Rede bei der UN-Vollversammlung: Steinmeier spricht zur Welt
Russland habe das Völkerrecht gebrochen, sagt der deutsche Außenminister – und warnt zugleich vor der Spaltung von Ost und West. Auch der IS und der UN-Sicherheitsrat sind Thema.
NEW YORK dpa | Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Vereinten Nationen vor einem Rückfall in die Zeiten des Kalten Kriegs gewarnt. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die alte Spaltung von Ost und West in die Vereinten Nationen zurückkehrt“, sagte Steinmeier am Samstag vor der UN-Vollversammlung in New York. Zugleich bekräftigte er Deutschlands Bereitschaft, im Kreis der 193 Mitgliedsländer mehr Verantwortung zu übernehmen. Auf den Wunsch nach einem Ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat ging er aber nicht direkt ein.
Steinmeier hielt der UN-Vetomacht Russland in seiner 15-minütigen Rede vor, im Ukraine-Konflikt mit der einseitigen Veränderung von bestehenden Grenzen das Völkerrecht gebrochen zu haben. „Diesem gefährlichen Signal mussten wir uns entgegenstellen“, sagte er. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Kraft des Völkerrechts von innen ausgehöhlt wird.“ Die Ukraine brauche jetzt einen dauerhaften Waffenstillstand und eine politische Lösung.
Zugleich warnte der SPD-Politiker vor einer Dauerblockade des Sicherheitsrats durch den Ukraine-Konflikt. „Wir brauchen einen handlungsfähigen und handlungswilligen UN-Sicherheitsrat.“ Darüber hinaus müsse sich das mächtigste UN-Gremium fortentwickeln. Die Vereinten Nationen müssten „in all ihren Teilen – auch im Sicherheitsrat – die Welt von heute widerspiegeln“. Im nächsten Jahr feiern die UN ihr 70-jähriges Bestehen.
Den deutschen Wunsch nach einem eigenen Ständigen Sitz erwähnte Steinmeier in seiner Rede nicht direkt. Deutschland bemüht sich mit drei anderen Ländern (Brasilien, Indien und Japan) schon seit Jahren ohne Erfolg um eine Reform. Hinter den Kulissen werden derzeit die Chancen für einen neuen Anlauf ausgelotet. Bislang sind nur die fünf Vetomächte (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) im Sicherheitsrat ständig dabei.
Im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mahnte Steinmeier zu einem breiten Bündnis. Deren „teuflisches Werk“ sei kein regionales Problem für den Irak, Syrien oder Afrika. „Diese Barbarei richtet sich gegen uns alle – gegen alles, wofür die Vereinten Nationen stehen.“ Die Reaktion der Staatengemeinschaft auf diese Bedrohung müsse „weit über die unmittelbar notwendige humanitäre und militärische Antwort hinausgehen“. „All das muss eingebettet werden in eine politische Allianz.“
Steinmeier verwies darauf, dass sich Deutschland am Kampf gegen den IS jetzt schon mit „erheblichen Beiträgen“ beteilige. Zugleich kündigte er für Ende Oktober eine internationale Konferenz zum Umgang mit Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien an, die in Berlin stattfinden soll.
Der SPD-Politiker versprach auch weitere deutsche Unterstützung bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Westafrika. Über die aktuellen Krisen hinaus dürften aber auch andere Herausforderungen wie der Klimawandel, die Wende zu erneuerbaren Energien und der Datenschutz im Internet-Zeitalter nicht vergessen werden.
Leser*innenkommentare
Willi
Alle Kriege der letzten Jahre haben die Menschheitsprobleme nicht gelöst, sondern verschärft. Ganz egal ob man an den Krieg in Afghanistan, im Irak oder in Libyen denkt. Steinmeiers Rede offenbart das Versagen der Bundesregierung Konflikte friedlich zu lösen. Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der
Welt. Deutschland verdient an jedem Krieg. Offensichtlich hat Deutschland aus seiner Geschichte z. B. des 2 Weltkrieges nicht gelernt. Nein 2008 hat Deutschland Waffen, Panzer und eine Lizenz für eine Panzerfabrik an Algerien verkauft. Algerien ist kein demokratisches Land. Woher wissen wir, wofür diese Waffen in den nächsten Jahren hergestellt und gegen wen sie gerichtet werden? Und Gabriel von der SPD sagt lapidar: Verträge müssen eingehalten werden. Hat Gabriel wenigstens mal geprüft, ob man aus diesen Verträgen aussteigen kann? Und wo bleibt die klare Aussage der SPD, dass es solche Verträge nie wieder geben wird? Gabriel, SPD, sitzt im Bundestag und lacht zusammen mit Merkei, CDU, über diese Frage. Es wurden auch Waffen nach Saudi-Arabien, nach Katar und an den NATO Partner Türkei verkauft. Was erfahren wir nun, die Alkaida-Terrororganisation ISIS erobert immer mehr Territorien, im Irak und in Syrien. Wer hat diese "Armee" den bezahlt? Saudi-Arabien und Katar. Und was macht die Türkei? Die Türkei hat diese Terroristen mit ihren Waffen ohne jede Beanstandung durch die Türkei ziehen lassen nach Syrien und in den Irak. Und dagegen unternimmt weder die deutsche Regierung etwas noch die Nato, obwohl die ISIS nachweislich auch Kinder tötet. Und die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung sagt, man hätte Assad in Syrien unterstützen sollen. Merkt die Bundesregierung nicht, dass diese Außenpolitik falsch ist? Wir müssen weg von Waffenexporten hin zu friedlichen Konfliktlösungen. Das muss die Aufgabe von demokratischen Staaten sein.
Willi
Als Demokrat kann man auf dieses unsägliche Politik der neoliberalen Bande nur mit "Abwählen" reagieren. Und das werde ich 2017.
Willi
Das jüngste Beispiel für Meinungsmache, genauer für die Einseitigkeit der Berichterstattung ist die Krise in der Ukraine. Für nahezu sämtliche Leitmedien war Putin die Inkarnation des Bösen, er ist an allem Schuld. „Stoppt Putin“ titelten die Bild-Zeitung wie der Spiegel, sogar noch mit dem gleichen Motiv, nämlich mit den Bildern der Opfer des Flugzeugabsturzes und kassierten damit sogar eine Rüge des Presserates.
„Der Programmbeirat kam aufgrund seiner Beobachtungen zu dem Schluss, dass die Berichterstattung im Ersten über die Krise in der Ukraine teilweise den Eindruck der Voreingenommenheit erweckt hat und tendenziell gegen Russland und die russischen Positionen gerichtet war…
Berichtet werden müssen hätte über die Faktoren, die ursächlich am Entstehen der Krise beteiligt waren, darunter die Politik von EU, USA und NATO und deren Interessen gegenüber der Ukraine und Russland. Stattdessen wurde die Verantwortung für die Krise fast ausschließlich der Regierung Janukowitsch und Russland, genauer: Putin persönlich, zugeschrieben. Differenzierte Berichterstattung war das nicht. Eine gewisse Einseitigkeit ließ sich manchmal auch in der Wortwahl erkennen, im mehr oder weniger unterschwelligen Transport von Meinung durch Moderatoren und Reporter und in der Auswahl von Berichtsgegenständen, die selbst in der Zusammenschau aller zehn Ukraine-»Brennpunkte« kein einigermaßen umfassendes Bild der Krise ergaben…“
Nebenbei, das ZDF, allen voran Klaus Kleber, war noch viel einseitiger als die ARD. http://www.nachdenkseiten.de/?p=23410
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Gast
Steimeier verdreht Fakten und merkt's wahrscheinlich nicht einmal, weil er mit seiner Rolle als Lautsprecher Washingtons zufrieden und intellektuell mehr als ausgelastet ist.
Bernd H. Schoeps
Auch wenn Politiker wie Steinmeier sie penetrant wiederholen, wird die Behauptung, Russland habe das Völkerrecht gebrochen, dadurch nicht wahr. Es gab eine Abstimmung auf der Krim, und die fiel mehrheitlich für eine Sezession von der Ukraine aus. Komischerweise wird die von USA/EU an die Macht geputschte Regierung in Kiew vom Westen anerkannt, nicht aber der Beschluss der ost-ukrainischen Separatisten zur Abtrennung von Kiew.
Infam ist auch, dass Steinmeier sich als Friedensstifter zwischen der Ukraine und Russland aufspielt, denn Russland war bisher gar keine Kriegspartei. Im Gegensatz zu den jüngsten westlichen Truppenmanövern in der Ukraine hat Russland seine Truppen nur auf eigenem Territorium bewegt.