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Regierungsbildung in SpanienPodemos und Sozialisten sind einig

Nach Neuwahlen wollen Ministerpräsident Pedro Sánchez und Pablo Iglesias eine Koalition bilden – auch um der rechtsextremen Vox entgegenzutreten.

Künftig zusammen in der Regierung: Premier Pedro Sánchez und Podemos-Chef Pablo Iglesias Foto: Sergio Perez/reuters

MADRID taz | Der geschäftsführende spanische Premier und Chef der sozialistischen PSOE, Pedro Sánchez, und der Chef der linksalternativen Unidas Podemos, Pablo Iglesias, haben am Dienstag im spanischen Parlament einen vorläufigen Koalitionsvertrag unterzeichnet.

Pablo Iglesias wird einer der beiden Vize-Ministerpräsidenten in der neuen Exekutive. Die bisherige sozialistische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño wird den zweiten Stellvertreterposten einnehmen. Iglesias wird politischer Vizepräsident, Calviño, die lange einen Posten in Brüssel innehatte, wird sich um die Koordination der wirtschaftlichen Maßnahmen kümmern.

Iglesias sprach von einer „historischen Notwendigkeit“ und verwies auf die zunehmende Gefahr durch die rechtsextreme Vox, die bei der Wahl am Sonntag drittstärkste Partei wurde. „Soziale Maßnahmen“, die die neue Regierung umsetzen werde, seien „die beste Impfung gegen den Rechtsextremismus“, erklärte er und versprach mit Blick auf die Krise in Katalonien eine „Politik des territorialen Dialogs“. Die neue Regierung werde „die Erfahrung der Sozialisten mit dem Mut von Unidas Podemos“ zusammenführen.

„Wir haben den Willen der Wähler umgesetzt“, erklärte Sánchez. Weitere Details sollen in den nächsten Wochen bekannt gegeben werden. Die Regierung wird sich wohl noch vor der Weihnachtspause der Abstimmung im Parlament stellen.

Suche nach Mehrheiten

Bereits nach den Wahlen im vergangenen April wäre eine solche Koalition möglich gewesen, doch scheiterten die Verhandlungen an der Haltung von Ministerpräsident Sánchez. Er wollte auf keinen Fall Iglesias ins Kabinett aufnehmen.

Die größte Herausforderung für Sánchez und Iglesias ist es nun, eine Parlamentsmehrheit zustande zu bringen

Die größte Herausforderung für Sánchez und Iglesias ist es nun, eine Parlamentsmehrheit zustande zu bringen. Beide haben am Sonntag Stimmen und Sitze verloren. Hatten die beiden Parteien nach den Aprilwahlen zusammen 165 der für eine absolute Mehrheit notwendigen 176 Sitze, sind es jetzt noch 155. Neben der grünen Kraft Más País braucht die Regierung auch die Unterstützung von baskischen und katalanischen Parteien. Die wird es ohne einen Dialog mit der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien nicht geben.

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9 Kommentare

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  • Dumm gelaufen.



    Sanchez hat deutlich gemacht, daß er keine Staatsmann ist, sondern ein kleingeistiger Taktiker, der damit auch noch Schiffbruch erlitten hat.



    Ob so einer als Ministerpräsident etwas auf die Reihe bringt.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Don Geraldo:

      Was Ihre Etikettierung angeht: mag sein.

      Doch: warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Schlechte liegt so nah? Was soll an Sanchez bemerkenswert sein? Die Welt ist voll inkompetenter MPs, Kanzler, Kanzlerinnen, Präsidenten, Präsidentinnen, auch Oppositionellen - frei von Parteizugehörigkeit und Ideologie.

      Warum sich der Mühe unterziehen, sich nur Sozialisten (Sanchez, Morales, Corbyn) als Zielscheibe auszusuchen? Lohnt das?

  • Vox hatte im April über 10%, jetzt aber vor Zerfall der Ciudadanos profitiert, die nach rechts gerückt sind. Der Rechtsblock hat insgesamt nur 3 Mandate hinzugewonnen.

    • @Dorian Müller:

      Es ist esrtaunlich, daß VOX in großen Teilen Spaniens zwischen 20 bis 28% der Stimmen gewinnen konnte, obwohl VOX in ihrem Wahlprogramm und Auftritten keinerlei Zweifel an ihren demokratiefeindlichen Standpunkten lässt.



      Die VOX-Wähler sind nicht auf einen Schlag rechtsextrem geworden, haben sich aber bisher von der PP und/oder Ciudadanos scheinbar gut vertreten gefühlt.

      Die VOX hat ihren Wahlerfolg sicherlich den Parteien Ciudadanos und PP aufgrund von gemeinsamen Vereinbarungen in Andalusien und Madrid zu verdanken.



      Auch der rechtslastige, kriminalisierende Diskurs der PSOE in der spanischen Verfassungskrise mit Katalonien hat VOX bestimmt Wählerstimmen gebracht.

  • En fin! Eine Koalition mit Podemos hätte Sánchez schon nach der Wahl im April haben können. Seine Ergomanie bzw. sein Hasardieren hat das verhindert. Das Ergebnis dieser Wahl (eigene Verluste und der Einzug der rechtsextremen VOX-Partei in den Cortes hat ihn eines Besseren gelehrt. Wirklich? Mal sehen, was aus den Koalitionsverhandlungen wird - was Katalonien angeht wird es nicht einfach ... Die Spanier jedenfalls haben den politischen Streit und den Stillstand ihres Landes satt. Genaueres steht hier: elpais.com/politica/

    • @Thomas Kniep:

      Es ist doch klar, dass alle kleinen Parteien, für ihre Unterstützung eine Gegenleistung fordern werden. Sánchez sollte jetzt das Pokern sein lassen, bisher ging alles, restlos alles, daneben. Seine Arroganz, (im Volksmund "chuleria madrileña) hat ihm auf der ganzen Linie Minuspunkte eingebracht. Andererseits kann er nicht pausenlos das ignorieren, was er vor einer Woche noch vehement hinausposaunt hat. Auch hat er etwa die Katalanen bis zuletzt ignoriert, immerhin 15 % der Wahlberechtigten Spaniens. Selbstverständnis ist eine Amnestie der politischen Gefangenen, zu der er Kraft seines Amtes befugt wäre, ein absolutes "Muss". Damit würde er auch den Radikalen von der CDR die Argumente für die ständigen und lästigen Blockaden nehmen. Er hat es weiß Gott nicht leicht...

  • 7G
    75064 (Profil gelöscht)

    Wie kann man nur so dämlich sein?



    Eine Mehrheit durch überflüssige Neuwahlen verspielen und dann eine Koalition eingehen, die jetzt keine Mehrheit mehr hat

    • @75064 (Profil gelöscht):

      Die PSOE & UP hatten nach der April-Wahl keine Mehrheit. Das Parlament hat 350 Sitze und beiden hatten nur 165. Auch da wären Sie auf einige Regionalparteien angewiesen werden.

      Ein Eigentor war's trotzdem.



      Außerdem hatten die Rechtsextremisten nur 5 oder 6 %, jetzt hat Vox 15%.

      • 7G
        75064 (Profil gelöscht)
        @JuPa:

        Danke für die Korrektur.