Regierungskabinett in Argentinien: Ex-Shell-Chef wird Energieminister
Bei der Besetzung seines Kabinetts kennt Wahlsieger Macri keine Scham. Das Finanzressort hat er an einen ehemaligen JP-Morgan-Manager vergeben.
Zukünftig wird es bei Finanzen und Wirtschaft zwei Ministerien geben. Das Finanzressort soll mit Alfonso Prat-Gay ein früherer JP-Morgan-Manager übernehmen. Prat-Gays Zeit bei der US-Bank liegt allerdings über zehn Jahre zurück. Von 2002 bis 2004 war er Chef der argentinischen Zentralbank. Wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem damaligen Präsidenten Néstor Kirchner schied er aus.
Der Rechtsliberale hat die wohl wichtigste Vorgabe der Macri-Regierung: internationale Kredite besorgen, Aufhebung der Devisenbeschränkungen, Senkung der Inflationsrate von gegenwärtig rund 25 Prozent. Wie er dies bewerkstelligen soll, ist noch offen. Die am 10. Dezember aus dem Amt scheidende Präsidentin Cristina Kirchner warnt: „Ein Land ist keine Firma.“
Wenig Gutes in Sachen Fracking und Megabergbau lässt die Ernennung von Juan José Aranguren zum zukünftigen Energie- und Bergbauminister erwarten. Aranguren, bis vor einigen Monaten noch Chef des Ölmultis Shell in Argentinien, war der hartnäckigste Widersacher aus dem Unternehmerlager gegen die Einflussnahme der Regierungen Kirchner in den Energiesektor.
Diplomatin als Außenministerin
Offen ist deshalb die Frage, wie es mit dem 2012 verstaatlichten Ölunternehmen YPF weitergeht. 2012 entschied sich Shell, ins Fracking in Patagonien einzusteigen. Da passt es ins Bild, dass mit dem Rabbiner Sergio Bergman ein Gefolgsmann Macris Umweltminister wird, der mit dieser Materie bisher jedenfalls keinerlei Verbindungen nachweisen kann.
Wohin bei ihm außenpolitisch die Reise geht, machte Macri bereits im Wahlkampf deutlich, als er ankündigte, die Aussetzung von Venezuelas Mitgliedschaft in der Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur wegen mangelnder Demokratie zu beantragen.
Nun streiten sich die Gelehrten, ob dies nach den Statuten überhaupt möglich ist. Sicher ist: Mit Macris Wahlsieg wird erstmals nach gut zehn Jahren ein bedeutender Flächenstaat auf dem südamerikanischen Kontinent seine kritische Haltung gegen die USA aufgeben. Das zeigte schon ein erstes Telefongespräch zwischen Macri und Barack Obama, das ganz im Zeichen einer neuen engen Zusammenarbeit zwischen Buenos Aires und Washington gestanden haben soll.
Jenseits seiner politischen Ansichten ist der zukünftige Präsident in Sachen Außenpolitik ein noch unbeschriebenes Blatt. Möglicherweise deshalb ernannte er mit Susana Malcorra eine internationale Diplomatin zu seiner Außenministerin. Malcorra, in Argentinien bisher weitgehend unbekannt, ist die Kabinettschefin des UNO-Generalsekretärs Ban Ki Moon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“