Reform des Urheberrechts: Jubel bei den Verlegern
Das EU-Parlament macht den Weg frei für neue digitale Rechte im Internet. Doch NetzaktivistInnen fürchten Zensur und das Ende der Vielfalt.
Vor allem diese sogenannten Upload-Filter hatten seit Monaten für scharfe Kritik gesorgt. Am Mittwoch stimmten 438 Abgeordnete für die Reform des Urheberrechts, 226 dagegen, 39 enthielten sich.
Monatelang wurde um die EU-Vorlage gestritten. Bereits im Juli wurden weitere Beratungen anberaumt, mittlerweile lagen weit über hundert Änderungsanträge vor. Trotz unterschiedlichster Kritik ist man sich EU-weit einig, dass ein neues Urheberrecht kommen muss. Die bisherige Regelung stammt aus dem Jahr 2001.
Auch im Koalitionsvertrag haben sich CDU und SPD für eine Reform des Urheberrechts, aber gegen eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern ausgesprochen. Ansonsten müssten Google, YouTube oder Facebook jedes Bild, Videos oder jeden Soundschnipsel vor dem Upload prüfen.
Wenig überraschend freuten sich die Verlegerverbände der Zeitungen und Zeitschriften über die Entscheidung des Parlaments. Aus ihrer Sicht profitieren alle „Inhaber urheberrechtlich geschützten Eigentums“. Sie werfen den GegnerInnen der Reformen die Darstellung falscher Tatsachen vor. Die Grünen-Abgeordnete Julia Reda sprach dagegen von einem „herben Rückschlag für das freie Internet“.
Meinungsfreiheit bedroht
DatenschützerInnen wie der Verein Digitalcourage sprachen gegenüber der taz von einer Mogelpackung. Sie sehen das Recht auf Meinungsfreiheit bedroht und rechnen damit, dass im Zweifel mehr heraus gefiltert wird, als nötig ist. Für sie sind die Upload-Filter ein Machtinstrument, um das freie Internet in die Knie zu zwingen.
Unklar ist zudem, wie fehleranfällig die Filter sind. Es gab bereits Fälle, in denen Verbraucherkampagnen blockiert wurden, weil eine Urheberrechtsverletzung vermutet wurde. Auch die Non-Profit-Organisation Mozilla, zu der Firefox gehört, zeigte sich enttäuscht. Das Web verliere seine wichtigsten Grundprinzipien der Offenheit, Dezentralisierung und Zusammenarbeit, erklärte Reagan MacDonald, zuständig für EU-Politik bei Mozilla.
Das EU-Parlament hat mit seiner Entscheidung den Weg frei gemacht, für die abschließenden Verhandlungen mit dem Ministerrat – also den Regierungen der Mitgliedsstaaten. Gemeinsam mit Parlament und Kommission soll ein Kompromiss ausgearbeitet werden. Im kommenden Frühjahr, vermutlich kurz vor den Europawahlen, steht dann die finale Abstimmung an. NetzaktivistInnen haben bereits weitere Protestaktionen angekündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Vorschläge für bessere Schulen
Mehr Führerschein wagen