Regierung macht Mehdorn Druck: Solange es noch geht
Noch mischt sich die Politik in das Tagesgeschäft der Bahn ein. Mit dem Börsengang dürfte das schwieriger werden.
FREIBURG taz In der Welt der Aktiengesellschaften ist es eher unüblich, dass sich Vertreter eines Großaktionärs über den Vorstand oder gar über die Medien in das Tagesgeschäft einmischen. Bei der Deutsche Bahn AG aber wurde genau das gerade wieder getan: Minister übten öffentlich wie auch hinter den Kulissen Druck aus gegen die Pläne, einen Schalterzuschlag einzuführen. Sogar die Kanzlerin soll bei Bahnchef Mehdorn interveniert haben.
Dahinter stecken immer noch die Prinzipien aus der Gründerzeit der Bahn: Der Schienenverkehr soll dem Gemeinwohl dienen, er verkörpert ein Stück Daseinsvorsorge. Deshalb nimmt es sich die Politik nun heraus, bis in die Tarifstrukturen des Unternehmens hinein Einfluss zu nehmen. Schließlich sind Bahnfahrer auch Wähler. Dass die Bundesregierung zugleich die Bahn an die Börse bringen will und diese damit erst den unternehmerischen Zwängen aussetzt, ist die andere Seite.
Rein formal kann die Bundesregierung die Geschäftspolitik des Unternehmens in der Tat entscheidend mitbestimmen, denn der DB-Konzern gehört bislang zu 100 Prozent dem Bund. Doch üblicherweise geschieht die Einflussnahme vor allem über die Besetzung des Vorstands oder findet mittelbar statt über die Aufsichtsräte. 10 von 20 Mitgliedern des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG werden von den Aktionären gewählt, also vom Bund.
In Zukunft wird der Einfluss des Staates auf den Bahnbetrieb abnehmen. Im Juni wurde die DB Mobility Logistics AG gegründet. Diese Gesellschaft umfasst den Fern- und Nahverkehr, die Logistiksparte Schenker sowie diverse Dienstleistungen. Die Gesellschaft soll noch im Herbst zu maximal 24,9 Prozent veräußert werden. Das Schienennetz, die Personenbahnhöfe und die Sparte Energie bleiben jedoch zu 100 Prozent beim Bund.
Mit weniger als 25 Prozent des Eigenkapitals an der DB Mobility Logistics verfügen die Aktionäre künftig zwar nicht einmal über eine Sperrminorität. Satzungsänderungen, die mit mindestens 75 Prozent der Stimmen beschlossen werden müssen, wird der Bund weiterhin allein verabschieden können. Dennoch werden Eingriffe der Politik, wie jetzt beim Schalterzuschlag, in Zukunft schwieriger. Denn auch wenn die Privataktionäre formal kaum Einfluss auf die Firmenpolitik haben, können sie doch erwarten, dass die Politik ihnen nicht durch ein Eingreifen die Unternehmenserträge mindert.
BERNWARD JANZING
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