Rechtssystem in Thailand: Im Hungerstreik gegen die Justiz

Aktivistinnen fordern eine Haftverschonung für jene, die wegen Majestätsbeleidigung einsitzen müssen. Für diesen Protest riskieren sie ihr Leben.

Die beiden Aktivistinnen überschütten sich mit roter Farbe

Da waren beide noch in Freiheit: „Tawan“ und „Bam“ am 16. Januar vor dem Strafgericht in Bangkok Foto: ap

PHNOM PENH taz | In Bangkok setzen zwei Demokratieaktivistinnen mit ihrem Hungerstreik Politik und Justiz unter wachsenden Druck. Am Dienstag sind es 27 Tage, seitdem die 21-jährige Tantawan „Tawan“ Tuatulanon und die 23-jährige Orawan „Bam“ Phupong begonnen haben, die Nahrungsaufnahme zu verweigern. Zeitweilig hatten die bereits in ein Krankenhaus eingelieferten Frauen auch aufgehört zu trinken und drohen jetzt laut ihrem Anwalt erneut damit, wenn ihren Forderungen der Freilassung politischer Gefangener und Reformen nicht nachgegeben wird.

Sie waren im Frühjahr 2022 bei Protestakten der Demokratiebewegung festgenommen worden. Später wurden sie wegen Majestätsbeleidigung verurteilt, weil sie auf einem Plakat gefragt hatten, wer sich durch Straßensperren für die königliche Autokolonne belästigt fühle. Thailand hat das weltweit strengste Gesetz gegen Majestätsbeleidigung, mit dem wiederholt Kritiker der Regierung mundtot gemacht werden.

Die Frauen hatten zunächst Haftverschonung gegen Kaution erhalten. Doch aus Solidarität mit einem anderen wegen Majestätsbeleidigung Verurteilten namens Sitthichok Sethasavet, dem Haftverschonung verwehrt worden war, ließen sie sich wieder ins Gefängnis einweisen und begannen ihren Hungerstreik. Zu ihren Forderungen zählt auch eine Lockerung der Bedingungen für Haftverschonung, etwa die Abschaffung einer elektronischen Fußfessel. Auch Sitthichok hatte einen Hungerstreik begonnen.

Am letzten Freitag erkannte ein Gericht schließlich, dass in seinem Fall doch keine Fluchtgefahr bestehe, und ordnete seine Freilassung auf Kaution an. Auch fünf andere Personen, die wegen Majestätsbeleidigung einsitzen, bekamen laut dem Webportal Prachatai plötzlich Haftverschonung. Damit will das Gericht offenbar Druck rausnehmen. Doch sind Berichten zufolge inzwischen sechs weitere politische Gefangene im Hungerstreik. Darunter soll auch Mongkol Thirakote sein, der wegen 14 Kommentaren bei Facebook über König Maha Vajiralongkorn zu 28 Jahren Haft verurteilt wurde.

Alarm geschlagen wegen des Gesundheitszustands

Das Universtitätshospital in Bangkok, in dem Tantawan und Orawan ihren Hungerstreik fortsetzen, schlug schon mehrfach Alarm wegen deren Gesundheitszustands. Offenbar um die beiden umzustimmen oder wenigstens loszuwerden, hatte das Krankenhaus vor einigen Tagen für beide Haftverschonung beantragt. Dem stimmte das Gericht sofort zu. Doch die beiden wollten ihre Haftverschonung nur akzeptieren, wenn auch andere sie bekämen, die im Zusammenhang mit Majestätsbeleidigung im Gefängnis sitzen.

Laut der Menschenrechtsorganisation Thai Lawyers for Human Rights wird seit November 2020 gegen 228 Personen wegen Majestätsbeleidigung ermittelt. Medienberichten zufolge sitzen noch acht Personen im Gefängnis, die bei Demokratieprotesten festgenommen wurden.

Vor den wohl im Mai stattfindenden Parlamentswahlen traut sich kaum ein Politiker eine Reform des Paragrafen über die Majestätsbeleidigung zu fordern. Der Oppositionspolitiker Thanathorn Juangroongruangkit, dem das Parlamentsmandat entzogen wurde, erklärte nur: Niemand solle sein Leben opfern, um grundsätzliche demokratische Rechte zu verlangen.

Mutiger ist Ex-Außenminister Kasit Priomya. Der 78-Jährige, der einst dem Regierungslager angehörte, erklärte: „Erste Priorität sollte sein, Menschenleben zu erhalten, aber es ist auch wichtig, eine offene Debatte über die Forderungen zu beginnen.“ Premierminister und Putschgeneral Prayuth Chan-ocha drückte laut Bangkok Post nur seine Sorgen um das Leben der Hungerstreikenden aus und forderte das Krankenhaus auf, ihren Zustand genau zu beobachten.

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