piwik no script img

Regionalwahlen in IndienSchlappe für Hindunationalisten

Die Regierungspartei von Narendra Modi muss Verluste einstecken. Im umkämpften Westbengalen regiert weiterhin die „Tigerin von Bengal“.

Wahlkampf in Indien: Anhängerinnen von Mamata Banerjee in Feierlaune Foto: ap

Mumbai taz | Die Freude in Kalkutta war am Sonntag groß: „Die Tigerin von Bengal“ hat sich durchgesetzt. Das Regierungsoberhaupt Mamata Banerjee gewann mit ihrer Regionalpartei Trinamool Congress (TMC) zum dritten Mal mit einer klaren Mehrheit im Bundesstaat Westbengalen. Seit knapp zehn Jahren ist sie damit schon im Amt. Es war ein Kräftemessen zwischen ihr und der Regierungspartei BJP, die einen aggressiven Wahlkampf führte.

Inmitten steigender Corona-Infektionszahlen wurde in vier Regionen Indiens zur Urne gerufen. Besonders umkämpft war jene in Westbengalen, die an Bangladesch grenzt. Zudem sorgte für Aufsehen, dass Mamata Banerjee im März während einer Wahlveranstaltung durch eine Autotür verletzt wurde. Fortan machte sie im Rollstuhl weiter.

Laut Wahlkommission handelte es sich um einen Unfall. Ihre Partei dagegen geht von einer gezielten Attacke der rivalisierenden hindunationalistische Volkspartei BJP aus, die besonderes viele Wahlkampfveranstaltungen in Westbengalen organisierte.

Die Wahl zog sich zudem über acht Phasen. Selbst die Parlamentswahl in Indien 2019 hatte nur sieben, was aufgrund der Pandemie kritisiert wurde. Banerjee bedankte sich am Sonntag und bat darum, dass keine Siegesfeiern abgehalten werden, und klagte die Wahlkommission an. „Ich bitte alle, jetzt in ihre Häuser zurückzugehen“, sagte sie am Sonntag. Eine Feier folge, wenn die eskalierte Infektionslage unter Kontrolle sei.

Unzufriedenheit wächst

„Was die Bengalen heute denken, wird Indien morgen denken“, kommentierte der Autor Salil Tripathi das Ergebnis. Die Unzufriedenheit mit der Regierung, die von Narendra Modis BJP geführt wird, wächst. Hashtags wie #ResignModi (Modi tritt zurück) und eine Petition mit der gleichen Forderung kursieren im Netz. Teile der Bevölkerung sind wütend über das Krisenmanagement. Viele Bauern protestieren seit Monaten gegen eine Agrarreform der Regierung.

Ein BJP-Sprecher sagte nach der Auszählung, dass seine Partei die intellektuelle Elite nicht erreichen konnte, auch wurde zu sehr auf religiöse Spaltung gesetzt. Doch noch ist die BJP in etwa 20 Bundesstaaten und Unionsterritorien an der Macht. Neu dazugekommen ist nun das Unionsterritorium Puducherry. Auch im nordöstlichen Assam konnte sich die Modi-Partei erneut durchsetzen.

Im südindischen Tamil Nadu schafft sie es nach diesem Urnengang nicht in die Regierung. Der Oppositionsführer MK Stalin (DMK) wird wohl das Amt des Chiefminsters übernehmen. In Kerala konnte sich die linke Regierung von Pinarayi Vijayan behaupten. Kerala bleibt damit der einzige Bundesstaat Indiens mit einer signifikanten Vertretung der kommunistischen Partei. In Westbengalen verloren sie wohl alle Sitze.

Bei diesen Wahlen konnte die BJP weder im Osten noch im Süden punkten. Die Mission der BJP, Westbengalen im Sturm zu erobern, ist gescheitert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • In Kerala haben die Linken gesiegt. Das Gesundheitssystem ist ist mit Abstand das beste in ganz Indien. Die Keralatis sind extrem gut katastrophenvernetzt und schicken Sauerstoff en masse nach Mumbai, dem Zentrum der 2. Welle.



    Also, Indien ist groß und nicht in jedem Winkel ist das Elend so grausam wie wir es in der Tagesschau serviert kriegen.

    • Natalie Mayroth , des Artikels, Reporterin
      @peppolata:

      Leider steigen die Fälle nun auch in Kerala, doch die Zustände sind nicht so dramatisch wie in Delhi, das stimmt. Mumbai scheint sich zu erholen zumindest im Lockdown. Die Frage ist, wann die Fälle ein Plateau erreichen.

  • "Die Freude im westindischen Kalkutta war am Sonntag groß". Ostindisch. Kalkutta liegt nahe Bangladesh in West Bengal, aber im Osten Indiens.

    • Natalie Mayroth , des Artikels, Reporterin
      @Martin Weber:

      Lieber Martin!



      Ja, du hast völlig Recht, wir haben das online ausgebessert!