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Regenwaldrodung in SüdamerikaFutter für das deutsche Vieh

In Lateinamerika werden für den Sojaanbau riesige Flächen abgeholzt. Die Ernte kommt als Nahrung für Nutztiere nach Europa.

Der unter anderem für die deutsche Fleischproduktion wichtige Sojabohnenanbau in Südamerika hat weitreichende Folgen für das Ökosystem Foto: dpa

Buenos Aires taz | Deutsche Rinder fressen Südamerikas Wälder. Auf diese knappe Formel lassen sich die Ergebnisse des Berichts „Die vermeidbare Krise – die Umweltkatastrophe der deutschen Fleischindustrie“ bringen, den die US-Umweltorganisation Mighty Earth vorgestellt hat. Logisch, dass die darin aufgezeigte Kausalkette länger ist als „Rind frisst Wald“.

„Mit seinen fast 82 Millionen Verbrauchern ist Deutschland der größte Nahrungsmittelmarkt in Europa, dieser Industriezweig ist der drittgrößte Deutschlands“, heißt es in dem Bericht. Gerade die deutschen VerbraucherInnen hätten ein geschärftes Bewusstsein in Sachen Bio, Nachhaltigkeit und lokaler Erzeugung, lobt die US-Organisation. „Supermarktketten wie Edeka, Lidl, Kaufland, Aldi, Rewe und Metro, die 70 Prozent des Einzelhandelsmarktes kontrollieren“, würden deshalb ihr Wurst- und Fleischangebot auch als nachhaltig und aus heimischer Produktion stammend anbieten. Allerdings: „Das Etikett ‚Aus Deutschland‘ ist nur die halbe Wahrheit“, so Mighty Earth.

Denn: Bei den damit gekennzeichneten Angeboten werde ausgeblendet, dass die Futtermittel für die Schweine-, Rinder und Geflügelmast nicht nur Tausende von Kilometern vom vermeintlich heimischen Hof entfernt erzeugt wurden, sondern dort auch nachhaltige Schäden anrichten. Drei Viertel der weltweit angebauten Sojabohnen werden zu Tierfutter verarbeitet. 2016 importierte die EU 46,8 Millionen Tonnen Soja und Sojamehl, die Hälfte davon aus Lateinamerika. Unter die Lupe genommen hat Mighty Earth den Chaco, ein ausgedehntes Trockenwaldgebiet, das sich über Argentinien, Bolivien und Paraguay erstreckt. Hier gehen die Abholzungen weit schneller voran als im Regenwald des Amazonas. „Über acht Millionen Hektar des Chaco wurden in nur zwölf Jahren gerodet“, heißt in dem Bericht. Das ist größer als das Bundesland Bayern.

Nicht nur das Verschwinden der Wälder entzieht den örtlichen indigenen Gemeinschaften die Lebensgrundlage. Zudem wird immer wieder von gewaltsamen Vertreibungen durch Großgrundbesitzer berichtet, von Provinzregierungen, die angeblich nicht schützend eingreifen können, weil lokale RichterInnen einmal mehr zugunsten der Latifundistas entschieden haben.

Abgeholzt wird vor allem für den Anbau von Sojabohnen und für die Viehwirtschaft, wobei Letztere oftmals nur die Vorstufe für den späteren Anbau von Ölsaaten ist. Haben die Rinder erst die letzten Reste abfressen, folgt die Aussaat von Soja. Dabei handelt es sich ausschließlich um genmanipulierte Pflanzen, deren Anbau „enorme Mengen an chemischem Dünger und giftigen Pestiziden wie dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat“ erfordert.

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7 Kommentare

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  • Wozu Wälder abholzen für Soja, das an Rinder verfüttert wird, deren Milch und Fleisch wir essen wollen - wenn der Mensch ein Pflanzenfresser ist? Leute, hört endlich auf, Fleisch und Milchprodukte zu essen. Diese sind schädlich für Pflanzenfresser wie uns und verursachen Diabetis, Darmkrebs, Brustkrebs bei Frauen, Prostatakrebs bei Männern und zahlreiche weitere Krankheiten.

    • @Anna Schindler:

      Sie haben meiner Ansicht nach völlig Recht !

      Genau genommen ist allerdings der Mensch ein Allesfresser, oder ist es geworden. Das heißt aber lange nicht daß er auf Fleisch angewiesen ist. Die rein pflanzliche Ernährung hat sogar rießige Vorteile für Gesundheit, Umwelt und Welternährung.

      Der Mensch kann frei entscheiden wie er sich ernähren möchte.

      Ein auch für den Menschen hochwertiges Nahrungsmittel wie Soya an Tiere zu verfüttern ist Nahrungsmittelverschwendung pur. Da ein Tier für den eigenen Stoffwechsel auch Kalorien verbraucht und zudem nur ein Teil des Tieres "verwendet" wird braucht man ein Vielfaches an Anbaufläche für Fleisch und Milch. Da der deutsche Schnitzel- bürger sein Fleisch möglichst billig haben möchte weil er Fleisch fälschlicherweise als Grundnahrungsmittel interpretiert muß Soya und andere Futtermittel aus Ländern importiert werden wo Umweltstandarts und Menschenrechte mit den Füßen getreten werden.

      Und dann wundert sich der naive Wutbürger über all die Flüchtlinge.

      Folgen wir doch den Worten Albert Einsteins:

      „Nichts wird die Gesundheit der Menschen und die Chance auf ein Überleben auf der Erde so steigern wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung.”

  • Die Sojabohne wird wegen ihres Öl- und ihres Eiweißgehaltes angebaut, ursprünglich wurde nur das Öl genutzt und der Rest, das Schrot, wurde als Dünger auf dem Acker verwendet. Nach dem man gelernt hatte das Schrot zu entgiften, in dem man es erhitzte, wurde dieses Schrot wertvolles Viehfutter, meistens ist der Ölanteil in der Sojabohne der wertvollere Teil, je nach Notierung an den Weltbörsen kann aber auch das Schrot mal wertvoller sein. China ist weltweit der größte Importeur von Sojabohnen mit jährlich sehr starken Zuwächsen. //http://www.bauerwilli.com/soja-importe-die-zahlen/ China importiert ganze Bohnen und raffiniert sie selbst weil China Öl für die Ernährung (Stichwort Wok)und Eiweiß für seine stark steigende Tierhaltung benötigt. Die EU importiert überwiegend das entölte Soja, das Sojaschrot.Die EU Importe stagnieren aber seit langen. Ich glaube nicht das Südamerikas Wälder speziell für deutsches Vieh und auch nicht für europäisches Vieh gerodet werden.

    • @Bernhard Hellweg:

      Der Verkaufpreis des Schrotes ist Kalkulationsbestandteil des Anbaues und Ursache für den weiteren Ausbau.

      Von Abfallverwertung kann doch nicht die Rede sein,aber wenn das Ihr Gewissen beruhigt ,ist es eine Möglichkeit sich und andere zu täuschen.

      • @Jandebuur:

        Die Soja Nachfrage wird nicht von den EU Ländern getrieben sondern in erster Linie von China (https://www.ovid-verband.de/positionen-und-fakten/ovid-diagramme/#gallery-2) Das Sojaschrot ist letztendlich ein Abfallprodukt bei der Planzenölproduktion und kann von daher billig verkauft werden und verdrängt damit andere Eiweißfuttermittel. Eigendlich haben wir aber kein globales Eiweißproblem sonder ein globales Pflanzenfettproblem die Nachfrage nach Pflanzenölen hat sich global gesehen seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt (https://www.ovid-verband.de/positionen-und-fakten/ovid-diagramme/#gallery-19) bedient wurde diese "Nachfrageexplosion" in erster Linie mit Palmöl und Sojaöl ohne diese Pflanzenölnachfrage hätte es Soja schwer. Natürlich, würde Sojaschrot als Viehfutter nicht mehr nachgefragt, dann würde das Sojaöl zu teuer am Markt. Sojaöl würde dann durch Palmöl ersetzt. Palmöl wächst aber nur im Regenwaldklima währen Soja auch in den Subtropen, im Mediterranen Klima, bis in den Süden von Kanada, sowie in Australien und in Argentinien wächst.

        • @Bernhard Hellweg:

          Seltsam. Mit dem angeblichen Abfallprodukt Sojaschrot wird 3x mehr umgesetzt (23,7 MRD) als mit dem "Hauptprodukt" Öl (8,7 MDR USD). https://atlas.media.mit.edu/de/profile/hs92/2304/ https://atlas.media.mit.edu/de/profile/hs92/1507/

           

          Solange man Eiweiß an Tiere verfüttern kann, hat man tatsächlich kein Eiweißproblem.

           

          Die EU ist nach China der zweitgrößte Importeur von Soja und deshalb nicht so unbedeutend wie dargestellt.

           

          Da die Preise für Sojamehl in den letzten 20 Jahren tendentiell stärker gestiegen sind, als die für Sojaöl, sollte klar sein woher die Nachfrage kommt. https://www.indexmundi.com/de/rohstoffpreise/?ware=sojamehl&monate=240 https://www.indexmundi.com/de/rohstoffpreise/?ware=sojaol&monate=240

           

          Die Preise für Palmöl sind heute gleich wie vor 20 Jahren. Vermutlich wären sie niedriger, wenn man aufhören würde, das Zeug in Kraftwerken zu verbrennen.

          • @quarente:

            Wenn für die Erzeugung von einem Liter Sojaöl für den menschlichen Verzehr 8 kg Sojaschrot als Viehfutter (man soll ja auch leckere Bratlinge draus machen können - was eine gute Sache wäre - das machen aber nur ganz wenige Menschen) anfallen, müsste mit diesem ja eigentlich deutlich mehr als dreimal soviel Geld umgesetzt werden als für das Öl.

            Das Öl ist im Vergleich also relativ gesehen wesentlich teurer und auch die Margen in der Wertschöpungskette sind deutlich höher.

             

            Schrot ist Massenware, Öl ist Edelware. Zumindest wenn es den Weg bis in die Supermarktregale findet und nicht stumpf verfeuert wird.

             

            Ja nun man nun drehen und wenden wie man will was nun Haupt- und was Koppelprodukt ist. Es ist aber doch wohl so, dass es das Sojaschrot nicht ohne Sojaöl gibt. Nur für das Schrot würden sicher kein Soja angebaut bzw. würde es so teuer, dass wesentlich weniger rentabel verfüttert werden könnte bzw. heimische Eiweißfutterpflanzen wie z.B. Ackerbohnen verstärkt angebaut würden.

             

            Es gehört oft alles mit allem zusammen auf unserem Planeten, dagegen ist der Artikel von Jürgen Vogt sehr monokausal.