Reform der KFZ-Steuer: Am Hubraum gefummelt
Union und SPD einigen sich bei der Kfz-Steuer auf einen Kompromiss. Umweltminister Gabriel wollte keine Privilegien für Spritschlucker. Nun hat die Union eingelenkt.
Die große Koalition will die seit Langem angekündigte Reform der Kfz-Steuer umsetzen. Bislang orientierte sich die Steuer an dem Hubraum des Autos. Nun sollen der Hubraum und der Ausstoß des klimaschädlichen CO2 Grundlage der Steuerhöhe sein. Die Details der Einigung waren bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Doch allzu gravierend, so war zu hören, werden die faktischen Änderungen für Autobesitzer nicht sein. Im Endeffekt werden Besitzer kleiner Wagen mit geringem Benzinverbrauch weniger Steuern zahlen - und Besitzer von Spritfressern nicht mehr. Diese Linie zeichnete sich gestern in Verhandlungen zwischen Umwelt-, Wirtschafts- und Finanzministerium ab. Möglich schien am Montagnachmittag auch noch eine komplette Umstellung auf den CO2-Ausstoß. Diese wird von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) favorisiert, von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) aber abgelehnt. Er fürchtet in diesem Fall zu geringe Steuereinnahmen.
Die Union hatte zuvor für Aufregung gesorgt. Sie wollte, mit Rückendeckung von Kanzlerin Angela Merkel Dieselwagen mit hohem Spritverbrauch und CO2-Ausstoß steuerlich drastisch entlasten und die Hubraumsteuer auf 300 Euro deckeln. Bislang war die Umstellung der Steuer auf den CO2-Ausstoß als Ökoreform verstanden worden. Die Vorschläge der Union hätten dieses Ziel ins Gegenteil verkehrt. Demnach wäre etwa für einen Audi Q7 Quattro mit knapp 6 Litern Hubraum und einem CO2-Ausstoß von 298 Gramm pro Kilometer künftig 270 Euro weniger Steuer jährlich fällig als heute. Der Besitzer eines 7er BMW mit 239 Gramm CO2-Ausstoß hätte 156 Euro weniger bezahlt als derzeit.
Entsprechend fiel das Veto von SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel aus. Am Sonntag war der für Verkehr zuständige stellvertretende Unions-Fraktionschef Hans-Peter Friedrich (CSU) von der Deckelung auf 300 Euro abgerückt. Profitiert hätten von der Unionsidee besonders deutsche Autokonzerne wie BMW, Mercedes und Porsche, die ihre Gewinne vor allem mit teuren Spritfressern machen. Friedrich schlug am Montag stattdessen vor, Dieselfahrzeuge weniger stark zu besteuern. Statt 10 Euro sollen Dieselbesitzer nur 9 Euro pro 100 Kubikzentimeter Hubraum zahlen. Die SPD begrüßte am Montag den Rückzieher der Union. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil forderte, dass die neue Kfz-Steuer "keine Privilegien für Spritfresser" bedeuten dürfe. Wichtig sei, dass "schadstoffarme Autos entlastet" werden.
Die Reform, die Teil des Konjunkturpakets ist, soll neben der umstrittenen Abwrackprämie die kriselnde Autoindustrie stützen. Im November 2008 hatte die große Koalition Käufern von Neuwagen bereits bis zu zwei Jahren ganz von der Kfz-Steuern befreit. Außerdem werden der Autoindustrie mit dem Konjunkturpaket II mehrere hunderte Millionen Euro für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt.
Die Grünen hatten die Autopolitik der großen Koalition zuvor scharf kritisiert und verlangt, Autos mit hohem CO2-Ausstoß progressiv und viel stärker zu besteuern. Allerdings hatten die Grünen, die in Hamburg und Bremen mitregieren, signalisiert, dass sie das Konjunkturpaket im Bundesrat nicht scheitern lassen werden. Scharfe Kritik kam von Umweltverbänden.
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