Regierungsbildung im Osten: Sondierungen zum Dritten
Fünf Wochen nach der Wahl in Brandenburg stehen SPD und BSW vor Koalitionsverhandlungen. Auch in Thüringen und Sachsen wird wieder geredet.
„Das Vertrauen ist gewachsen“, betonte Woidke vor der Landespressekonferenz. Crumbach sprach von „erheblichen Übereinstimmungen in der Analyse der Situation in Brandenburg“. Am Abend wollen die Vorstände beider Parteien darüber abstimmen, ob sie der Empfehlung folgen und über eine gemeinsame Regierung verhandeln.
Während die Zustimmung der SPD-Gremien in Brandenburg als gesichert gilt, ist die spannende Frage beim BSW, inwieweit Parteigründerin Sahra Wagenknecht aus Berlin dazwischenfunkt.
In Thüringen, wo das BSW mit CDU und SPD verhandelt, lagen die Gespräche wegen der Interventionen der Parteichefin in Sachen Außenpolitik auf Eis. Am Montagnachmittag erklärten die Spitzen aller drei Parteien jedoch, die Verhandlungen wieder zu vertiefen, mit dem Ziel eine stabile Regierung für Thüringen zu bilden. In einem Kompromisspapier mit dem Titel „Mut zur Verantwortung – Thüringen nach vorn bringen“ beschrieben die drei Partner in spe ihre Differenzen – „Westbindung“ bei CDU und SPD, „kompromissloser Friedenskurs“ bei BSW – und bekundeten andererseits den Willen, „das Land aus der Mitte heraus zusammenzuführen“.
Die Thüringer BSW-Vorsitzende Katja Wolf hatte sich hier im Ringen um einen Kompromiss gegen Wagenknecht durchgesetzt und verteidigte ihn mit den Worten: „Uns verbindet alle diese Sehnsucht nach Frieden.“
Knackpunkte sind überall die gleichen
In Sachsen stockten die Sondierungsgespräche zwischen den drei Parteien, nachdem das BSW für einen AfD-Antrag auf einen Corona-Untersuchungsausschuss gestimmt hatte. Inzwischen laufen sie hier ebenfalls wieder.
Die Knackpunkte – die Rolle der Außenpolitik auf Landesebene und eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD – sind in Brandenburg die gleichen. BSW-Landeschef Crumbach gab sich dennoch optimistisch, dass Verhandlungen in Brandenburg störungsfreier verlaufen. Auf die Frage, ob die Chefin mit am Tisch sitze, reagierte er gelassen: „Das Parteipräsidium kennt das Papier.“ Wie in anderen Parteien habe man sich mit der Bundespartei „eng und gut“ abgestimmt, so Crumbach und hob hervor: „Das BSW Brandenburg ist das BSW Brandenburg“.
In dem dreiseitigen Sondierungspapier, welches am Montag öffentlich wurde, ist die SPD dem BSW in zentralen Fragen weit entgegengekommen. Zu der für die Wagenknecht-Partei identitätsstiftenden Frage über eine Verhandlungslösung im russischen Krieg in der Ukraine und den Stopp von Waffenlieferungen heißt es im Papier: „Der Krieg wird nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können.“
Und weiter: Man sei übereingekommen, „dass wir uns im Sinne der Charta der Vereinten Nationen und des Budapester Memorandums auf Bundesebene und auf Ebene der Europäischen Union dafür einsetzen, eine diplomatische Lösung des Ukrainekonflikts […] voranzutreiben.“ Wagenknecht zeigte sich via X zufrieden: „Brandenburg zeigt, dass gute Kompromisse möglich sind.“
BSW bekennt sich zur Bundeswehr
Der Verweis auf beide Verträge – er findet sich auch in dem Thüringer Papier – ist allerdings entscheidend, gründen sie doch auf der Unverletzlichkeit der Grenzen und der Souveränität der Staaten. Im Budapester Memorandum hatte sich Russland 1994 sogar gegenüber der Ukraine zu beiden Grundsätzen verpflichtet. Eine bedingungslose Kapitulation der Ukraine oder der Verzicht auf weitere militärische Unterstützungen seien also nicht gemeint, erläutert der Brandenburger SPD-Generalsekretär David Kolesnyk gegenüber der taz. „Das heißt nicht, dass wir Waffenlieferungen für falsch halten oder sie einstellen wollen.“ Es handele sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands, das gebe der Ukraine das Recht und die Pflicht, sich zu verteidigen.
In einem anderen Punkt weicht das Sondierungspapier von Beschlüssen des SPD-Präsidiums ab. Das hatte die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen im August als „wichtigen Baustein“ verteidigt. Im Sondierungspapier werden diese „kritisch“ gesehen. Woidke betonte, man stehe zur Bundeswehr und ihren Standorten in Brandenburg. Dazu gehört auch der Fliegerhorst Holzdorf. Dort soll das mobile Luftabwehrsystem „Arrow 3“ stationiert werden – das mit Hyperschallraketen operiert.
Crumbach hatte dem „wenig hinzuzufügen“. Das BSW habe „nie die Bundeswehr in Frage gestellt“. Beim Thema Corona-Aufarbeitung wollen BSW und SPD eine Enquetekommission, die herausarbeiten soll, „wie unser Gesundheitssystem für die Bewältigung von Pandemien aufgestellt ist“. Falls die Landesgremien zustimmen, könnten die Koalitionsverhandlungen nächste Woche beginnen, so die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Katrin Lange.
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