Regierungskrise in der Slowakei: Róbert Fico schmeißt hin
Der Rücktritt des Regierungschefs soll die politische Krise entschärfen. Nachfolger wird der bisherige Vizepremierminister Peter Pellegrini.
Am Donnerstag, um Punkt zwölf Uhr Mittags trat der slowakische Ministerpräsident Róbert Fico von seinem Amt zurück. Schon am Tag zuvor hatte er seinen Rücktritt angeboten, allerdings unter der Bedingung, dass die Regierung nach einer Kabinettsumbildung im Amt bleibt.
Ficos Regierung ist die sprichwörtliche Ziege. Ob sich der Wolf, das Volk, das seit Wochen gegen Fico auf die Straße geht, sich wirklich satt gefressen hat, bleibt abzuwarten. Viele Slowaken sehen Neuwahlen als einzige Lösung, wieder Vertrauen zu ihrer Regierung zu finden, gerade nach dem Mord an dem investigativen Journalisten Ján Kuciak.
Ficos Nachfolger wird sein bisheriger Vize Peter Pellegrini. Er sehe das Amt als Chance und Herausforderung zugleich, sagte Pellegrini bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Bratislava.
Koalition bleibt
Der studierte Ökonom aus dem mittelslowakischen Banská Bystrica sitzt seit 2006 für die Smer im slowakischen Nationalrat. Bevor er 2014 zum Vorsitzenden ernannt wurde, war er zwei Jahre lang, in der zweiten Amtszeit Ficos, Bildungsminister. Seit den Wahlen 2016 ist er als Vizeministerpräsident verantwortlich für Investitionen.
Sein erster Schritt im neuen Amt wird eine „grundlegende“ Kabinettsumbildung sein. Man wolle mehrere Minister austauschen, aber sich bei der Besetzung der Ministerien an den Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2016 halten. Das heißt, dass neben der Smer auch weiterhin die Slowakische Nationalpartei und die ungarische Most-Hid an der Regierungskoalition beteiligt sein werden.
Mit dem Kabinett will Pellegrini um das Vertrauen des Nationalrats bitten. Die Regierungskoalition hat dort 78 von 150 Sitzen. Überraschungen werden also keine erwartet. Das Vertrauensvotum ist eine Bedingung, die Präsident Andrej Kiska dem neuen Regierungschef auferlegt hat. Eine weitere Bedingung ist die Beibehaltung des proeuropäischen Kurses des Landes. Die Slowakei ist als einziger der ostmitteleuropäischen EU-Staaten Mitglied der Eurozone und im Gegensatz zu seinen Nachbarn nicht ganz so ablehnend gegenüber einer EU-Quotenregelung für Flüchtlinge.
Kaum im Amt, wurde Pellegrini allerdings schon verdächtigt, nur eine Marionette Ficos zu sein. Denn eigentlich kauft dem ehemaligen Regierungschef den Abschied von der Macht niemand wirklich ab. Sein Rücktritt, so kommentiert die slowakische Presse, sei nur ein Manöver, um die Smer an der Macht zu halten und im Hintergrund seine Rückkehr vorzubereiten.
Immerhin hat Fico jetzt genug Zeit, um seine weitere Strategie zu planen. Die bestand bislang während der Krise darin, sich immer wieder als Opfer oppositioneller Intrigen darzustellen. Als Hintermann des Ganzen hat er öffentlich George Soros bezeichnet. Der Lieblingsfeind sämtlicher postkommunistischer Potentaten hatte sich vergangenes Jahr in New York mit Präsident Kiska getroffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!