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Regierungsbildung in BrandenburgNoch keine Vorentscheidung gefallen

Nach drei Sondierungsrunden ist offen, ob es zu einer Koalition aus SPD und BSW kommt. Wenn bis Mitte Januar keine Regierung steht, gibt es Neuwahlen.

Muss sich vor Überläufern fürchten: BSW-Landeschef Robert Crumbach Foto: picture alliance/dpa | Christoph Soeder

Berlin taz | Sie halten still. Auch nach der dritten Sondierungsrunde zwischen SPD und BSW dringt in Brandenburg nichts an die Öffentlichkeit. Einzig Sätze wie der des BSW-Landesvorsitzenden Robert Crumbach sind derzeit zu vernehmen: „Insgesamt sind die Gespräche immer noch gut, auch wenn es manchmal schwierig ist.“

Kein Wort also von dem, was hinter den Kulissen passiert. Vor den Kulissen bewegt sich allerdings so einiges. Nach dem gemeinsamen Appell von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), seinem sächsischen Kollegen Michael Kretschmer (CDU) und dem CDU-Spitzenkandidaten von Thüringen, Mario Voigt, für mehr Diplomatie der Bundesregierung im Ukrainekrieg meldeten sich nun die Botschafter der baltischen Staaten und Polens zu Wort.

Die estnische Botschafterin in Berlin, Marika Linntam, die lettische Botschafterin Alda Vanaga, ihr litauischer Kollege Giedrius Puodžiūna sowie der Geschäftsträger Polens, Jan Tombiński, forderten in der FAZ einen dauerhaften und gerechten Frieden für die Ukraine: „Friedensvorschläge und Kompromisse dürfen nicht auf Kosten des Landes gehen, das Opfer einer militärischen Aggression ist.“

Die von BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht geforderte Willensbekundung ihrer möglichen Koalitionspartner in Sachen Diplomatie und Gesprächsbereitschaft gegenüber Russland bleibt also nicht unwidersprochen. Auch der gemeinsame Meinungsbeitrag von Woidke, Kretschmer und Voigt in der FAZ war auf teilweise harsche Kritik bei der Bundes-CDU und -SPD gestoßen.

Der Countdown läuft

Ob mit diesem Beitrag und einem vergleichbaren Passus in der Präambel eines Koalitionsvertrags Wagenknecht zufriedengestellt wäre, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. In Brandenburg hat mit der konstituierenden Sitzung des Landtags am Donnerstag der Countdown begonnen. Sollte innerhalb von drei Monaten keine Regierungsbildung gelingen, schreibt die Landesverfassung Neuwahlen vor.

Bis Ende des Monats, so sieht es der derzeitige Fahrplan von SPD und BSW vor, soll feststehen, ob nach den Sondierungen auch formal Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden sollen. Dazu bedarf es bei der SPD eines Votums des Landesvorstands. Und was, wenn sich das BSW in Brandenburg (oder Sahra Wagenknecht in Saarbrücken) dagegen entscheidet?

Gibt es Überläufer?

Tatsächlich ist eine rot-lila Koalition aus SPD und BSW das einzige Bündnis ohne Beteiligung der AfD, das im Potsdamer Landtag eine Mehrheit hätte (siehe Grafik). Sollte aber nur ein BSW-Abgeordneter zur SPD wechseln, wäre die Lage sofort eine andere. Dann hätte plötzlich eine große Koalition aus SPD und CDU eine Mehrheit.

Das zeigt, dass nicht nur die Sozialdemokraten vor schwierigen Entscheidungen stehen. Gerade für jene im BSW, die das Regieren der Opposition vorziehen, wäre ein „Njet“ aus Saarbrücken ein harter Schlag – und womöglich einer mit Folgen.

Das weiß – natürlich – auch Sahra Wagenknecht.

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