Regierung plant Tierwohllabel: Glückliche Schweine überall
Landwirtschaftsminister Schmidt will ein freiwilliges staatliches Tierwohllabel einführen. Der Bauernverband will dieses eng mit der Initiative Tierwohl verzahnen.
Das Label soll dem Handel als Kennzeichnungsmöglichkeit für Waren dienen, bei deren Erzeugung höhere Standards als die gesetzlichen zum Tierschutz eingehalten wurden. Es funktioniere damit „vergleichbar wie das staatliche Bio-Siegel“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. „Andere privatwirtschaftliche Tierschutzlabel können neben dem freiwilligen staatlichen Label weiterexistieren.“
Die freiwilligen Maßnahmen aus Wirtschaft und Gesellschaft bräuchten einen bundesweit einheitlichen Rahmen, das künftige Label sei ein Teil davon. Das Siegel kennzeichnet zunächst Schweinefleisch, später voraussichtlich auch Geflügel-, Rindfleisch und Milch.
Die Verbraucherorganisation foodwatch kritisiert die Pläne: „Statt die Gesundhaltung aller Tiere gesetzlich durchzusetzen, führt Landwirtschaftsminister Schmidt die Verbraucher mit seinem Tierschutz-Label aufs Wahl-Glatteis“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt. „Sein freiwilliges Siegel bedeutet für 80 bis 90 Prozent der Nutztiere: Der Wettbewerb wird den Nutztieren weiterhin millionenfache Schmerzen und Leiden aufbürden.“
Die Tierschutzorganisation ProVieh hingegen begrüßt ein staatliches Siegel, hätte aber einen verpflichtenden Haltungsnachweis wie bei Eiern besser gefunden. „Das wäre viel grundlegender“, sagt Fachreferentin Angela Dinter.
Herkunftskennzeichnung gefordert
Das Label sollte nach Ansicht des Deutschen Bauernverbandes eng mit der privatwirtschaftlichen Initiative Tierwohl verzahnt werden. Nur im Verbund könne das staatliche Label „zum Erfolg in der Fläche werden“, sagte Verbandsgeneralsekretär Bernhard Krüsken der Neue Osnabrücker Zeitung.
Er betonte: „Ein Parallelsystem würde enorme Kosten verursachen.“ Krüsken forderte die Regierung zudem auf, sich für die Herkunftskennzeichnung von Fleisch stark zu machen. Wer ein Label einführe, sollte auch über die Herkunftskennzeichnung bei Fleisch nachdenken.
Der Verbandschef kritisierte im Vorfeld der in Hannover stattfindenden Agrarmesse „Eurotier“ die entstehenden Mehrkosten. Neben denen für die Haltungskriterien müssten die für die Kontroll-Infrastruktur getragen werden. „Solche Kosten sind der Hauptgrund dafür, dass bislang kein Label den Durchbruch in den Massenmarkt geschafft hat“, sagte er und meinte: „Wenn die Ware mit einem Aufpreis von 30 Prozent ins Regal gelegt und versucht wird, die Landwirtschaft mit zehn Cent pro Kilogramm abzuspeisen, dann wird das nicht funktionieren.“
Der Handel zahlt bei der Initiative pro Kilogramm verkauftem Schweine- oder Geflügelfleisch einen bestimmten Betrag in einen Fonds. Daraus erhalten teilnehmende Landwirte Geld, wenn sie in ihren Ställen bessere Haltungsbedingungen schaffen als vom Gesetzgeber gefordert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören