piwik no script img

Reform der RenteNahles verschiebt auf die Zukunft

Die Arbeitsministerin legt ihren Plan für die Rentenreform vor und will Steuerzuschüsse ab 2019 schon festlegen. Über die Finanzierung zeichnet sich Streit ab.

Hat ehrgeizige Ziele: Arbeitsministerin Andrea Nahles. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hat seinen Gesetzentwurf für eine Rentenreform erarbeitet. Das ehrgeizige Ziel von Arbeitsministerin Andreas Nahles (SPD): Bereits zum 1. Juli 2014 sollen die neuen Regelungen in Kraft treten. Dafür müsste bis Ende Januar ein einheitlicher Kabinettsbeschluss auf den Weg gebracht werden.

Das Rentenpaket sieht verbesserte Mütterrenten, eine abschlagsfreie Rente für langjährig Versicherte mit 63 Jahren, Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten sowie mehr Geld für Reha-Leistungen vor.

Künftig sollen Arbeitnehmer, die 45 Beitragsjahre in der Rentenkasse nachweisen können, mit 63 Jahren aus dem Beruf aussteigen können, ohne Rentenkürzungen in Kauf nehmen zu müssen. Diese Altersgrenze wird nach und nach wieder auf 65 Jahre erhöht. Streit hatte es zwischen CDU/CSU und SPD unter anderem darum gegeben, ob bei den Beitragszeiten nur fünf Jahre Arbeitslosigkeit angerechnet werden, wie es die Union gefordert hatte.

Nahles Kompromiss sieht nun vor, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit unbegrenzt angerechnet werden. Allerdings zählt darunter nur der Bezug von Arbeitslosengeld I - nicht von Arbeitslosengeld II ("Hartz IV") oder der früheren Sozialhilfe.

Keine komplette Gleichstellung von Müttern

Mütter, die ihre Kinder vor 1992 bekommen haben, sollen künftig im Westen rund 28 und im Osten rund 26 Euro mehr Rente im Monat erhalten. Eine komplette Gleichstellung der Renten von jüngeren und älteren Müttern bedeutet das also noch nicht. Dies sei, so heißt es im Entwurf, „nicht finanzierbar“.

Das ganze Rentenpaket wird laut BMAS bis zum Jahr 2020 Extrakosten von 60 Milliarden Euro verursachen. Sie sollen aus der gesetzlichen Rentenkasse und durch den Verzicht auf Beitragssatzsenkungen finanziert werden, auf die sich Union und SPD bereits geeinigt haben. Ab 2019 soll der Bund dann schrittweise mehr Steuermittel zuschießen, ab 2022 jährlich 2 Milliarden Euro mehr. Diese Verpflichtung will Nahles schon jetzt in das Gesetz schreiben.

Über die Finanzierung zeichnete sich am Donnerstag zwischen Union und SPD Streit ab: Unionsfraktionsvize Michael Fuchs forderte, die zusätzlichen Kosten für die Reform müssten aus den Mitteln des BMAS finanziert werden. Auch aus der Wirtschaft wurde erneut grundsätzlich Kritik am Plan laut, einen früheren, abschlagsfreien Ausstieg aus dem Berufsleben zu ermöglichen.

Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, sagte hingegen, die Reformen seien ein „Schritt in die richtige Richtung“. Doch durch die falsche Finanzierung der Mütterrente werde die Bekämpfung der zunehmenden Altersarmut „auf Jahre hinaus unmöglich“. Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband bezeichnete es als "denkbar ungerecht", dass das Reformpaket über Beitragsmittel statt über Steuermittel bezahlt werden soll. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider erklärte, das sei eine Folge der Weigerung der Großen Koalition, für Sozialausgaben die Steuern zu erhöhen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Genial! Die Senkung der Rentenversicherungsbeiträge fällt schon mal aus. Also nimmt man den Arbeitnehmern jetzt erstmal was aus der Tasche.

     

    Achtung!: Es handelt sich hier um die Parteien, die uns jahrelang bis zum Erbrechen vorgebetet haben, dass die Lohnnebenkosten in Deutschland zu hoch sind. (Ok! - da griff die Billiglohnmasche ja auch noch nicht voll durch.)

     

    Die "Wohltaten" werden also erstmal in die ferne Zukunft verlagert, aber schon blumig ausgemalt. Hauptsache Vorfreude!

    Gleich vier Fliegen schlägt man so mit einer Klappe:

    1. Man erzielt Einnahmen, die man sonst garnicht hätte.

    2. Das Wort "Steuer" muss nicht verwendet werden.

    3. Viele glauben tatsächlich, sie hätten was bekommen, obwohl das Gegenteil der Fall ist.

    4. Macht diese Koalition auf halber Strecke, oder früher schlapp, wurde ja noch nichts beschlossen, was den Haushalt danach belasten und den Bürger entlasten könnte. Man kann die Abzocke dann ggf. in anderen Konstellationen fortsetzen.

     

    Das ist keine Politik für den Bürger, sondern für den eigenen Arsch auf Kosten und Risiko der Arbeitnehmer, Frau Nahles und Frau Merkel.

  • G
    Gast

    Die SPD bleibt ihrer neoliberalen Ausrichtung treu. Genau dafür steht auch Frau Nahles (katholisch, gläubig, links???).

     

    Nach ihrer Meinung sind Langzeitarbeitslose und Erwerbsgeminderte offenbar Menschen dritter Klasse, die man mit ein paar Krümeln abspeisen darf und denen man ein wirklich menschenwürdiges Leben nicht zugesteht, weil sie sich für das Wirtschaftssystem nicht optimal verwerten lassen.

     

    Dies ist die menschenverachtende Haltung der Seeheimer-SPD, die hoffentlich bald dorthin wandern wird, wo sie hingehört, nämlich auf den Müllhaufen der Geschichte.

    • G
      gast
      @Gast:

      katholisch ? Wie sagt man in den USA immer, Gott schütze Amerika. Fr. Nahles wird beten, Gott schütze meinen Posten und nur meinen Posten, trotz all dem Mist den sie so erfindet. Die machen blumige Wahlversprechen und am Ende bezahlen das unsere Kinder, deren Kinder usw.

       

      Die SPD wird sich wie die FDP selbst abschaffen, wenn es so weiterläuft.

    • N
      NEU
      @Gast:

      In Europa leben 7% der Menschen auf der Welt und hier werden 50% der Sozialleistungen auf der Welt gezahlt. Schon mal überlegt was passiert wenn Europa pleite geht? Einfach mal nach Griechenland schauen.

      • G
        gast
        @NEU:

        so weit schaut keiner, für viele ist der äußere Tellerrand das Mximum.

        Die schauen nur ob ihr Teller voll ist, nach dem Motto was geht uns Griechenland od. die anderen pleite gemachten Länder an.

         

        Frau Merkel predigt doch auch immer Deutschland und somit ALLEN Deutschen gehe es gut wie nie, die Deutschen kaufen wie nie, Deutschland exportiert wie nie. Alles was nicht Deutschland ist, ist weit weg, darüber redet doch keiner mehr.

  • G
    gast

    Und was ist mit enormer Rentenerhöhung gerade in den alten Bundesländern, die alten Leutchen wissen nicht mehr wie sie überleben sollen ?? Frau Merkel soll nicht nur in den Osten schauen, das es ihren Leuten gut geht.

     

    Was ist mit all den Leuten, die wegen ihres Alters über 55 z.B. keine Arbeit mehr finden können ? Die bekommen dann nur eine Rente von 450 € ???

    • G
      gast
      @gast:

      Habe heute eine Rentnerin getroffen in München, sie zahlt für ihre 2 Zimmer Wohnung 870 € weil man neue Fenster in den alten Schuppen eingebaut hat. Jetz hat sie noch 300 € davon muss sie noch Strom und Tel. zahlen.

       

      Wenn die aber zum Sozialamt geht, sagen die ihr, was wollen sie von uns, sie haben doch fast über 1.000 €, somit kein Recht auf Hilfe. Oder sie muss ausziehen, aber die kleinere Wohnung ist in Bayern auch nicht billiger. Wovon soll sie umziehen bei der Kostenlage ?