Regenwaldprojekt in Ecuador vor dem Aus?: Kein Geld gegen Öl
Für die "Dschungel statt Öl"-Initiative im Yasuní-Nationalpark wurde bisher nur ein Bruchteil der Mittel eingezahlt. Darum könnte die Ölförderung nächstes Jahr beginnen.
PORTO ALEGRE taz | Steht die vielgerühmte Yasuní-ITT-Initiative der ecuadorianischen Regierung vor dem Aus? Kommt nun die Ölförderung im östlichen Teil des Amazonas-Nationalparks Yasuní, einem der artenreichsten Gebiete der Welt? Seit vier Jahren appelliert Ecuador an ausländische Regierungen und Unternehmen, sie sollten die Hälfte der vermuteten Öleinkünfte aufbringen - dann bliebe der Regenwald erhalten und das Öl unter der Erde.
Insgesamt geht es um eine Summe von 3,5 Milliarden Dollar, die von einem UN-Treuhandfonds verwaltet und für den Schutz des Nationalparks und die Energiewende in Ecuador verwendet werden sollen; 100 Millionen davon sollen bis Ende dieses Jahres eingezahlt sein. Doch bisher gibt es für den Plan viele warme Worte, aber kaum Geld: Gerade 1,7 Millionen US-Dollar beträgt der Kontostand derzeit. Doch für einen Abgesang ist es zu früh, auch wenn die Öllobby Oberwasser hat.
Wilson Pástor, Minister für nicht erneuerbare Ressourcen, verriet kürzlich auf einer Tagung, was die Regierung im nächsten Jahr vorhat, falls bis Jahresende nicht die erhofften 100 Millionen Dollar für die Rettung des Regenwaldes eingetroffen sind: Ab September 2012 könnte an 14 Stellen gebohrt werden, so Pástor, bei den dafür nötigen Investitionen in Höhe von 8,6 Milliarden Dollar winkten hohe Renditen. Im sogenannten ITT-Korridor lagern nachweislich 846 Millionen Barrel, ein Fünftel der landesweiten Erdölvorräte. Pástor vermutet dort sogar doppelt bis dreimal so viel.
Der frühere Ölmanager ist eine Reizfigur für Ecuadors Indígenas und UmweltaktivistInnen. Ihr Tauziehen mit den Multis hat eine lange Vorgeschichte. In den Aufbruchsmonaten von Rafael Correas erster Amtszeit setzte sich der damalige Energieminister Alberto Acosta durch. Doch bevor der Präsident im Juni 2007 die Yasuní-ITT-Initiative offiziell lancierte, vertröstete er die Öllobby mit einem "Plan B". Es sei verantwortungslos, mögliche Ölmilliarden außer Betracht zu lassen, wiederholt Correa. Mit ihnen möchte er das Gesundheits- und Bildungswesen auf Vordermann bringen. Dass dieses Szenario immer wahrscheinlicher wird, liegt an seiner ambivalenten Haltung, aber auch an der schwarz-gelben Bundesregierung.
Nirgendwo war die Resonanz auf den Vorstoß aus Quito so groß wie in Deutschland. Bis zum Regierungswechsel in Berlin standen den Ecuadorianern alle Türen offen, der Staatssekretär des Entwicklungshilfeministeriums, Erich Stather (SPD), stellte ihnen sogar mündlich die erhofften Klimamillionen in Aussicht.
Doch im September 2010, kurz nachdem der UN-Fonds endlich eingerichtet war, verkündete der neue Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) eine Kehrtwende. Im Mai weigerte er sich gar, eine ecuadorianische Regierungsdelegation zu empfangen. Kurios die Argumentation: Das Beispiel könne in anderen Tropenländern Schule machen, ließ Niebel der Gesandten Correas, Ivonne Baki, ausrichten. Auch 2012 plane man keine Einzahlungen in den Yasuní-Fonds, beschied er nun auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag.
Baki gibt sich unverdrossen optimistisch, 78 Prozent der Ecuadorianer weiß sie hinter sich. Vor Kurzem forderte sie Correa öffentlich dazu auf, nicht mehr vom "Plan B" zu reden, das sei kontraproduktiv. Vor laufenden TV-Kameras einigten sich die beiden: Erst im Dezember wird Bilanz gezogen. Man habe zu sehr auf Regierungen und zu wenig auf die "Zivilgesellschaften" gesetzt, meint Baki selbstkritisch. Seit Neuestem können auch Einzelpersonen in den Fonds einzahlen, immerhin.
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