Regierungsbildung im Kosovo: Knapp ins Amt
Im Kosovo hat das Parlament Avdullah Hoti zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Trotz Corona versammelten sich Demonstranten in der Hauptstadt.
Damit ist der erst seit Februar amtierende linke Regierungschef Albin Kurti vorerst von der Macht verdrängt. 24 Abgeordnete stimmten gegen Hoti, einer enthielt sich. Die restlichen Parlamentarier, alle Mitglieder von Kurtis Partei Vetevendosje (Selbstbestimmung), glänzten durch Abwesenheit.
Der neuen Regierung gehören neben der LDK vier weitere Parteien an – darunter auch die von Belgrad unterstützte serbische Partei Srpska Lista.
Kurti war Ende März durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden und hatte seitdem geschäftsführend regiert. Er und seine Partei Vetevendosje hatten bis zuletzt versucht, die Wahl Hotis durch das Parlament zu verhindern und stattdessen Neuwahlen zu erzwingen.
Gang vors Verfassungsgericht
Um dieses Ziel zu erreichen, hatten sie auch das Verfassungsgericht angerufen. Dieses hatte jedoch am Donnerstag vergangener Woche entschieden, dass der Auftrag von Präsident Hashim Thacian an Hoti, eine neue Regierung zu bilden und auf Neuwahlen zu verzichten, im Einklang mit der Verfassung stehe.
Kurz nach der Urteilsverkündung, die Beobachter als Teil eines abgekarteten Spiels bewerten, war es in der Hauptstadt Prishtina trotz der Corona-Pandemie zu Protesten gekommen. Auch die Parlamentssitzung am Mittwoch war wieder von Kundgebungen begleitet. Polizisten hielten aufgebrachte Demonstranten davon ab, in das Parlamentsgebäude einzudringen.
Einige skandierten Slogans wie „Diebe ins Gefängnis!“, „Wir wollen Wahlen!“ und „Kurti, wo auch immer Du bist, ganz Kosovo ist mit Dir!“. Auf einem Plakat stand: „Ich werde nicht zulassen, dass mein Votum manipuliert wird!“
Avdullah Hoti gehört zur Spitzenriege des konservativen Teils der Demokatischen Liga und wird die Politik umsetzen, die im Hintergrund bereits skizziert ist. Zu erwarten sind baldige Verhandlungen mit Serbien, die auch die Trump-Administration unterstützt.
Außenpolitischer Erfolg
Die Amerikaner streben mit dem Austausch von Territorien zwischen Serbien und Kosovo eine Friedensregelung an, um Präsident Donald Trump noch vor den Wahlen in den USA zu einem außenpolitischen Erfolg zu verhelfen. Demnach sollen vor allem von Serben bewohnte Gebiete Nordkosovos an Serbien fallen, Gebiete in Südserbien, in denen vor allem Albaner leben, werden Kosovo zugeschlagen.
Kurti ist ein entschiedener Gegner dieser ethnisch definierten Politik und will eine soziale Bürgerdemokratie etablieren, in der alle StaatsbürgerInnen gleichberechtigt sind. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte mehrmals vor der „Öffnung der Büchse der Pandora“ gewarnt. Denn der Austausch von Territorien auf ethnischer Grundlage könnte sowohl in Nordmazedonien – wo die albanische Minderheit dann einen Anschluß an Kosovo fordern könnte –, in Montenegro und vor allem in Bosnien und Herzegowina zu neuen Konflikten führen.
Aber diese Befürchtung teilen in Brüssel offensichtlich nicht alle. So forderten der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und der EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik Oliver Varhelyi, dass der Dialog mit Serbien wieder aufgenommen werden müsse. Jetzt wolle man Fortschritte auf dem Weg Kosovos in die EU sehen, hieß es in einer Erklärung. Damit deutet sich an, dass ein Konflikt mit den USA vermieden werden soll. Das jedoch könnte die bisherige Position der EU unterhöhlen.
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