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Rechtsstaat versus RegierungTrump-Regierung weigert sich, Abschiebefehler zu korrigieren

Die rechtswidrige Abschiebung eines Migranten nach El Salvador wird für die US-Regierung zum Problem. Bisher ignoriert sie ein Gerichtsurteil.

Wollen keine rechtswidrige Abschiebung korrigieren: die Präsidenten Trump und Bukele am Montag im Weißen Haus Foto: Kevin Lamarque/Reuters

Washington taz | Ein administrativer Fehler, der zur Abschiebung eines undokumentierten Einwanderers nach El Savador geführt hat, zieht in den USA immer größere Kreise. Nachdem sich die Trump-Regierung bisher geweigert hat, richterlichen Anordnungen Folge zu leisten und den El Salvadorianer Kilmar Ábrego García zurückzuholen, könnte es zu ersten Anklagen kommen.

Der demokratische US-Senator Chris Van Hollen reiste derweil am Mittwoch nach El Salvador, um sich persönlich für die Freilassung von García einzusetzen. „Warum hält die Regierung El Salvadors einen Mann weiterhin inhaftiert, obwohl sie keinerlei Beweise für ein Verbrechen hat und ihr auch von den USA keinerlei Beweise für ein Verbrechen vorgelegt wurden?“, fragte Van Hollen während einer Pressekonferenz in San Salvador.

Der Fall des Kilmar Ábrego García wird immer mehr zu einem Machtkampf zwischen der US-Regierung von Präsident Donald Trump und dem amerikanischen Rechtsstaat. Selbst eine Entscheidung des Supreme Courts in der vergangenen Woche, der von der Regierung verlangte, die Freilassung von Ábrego García zu ermöglichen, stieß dort bisher auf taube Ohren.

Ábrego García ist einer von tausenden Einwanderern, die dem Versuch der US-Regierung, kriminelle illegale Einwanderer aus dem Land zu vertreiben, bisher zum Opfer fielen. Trump und seine Regierung hatten die Abschiebung illegaler Einwanderer zur Priorität erklärt, insbesondere solcher, die eines Verbrechens schuldig gesprochen wurden.

Regierung statuiert am Abgeschobenen ein Exempel

Doch Ábrego García wurde weder in den USA noch in El Salvador eines Verbrechens schuldig gesprochen. Er war zwar illegal in die USA gelangt, erhielt dort jedoch wegen möglicher Verfolgung in seinem Heimatland einen legalen Aufenthaltsstatus. Der 29-Jährige lebte vor seiner Abschiebung zusammen mit seiner Frau und seinem Kind im US-Bundesstaat Maryland.

Seine Frau, Jennifer Vasquez Sura, die die US-Staatsbürgerschaft besitzt, wirft den Regierungen der USA und El Salvadors vor, „politische Spielchen mit dem Leben ihres Mannes zu spielen“.

In der Tat scheint die US-Regierung anhand von Ábrego Garcías Fall ein Exempel zu statuieren. Getreu dem Motto, auch wenn wir als Regierung einen Fehler machen, werden wir nichts tun, um einem illegalen Einwanderer zu helfen.

Die abschreckende Wirkung dürfte unter Einwanderern groß sein. Die US-Regierung behauptet derweil, dass Ábrego García Beziehungen zur Gang MS-13 hätte. Doch laut einem richterlichen Urteil gibt es dafür keinerlei Beweise. Die Behauptung der Regierung beruhe auf der unbewiesenen Aussage einer einzigen Person.

Trump und Bukele schieben sich Schwarzen Peter zu

Ábrego García, der seit seiner Abschiebung in El Salvadors berüchtigtem Cecot-Gefängnis sitzt, sei laut US-Regierung in Sicherheit und am Leben. Während eines Treffens mit El Salvadors Präsident Nayib Bukele am Montag in Washington erkläre Trump, El Salvador müsse über Ábrego Garcías Freilassung und Rückkehr in die USA entscheiden. Bukele sagte allerdings, dazu sehe er keine Veranlassung.

„Die Frage ist absurd: Wie kann ich einen Terroristen in die Vereinigten Staaten schmuggeln?“, sagte Bukele und spielte damit auf Ábrego Garcías vermeintliche Beziehung zu MS-13 an. Die wurde von den USA als ausländische Terrororganisation eingestuft.

Das Weiße Haus machte am Mittwoch nochmals seine Prioritäten klar. Regierungspressesprecherin Karoline Leavitt kam mit der Mutter von Rachel Morin zum Briefing. Morin wurde im Jahr 2023 von einem geflüchteten Gewalttäter aus El Salvador getötet.

„Es ist entsetzlich und traurig, dass Senator Van Hollen und die Demokraten, die heute seine Reise nach El Salvador begrüßen, nicht in der Lage sind, auch nur den geringsten gesunden Menschenverstand oder Empathie für ihre eigenen Wähler und unsere Bürger aufzubringen“, sagte Leavitt.

Bundesrichter droht mit Klage gegen Regierungsmitglieder

Auch andere demokratische Politiker haben angekündigt, nach El Salvador zu reisen, um auf Ábrego Garcías Situation aufmerksam zu machen. El Salvador hat seit März gegen Bezahlung mehr als 200 aus den USA abgeschobene Migranten aufgenommen und im berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis Cecot untergebracht.

Ein US-Bundesrichter, der im vergangenen Monat ein Urteil zu beschleunigten Abschiebungsverfahren erlassen hatte, das von der Regierung ignoriert wurde, kündigte am Mittwoch an, dass es hinreichende Gründe für eine Anklage gegen Regierungsmitglieder gebe. Richter James E. Boasberg warnte, dass, sollte die Trump-Regierung ihr Verhalten nicht ändern, er dies an die zuständige Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung weiterleiten würde.

„Die Verfassung duldet keinen vorsätzlichen Ungehorsam gegenüber richterlichen Anordnungen – insbesondere nicht durch Beamte einer gleichrangigen Gewalt, die einen Eid geschworen haben, diese Anordnungen einzuhalten“, schrieb Boasberg, der dem Bundesgericht in Washington vorsitzt. Die Trump-Regierung hat bereits angekündigt, im Fall einer Anklage dagegen rechtlich vorzugehen.

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