Regierungskrise in Malta: Muscat kündigt Rücktritt an
Mehrere Minister waren zurückgetreten, weil gegen sie im Mordfall Caruana Galizia ermittelt wird. Auch Premier Joseph Muscat will nun sein Amt niederlegen.
Den Medienberichten zufolge will Muscat kommissarisch im Amt bleiben, bis seine Partei, die PL, in den kommenden Wochen einen Nachfolger bestimmt hat.
Bis drei Uhr früh hatte in der Nacht zu Freitag das Kabinett getagt. Dann war Muscat vor die Kameras getreten. „Ich mache weiter, bis die Untersuchung im Fall Galizia abgeschlossen ist“, sagte er da noch. Er bestehe darauf, dass in dem Fall unter seiner Aufsicht zu Ende ermittelt werde. Als Muscat, dem die Familie der ermordeten Journalistin vorwirft, die Täter zu decken, vor die Presse trat, waren auf dem Platz vor dem Gebäude Rufe wütender Demonstranten zu hören.
Am Nachmittag kam die Meldung, er wolle seinen Posten doch räumen. Das Misstrauen in der Bevölkerung und der eigenen Partei war offenbar zu stark geworden.
Mord, Schmiergeld und eine Briefkastenfirma
In der vergangenen Woche waren spektakuläre Informationen über den Autobombenmord an Galizia bekannt geworden. Diese beruhten im Wesentlichen auf Aussagen des vor zehn Tagen festgenommenen maltesischen Unternehmers Yorgen Fenech. Dieser soll 450.000 Euro an drei Männer bezahlt haben, die der organisierten Kriminalität zugerechnet werden, damit sie Galizia ermorden.
Die drei sitzen seit Dezember 2017 im Gefängnis. Offen war, wer sie beauftragt hatte. Fenech hatte in den vergangenen Tagen den Stabschef der Regierung von Muscat, Keith Schembri, als Auftraggeber des Mordes belastet. Die Polizei vernahm Schembri daraufhin, sein Haus wurde durchsucht und er unter Arrest gestellt.
Schembri soll ab 2013 über eine Briefkastenfirma in der Karibik Schmiergelder in Millionenhöhe von Fenech erhalten haben, ebenso wie der gleichfalls diese Woche zurückgetretene Tourismus- und Energieminister Konrad Mizzi. Im Gegenzug soll Fenech die Konzession für den Bau eines Gaskraftwerks erhalten haben. Die später ermordete Daphne Caruana Galizia hatte 2015 als Erste über die Affäre berichtet.
Fenech hatte als Gegenleistung für seine Aussagen Straffreiheit in Form einer Kronzeugenregelung gefordert. Genau darum ging es auch in der Kabinettssitzung in der Nacht auf Freitag. Muscat fragte, ob Fenech, der nach bisherigem Erkenntnisstand ein Haupttäter wäre, unbestraft bleiben darf. Das Kabinett lehnte in der Nacht eine Begnadigung ab. Fenechs Anwälte legten dagegen Beschwerde ein.
Für Muscat kam es am Freitag noch dicker: Die maltesische Justiz bestätigte strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäsche gegen den maltesischen Finanzminister Edward Scicluna, Keith Schembri, den „durch sich selbst suspendierten“ Minister Chris Cardona und Ex-Tourismusminister Konrad Mizzi. Es geht dabei um Unregelmäßigkeiten bei einer Krankenhausprivatisierung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“