegen interner Querelen herbe Verluste erlitt. Diesmal soll das Bündnis länger halten, tönt es jetzt von beiden Seiten.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Manfred Börschel zweifelt, dass Schwarz-Grün den Herausforderungen der Stadt gewachsen ist: „Die werden sich durchwurschteln.“ Die Entscheidung habe seine Partei nicht überrascht. Damit sei das „intransparente Versteckspiel“ beendet, das bereits mit der Nominierung der Oberbürgermeisterkandidatin begonnen habe.
Die Grünen hatten die parteilose Reker anstelle des SPD-Kandidaten Jochen Ott bei der OB-Wahl unterstützt. Bis vor einem halben Jahr arbeiteten die Grünen im Kölner Stadtrat noch mit den Sozialdemokraten zusammen, befanden sich allerdings noch immer in Koalitionsverhandlungen. Im Mai verlor Rot-Grün dann die hauchdünne Mehrheit im Rat, nachdem die SPD bei der Neuauszählung eines Briefwahlbezirks einen Ratssitz eingebüßt hatte. Es kam zum Zerwürfnis.
Der Koalitionsvertrag lässt auf sich warten
Allzu schwer dürfte es für das Reker-Bündnis nicht werden, Mehrheiten zu finden. Mit Rekers Stimme kommt Schwarz-Grün auf 44 von 91 Stimmen im Kölner Stadtrat. Fehlen also zwei Stimmen für eine Mehrheit. Die Liberalen könnten der Oberbürgermeisterin den Rücken stärken – sie sitzen zu fünft im Rat. Und auch die freie Wählergruppe „Deine Freunde“ verfügt über zwei Ratssitze. FDP und „Freunde“ hatten die 59-Jährige im Wahlkampf unterstützt.
Einen Koalitionsvertrag wird es wohl erst nach Karneval geben. Am Dienstagnachmittag wird zunächst die Oberbürgermeisterin im Kölner Stadtrat vereidigt. Anschließend will sie ihre politische Agenda vorstellen. Neu in der Zeremonie: Reker schlägt die Kölner „Friedensglocke“ an, eine Glocke, für die Erde aus über 50 Ländern zusammengetragen wurde. Sie soll in Zeiten von Unruhe, Gewalt und Krieg ein Zeichen des Friedens stiften.
Seit Reker am Vortag der Wahl von einem Rechtsextremen niedergestochen wurde, steht sie unter Polizeischutz, der Generalbundesanwalt ermittelt gegen den Attentäter.
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