piwik no script img

RechtsruckIch bleibe Kli­ma­ak­ti­vis­t*in und bekämpfe Faschos

Nächstes Jahr könnte die AfD Teil einer Landesregierung werden. Damit sozialer Klimaschutz eine Chance hat, müssen wir jetzt gegen sie organisieren.

Mit der AfD gibt es nichts zu besprechen und schon gar keine Bekämpfung der Klimakrise Foto: Eibner-Pressefoto/imago

E s ist das Abschlusswochenende der Weltklimakonferenz, kurz COP. Anders als noch vor wenigen Jahren schaffen es nur wenige Schlagzeilen von dort in meinen Feed. „Indigene versperren Weg zur Klimakonferenz“ ist eine davon. Als ich das lese, freue ich mich erst. Doch dann fühle ich mich auch schlecht, weil ich die COP nur am Rande mitbekommen habe. Liegt das an mir?

Als ich zur Hochzeit von Fridays for Future im Fernsehen Interviews gegeben habe, musste unter meinem Namen immer groß „Klimaaktivist*in“ stehen. Nicht, weil ich darauf bestanden hätte, sondern weil Klimaaktivismus so eng mit meinem politischen Engagement verknüpft war, dass Jour­na­lis­t*in­nen darauf bestanden.

Habe ich das Klima jetzt abgeschrieben? Bin gar desillusioniert? Ich lese ein Interview mit Luisa Neubauer in der FAZ. Sie wird gefragt, warum sie ihre Attraktivität nicht stärker in die Waagschale fürs Klima werfe. Schräg. Schon voriges Jahr titelten Medien: „Hat Fridays for Future versagt?“ Auch schräg. Es scheint so, als würden Medien uns jungen Klimaaktivist*innen, die 2019 eine der größten Protestbewegungen der Welt begründeten, die Schuld an der weiteren Verschärfung der Klimakrise geben, weil jetzt von der Politik die großen Würfe ausbleiben.

Die Wahrheit aber ist komplexer: Die Welt hat sich seit 2019 verändert. Damit effektiver Klimaschutz, der soziale Fragen mitdenkt und alle mitnimmt, eine Chance hat, braucht es eine demokratische Gesellschaft. Doch genau die wird gerade von Rechtsextremen akut gefährdet. Und ja, in diesem Licht erscheint die Klimakrise auch für mich als weniger akutes Problem.

Mit der AfD gibt es nichts zu besprechen

Unsere Strategie bei Fridays for Future basierte darauf, dass Po­li­ti­ke­r*in­nen ein Interesse daran haben, die Klimakrise zu bekämpfen. Dass sie, ob konservativ, liberal oder links, „in good faith“ handeln. Die AfD aber tut genau das Gegenteil. Sie will die demokratischen Institutionen aushöhlen und sabotieren. Mit ihr gibt es nichts zu besprechen und schon gar keine Bekämpfung der Klimakrise.

Die AfD will, dass es Deutschland schlecht geht. So sagt es zumindest der langjährige Pressesprecher der AfD, Christian Lüth: „Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD.“ Nicht die Bewältigung der Krise, sondern die Krise selbst schafft den von ihr erhofften politischen Nährboden. So funktioniert das Playbook der Faschisten. Nicht umsonst träumt auch Trump offen vom „civil war“, um seine Macht weiter zu festigen. Und nutzt bereits jetzt die Proteste gegen ihn, um das Militär gegen die eigenen Bür­ge­r*in­nen in Stellung zu bringen.

Die mit Abstand größte Gefahr in Deutschland besteht darin, dass die AfD Machtpositionen in Regierungen übernimmt. Schon bei der Landtagswahl im Herbst 2026 in Sachsen-Anhalt ist das realistisch. Perspektivisch scheint auch auf Bundesebene eine Koalition mit der Union möglich. Wer die Vorzeichen dafür nicht sieht, lebt naiv.

Dass viele politische Menschen ihre Kraft jetzt auf den Kampf gegen rechts fokussieren, ergibt Sinn. Denn wer Mehrheiten für Klimaschutz will, braucht eine stabile Demokratie. Auch der Klimaaktivismus wird bei den Wenigsten ein Spezialinteresse gewesen sein, das sich in besonderer Liebe zu Meeresströmungen und Temperaturstatistiken begründete.

Für mich zumindest ging es beim Klima immer darum, Gerechtigkeit zu schaffen und für Menschen einzutreten. Ich wollte eine lebenswerte Zukunft und daran hat sich nichts geändert. Ich bleibe Klimaaktivist*in, auch wenn das jetzt erst mal heißt, die Faschos zu bekämpfen.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare