Regisseur verklagt US-Webseite: Hateful, hateful Tarantino
Das neue Drehbuch von Quentin Tarantino ist im Netz gelandet. Jetzt verlangt er von einer Gossip-Webseite Millionen wegen Copyright-Verletzungen.
Quentin Tarantino ist ein bisschen hasserfüllt dieser Tage. Der Regisseur, der eigentlich mit den Vorbereitungen für die Dreharbeiten zu seinem neuen Western „The Hateful Eight“ (“Die hasserfüllten Acht“) zu tun haben wollte, beschäftigt nun Anwälte statt Schauspieler. Nachdem in der vergangenen Woche das Drehbuch zu dem Western im Internet auftauchte, brach der Amerikaner das Projekt ab. Der Film sollte die Fortsetzung des Erfolgs „Django Unchained“ sein.
Tarantino echauffierte sich nach dem Leak medienwirksam über die Boulevard-Seite Deadline, wie unmöglich die Vorabveröffentlichung seines Drehbuchs sei. „Ich bin sehr, sehr deprimiert“, sagte Tarantino. Er kündigte an, den Film nicht zu drehen und das Skript als Buch zu veröffentlichen.
Doch offenbar hat sich Tarantino noch nicht genug aufgeregt – und verklagt die Gossip-Seite Gawker, den Filesharing-Anbieter Anonfiles.com und weitere „unbekannte Personen“ wegen Copyright-Verletzungen. In der Anklageschrift, die der Unterhaltungsseite Hollywood Reporter vorliegt (pdf), wirft Tarantino Gawker „räuberischen Journalismus vor, der das Recht der Leute verletzt, einen Dollar zu verdienen“. Mit ihrer „Werbung und Verbreitung der unautorisierten Kopien des geleakten, unveröffentlichten Drehbuchs“ hätte die Seite „dreiste Copyright-Verletzungen“ betrieben.
Das Unternehmen, so die Anklageschrift weiter, habe journalistische Standards verletzt. Außerdem habe Gawker damit geworben, die erste Quelle zu sein, auf der das Drehbuch zu lesen sei – mit der Überschrift “Here Is the Leaked Quentin Tarantino Hateful Eight Script“ – und mehrere URLs bereitgestellt, die zum Drehbuch führten.
Profit-Schaden
Der File-Sharing-Anbieter Anonfiles.com sei darüber hinaus der Aufforderung der Anwälte Tarantinos, die URLs zu dem Drehbuch von der Seite zu nehmen, nicht nachgekommen. Tarantino fordert mindestens eine Million Dollar Schadenersatz für die Verletzung des Copyrights.
Die Anwälte des Regisseurs berufen sich auf den Copyright Act und den Digital Millenium Copyright Act von 1998 (das Gesetz als pdf), der die Rechtslage durch die sich stetig weiterentwickelnden digitalen Möglichkeiten sichern soll. Das amerikanische Copyright ist nicht mit dem deutschen Urheberrecht zu vergleichen. Zwar gibt es Ähnlichkeiten, aber in den USA ist die Grundlage des Copyright ein wirtschaftlicher Schutz, nicht der Schutz der schöpferischen Idee des Künstlers. Tarantions Anwälte sprechen in der Anklageschrift auch von einem „Profit-Schaden“, der Tarantino entstanden sei.
John Cook, Chefredakteur von Gawker, hat auf die Klage mit einem Blogeintrag auf seiner Seite reagiert. Cook argumentiert, dass nicht Gawker das Drehbuch veröffentlicht und im Netz bereitgestellt hat, sondern lediglich über einen Blogeintrag darauf hingewiesen hat, dass das Drehbuch online ist. „Die Veröffentlichung des Links war ein nicht weiter bemerkenswerter Teil unserer Arbeit: Menschen über Nachrichten zu informieren, auf die sie neugierig sind.“ Darüber hinaus habe Tarantino das Thema mit seinem eigenen Interview bei Deadline angeheizt und für PR-Zwecke genutzt und zwar zu einem Zeitpunkt, als das Drehbuch lediglich in Hollywood verbreitet worden war, aber noch nicht im Netz.
Rechtsstreits über das Copyright landen in den USA aufgrund der – ähnlich wie in Deutschland – umstrittenen Rechtslage auch immer wieder vor dem Obersten Gerichtshof. Ein häufig zitiertes Urteil im Bereich Filesharing fiel im Jahr 2005. Die MGM Filmstudios hatten gegen einen File-Sharing-Anbieter geklagt – und vom Supreme Court Recht bekommen. In MGM Studios, Inc. vs. Grokster, Ltd urteilen die Richter, dass ein Unternehmen haftbar gemacht werden kann, wenn etwas mit dem Ziel verbreitet wird, das Dritte damit das Copyright verletzten.
Im Fall Gawker gegen Tarantino argumentiert der Chefredakteur Cook, dass die Veröffentlichung des Links im Zusammenhang mit dem Nachrichtengehalt des Themas begründet liege. Und beendet seinen Beitrag mit einer Ansage Richtung Tarantino: „Wir werden dagegen kämpfen.“ Ob die Klage des Regisseurs zugelassen wird, muss jetzt das Gericht in Kalifornien entscheiden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen