Reform beim Aktienindex DAX: Keine Chance für die Umwelt
Die deutsche Börse hat aus dem Wirecard-Debakel gelernt. Nur: Ökologisch nachhaltiger wird sie dadurch nicht.
F ür die Deutsche Börse lief es in den vergangenen Monaten nicht gut. Erst geriet sie in den Strudel von Wirecard, war doch der Pleitekonzern 2018 in den elitären Aktienindex DAX aufgestiegen. Und als dann Wirecard wieder verschwand, zog stattdessen Delivery Hero in den deutschen Börsenolymp ein. Der Essenbestelldienst sitzt zwar in Berlin, macht jedoch keine Umsätze in Deutschland und fährt auch keine Gewinne ein. „Seltsam“ ist noch ein Euphemismus, um die Tatsache zu beschreiben, dass ausgerechnet dieses Unternehmen jetzt den DAX ziert.
Noch schlimmer: Der DAX ist nicht einfach eine Liste von Unternehmen, sondern an ihm hängen weitere Finanzinstrumente. Viele passive Aktienfonds haben sich darauf spezialisiert, den DAX abzubilden. Millionen von Anlegern sind indirekt davon betroffen, welche Firmen sich in diesem Index tummeln.
Für die Deutsche Börse bahnte sich ein Desaster an, ist doch der DAX ihr zentrales Marketinginstrument. Eine Reform war unumgänglich, die die Deutsche Börse geschickt zur Kundenbindung nutzte: Die Markteilnehmer durften in einer Umfrage angeben, welche Reformschritte sie bevorzugen.
Das Ergebnis ist nicht überraschend: Künftig dürfen nur noch Firmen in den DAX aufsteigen, die in den vergangenen zwei Jahren Gewinn gemacht haben. Außerdem müssen sie testierte Quartalszahlen vorlegen und einen funktionierenden Prüfungsausschuss besitzen. Wirecard und Delivery Hero sollen sich nie wiederholen.
Einige Börsianer hatten vorgeschlagen, auch das Thema „Nachhaltigkeit“ im DAX zu berücksichtigen. Doch diese Idee fand keine Mehrheit – was ignorant, aber konsequent ist. Schließlich basiert die deutsche Wirtschaft fast komplett auf fossilen Brennstoffen, wie eine einzige Zahl zeigt: Windenergie macht ganze 5,4 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland aus. Würde man auf Nachhaltigkeit setzen, wäre vom DAX nichts übrig. Das können und wollen sich die Börsianer nicht vorstellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen