Reinlichkeits-Kult in Peking: Putzige Roboter für die Hygiene
Der Alltag bei den Olympischen Spielen ist von Desinfektion geprägt. Menschen und Maschinen wischen und reinigen alles, was irgendwo auftaucht.
N un bin ich also drin in der Blase, „within the closed loop“, wie es in der Olympiasprache von Peking heißt. Ich gehöre dazu. Aber überall, wohin ich meinen Fuß setze, wird mir klargemacht, dass ich unrein bin. Pffft, pffft. Kaum habe ich den Stuhl verlassen, auf dem ich saß, als ich mein Frühstück eingenommen habe, wird er desinfiziert.
Verlasse ich das Hotel, muss ich durch eine Sicherheitsschleuse, die von vier jener weiß gekleideten Hygieneoffiziere betrieben wird, die mich streng durch ihre Arbeitsschutzbrillen anschauen.
Vor dem Hotel winkt mir eine nett lächelnde ältere Dame entgegen. Sie sitzt in dem Container, an dem mir jeden Morgen ein Rachenabstrich für den täglichen PCR-Test genommen wird. Ihre Arme stecken in zwei riesigen Gummihandschuhen, die aus dem Container ragen. So kann sie mich gewissenhaft mit dem Abstrichstäbchen bearbeiten, ohne mir wirklich nahezukommen.
Das erste, was ich dann sehe, wenn ich das Pressezentrum betrete, ist der putzige Roboter, der den grau lackierten Betonboden dieses riesigen Gebäudes putzt. Er ist nicht alleine. Er teilt sich die Arbeit mit fünf Frauen, die mit ihren großen Wischmopps in der Eingangshalle auf- und abmarschieren. Eine sitzt auf einer Art Putztraktor mit Wischvorrichtungen vorne dran und hinten.
Hilfe nach dem Stuhlgang
Wenn ich mit der Rolltreppe runter in den Arbeitsraum fahre, muss ich an einem Mann vorbei, der während dieser Winterspiele dafür zuständig ist, den Handlauf zu reinigen. Steht er den ganzen Tag da? Pffft, pffft.
Komme ich im Gang zu den Toiletten jenen runden Tonnen zu nahe, die mich so nett anblinken, öffnen sie ihren Deckel und bieten mir an, Müll in ihnen zu entsorgen. Wahrscheinlich kann man diese Mülltonnen auch mit dem Internet verbinden, denke ich mir und frage mich, ob die Digitalisierung wirklich auch beim Mülleimer ankommen muss.
Wenn ich dann die Toilette betrete, begrüßt mich ein Mann mit einem Zerstäuber in der Hand. Nach jedem Klogang macht er sich ans Werk. Pffft, pffft. Wenn ich die Tür vom Sitzabort nach getanem Geschäft öffne, steht er schon da und zwängt sich an mir vorbei in die Kabine. Ich bin froh, dass er nicht schon vorher eingedrungen ist, um mir bei der Körperreinigung behilflich zu sein. Da wäre mir, wenn überhaupt, ein Roboter lieber. Der Mann im Klo jedenfalls schaut so streng, dass ich mir die Hände so lange wasche, wie man es mir damals zu Beginn der Coronapandemie beigebracht hat.
Bin ich jetzt sauber? Pffft, pffft. Kaum habe ich das Waschbecken freigegeben, wird es desinfiziert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe