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Rechtsradikale in GriechenlandMal eben ausmanövriert

Die konservative Regierung will die rechtsradikale Partei Ellines von der Parlamentswahl im Mai ausschließen. Die Gesetzesänderung ist umstritten.

Ilias Kasidiaris, hier bei einem Auftritt 2018 Foto: Panayotis Tzamaros/Zuna Press/imago

Athen taz | Das griechische Parlament hat am späten Dienstagabend eine Gesetzesänderung beschlossen, die den Weg für den Ausschluss der rechtsradikalen Partei Ellines (Griechen) von der Parlamentswahl am 21. Mai 2023 ebnen soll. Dafür votierte eine Mehrheit von 178 der 300 Abgeordneten.

Die konservative Regierungspartei ND, die die Gesetzesänderung am Freitag ins Parlament eingebracht hatte, stimmte mit ihren 156 Abgeordneten geschlossen dafür, ebenso die 22 oppositionellen Pasok-Sozialdemokraten. Dagegen votierten die Kommunistische Partei (KKE), die linke Mera25-Partei unter Ex-Finanzminister Janis Varoufakis sowie die nationalkonservative Griechische Lösung. Die größte Athener Oppositionspartei, die radikallinke Syriza unter Ex-Premier Alexis Tsipras, nahm an der teilweise hitzig geführten Parlamentsdebatte zwar teil, blieb der Abstimmung aber fern.

Parteienverbote sind in Griechenland verpönt. Ferner bestehen sehr hohe, in der Verfassung verankerte Hürden für die Nichtzulassung von Kandidaten und Parteien zu Wahlen. Die nun beschlossene Gesetzesänderung sieht vor, dass ein Gremium von zehn statt bisher fünf Richtern an Griechenlands oberstem Gericht, dem Athener Areopag, über die Zulassung von Parteien und Kandidaten für die bevorstehenden Neuwahlen zu entscheiden hat.

Bereits im Februar hatte die Regierung Mitsotakis in der heiklen Causa Ellines mit den Stimmen der Pasok eine Gesetzesänderung im Athener Parlament verabschieden lassen, wonach künftig der Parteichef und der Vorstand, aber auch „die wirkliche Führung“ einer Partei nicht „in irgendeiner Instanz“ (statt wie in der Verfassung vorgeschrieben in letzter Instanz) ob schwerer Straftaten verurteilt sein dürfen, um eine Partei zur Wahl zuzulassen.

13 Jahre Haft

Gründer der Ellines ist Ilias Kasidiaris. Der 42-Jährige sei ein lupenreiner Neonazi, warnen seine Kritiker. Mit der berühmt-berüchtigten Goldenen Morgenröte (XA) zog er bei den Wahlen 2012 und 2015 ins griechische Parlament ein. Kasidiaris avancierte schnell zu einem ihrer führenden Köpfe. Bei der letzten Hellas-Wahl im Juli 2019 scheiterte die rechtsextreme XA nur hauchdünn an der Dreiprozenthürde.

Endgültig vorbei zu sein schien Kasidiaris’ Politkarriere nach einem Mammutprozess in Athen gegen ihn und weitere 68 Personen wegen der Bildung einer kriminellen Organisation. Das Verfahren endete am 7. Oktober 2020 in erster Instanz. Wegen der Ermordung des linken HipHop-Sängers Pavlos Fyssas und anderer fremdenfeindlicher Straftaten kassierte Kasidiaris eine Haftstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten und wanderte sofort in den Knast.

Im Mai 2020 gründete Kasidiaris die neue Partei Ellines. Kasidiaris bestreitet, dass sie eine Nazipartei sei. Sein Ziel: das Comeback auf der Politbühne. Das könnte beim Urnengang am 21. Mai sogar gelingen. Die Ellines könnten laut Umfragen rund 4 Prozent der Stimmen erhalten – und damit ins Parlament einziehen.

Seit Dienstag vergangener Woche ist der frühere Staatsanwalt Anastasios Kanellopoulos Parteivorsitzender der Ellines. Der 70-köpfige Parteirat habe ihn in einer außerordentlichen Sitzung einstimmig zum Parteichef erkoren, um „die ungehinderte Teilnahme der Partei an den Wahlen mit dem Ziel des Einzugs in das griechische Parlament zu gewährleisten“, gab die Partei offiziell bekannt.

Harsche Reaktionen

Ein Paukenschlag. Der Schachzug der Ellines, den unbescholtenen Kanellopoulos, der vor seiner Pensionierung acht Jahre lang am höchsten Gericht tätig war, vom Nichtmitglied plötzlich zum Parteiführer zu machen, sei bloß ein „Trick“, um bei der Wahl antreten zu dürfen, befanden Mitsotakis und Co.

Die neuerliche Gesetzesänderung löste am obersten Gericht harsche Reaktionen aus. Am Montag kündigte der Präsident der für die Wahlzulassung der Parteien zuständigen Abteilung am obersten Gericht, Christos Tzanerikos, den Staatsdienst. Er hatte zuvor der Regierung Mitsotakis einen „unverhohlenen Eingriff in die Justiz“ vorgeworfen.

Entsetzt ist auch die Athener Opposition über ein von der Regierung unterdessen bestätigtes Geheimtreffen. Demnach habe sich die rechte Hand von Premier Mitsotakis, Staatsminister Georgios Gerapetritis, bereits Ende März in einem Athener Café ausgerechnet mit der Schlüsselfigur im Fall Ellines, dem nun zurückgetretenen Höchstrichter Tzanerikos, getroffen. Kritiker werfen der Regierung Mitsotakis vor, sie trete das Prinzip der Gewaltenteilung mit Füßen, wie schon allein die Existenz des Geheimtreffens belege.

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