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Rechtspopulisten gegen sexuelle VielfaltVater, Mutter, Kind und AfD

In einem neuen Positionspapier lässt die AfD nur die Ehe zwischen Mann und Frau gelten. Der Lesben- und Schwulenverband warnt vor Diffamierung.

Ginge es nach der AfD, gäbe es nur diese eine Kombination Foto: dpa

Magdeburg epd | Die rechtspopulistische AfD will verstärkt gegen eine angebliche Frühsexualisierung von Kindern kämpfen. In einem am Montag in Magdeburg vorgestellten Positionspapier wird die Ehe als die Verbindung zwischen Mann und Frau, aus der Kinder hervorgehen, in den Mittelpunkt gestellt. Andere Formen des Zusammenlebens und Sexualverhaltens sollten nicht gleichwertig daneben gestellt werden, heißt es unter anderem in einer „Magdeburger Erklärung zur Frühsexualisierung“, der sich mehrere AfD-Fraktionen aus den Bundesländern angeschlossen haben.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) kritisierte das Papier und sieht in der Förderung des demokratischen Miteinanders keinen Skandal, sondern einen Gewinn. Die faktenfreie AfD-Kampagne skandalisiere die Akzeptanz von Lesben, Schwulen und Transgender, warnte der Verband.

AfD-Fraktionschef André Poggenburg sagte, durch Frühsexualisierung würden Kinder bereits in den Schulen „sexuell indoktriniert und die Kinderseelen belastet“. Eine Diskriminierung von Homosexuellen und sexuellen Minderheiten durch seine Partei könne er allerdings nicht erkennen. Er kritisiere vor allem die Herangehensweise zum Thema in den Kindergärten und Schulen.

In Sachsen-Anhalt richtet sich die Kritik konkret unter anderem gegen einen geplanten Kita-Koffer, der Bücher und Lehrmaterialien zum Thema Gleichstellung enthalten soll. Dies ist Teil eines Aktionsplans für mehr Akzeptanz für Lesben, Schwule, Transsexuelle und andere sexuelle Minderheiten. Dazu gehören auch Broschüren mit Kinderbuch-Empfehlungen für Kitas zu sexueller Vielfalt und unterschiedlichen Familienmodellen.

Grünen-Fraktion lädt zur Lesung mit Olivia Jones

LSVD-Sprecherin Stefanie Schmidt sagte, Kindergärten und Schulen seien wichtige Orte, um gesellschaftliche Vielfalt und individuelle Wertschätzung aktiv zu lernen und zu leben. Das Ziel eines angst- und diskriminierungsfreien Miteinanders gehöre zweifellos zum staatlichen Bildungsauftrag. Lesben, Schwule oder Bisexuelle seien unbestreitbarer Bestandteil der heutigen Gesellschaft, sie seien gleichwertig, betonte Schmidt. „Dass die Akzeptanz von Vielfalt und das Eintreten für Mitmenschlichkeit von der AfD diffamiert werden, zeugt von einem ebenso uniformen wie beschränkten Gesellschaftsbild.“

In dem AfD-Positionspapier heißt es weiter, dass auch der Schulunterricht vermitteln sollte, „dass nicht Triebbefriedigung, sondern eine intakte Familie primäres Lebensziel sein sollte.“ Zudem spricht sich die AfD gegen ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften aus. Es bestehe keine Not, diese zu berücksichtigen, da es mehr adoptionswillige Ehepaare als zur Adoption freigegebene Kinder gebe. Zudem sei nicht geklärt, ob Kinder bei gleichgeschlechtlichen Paaren eine „normale und stabile Geschlechtsidentität“ entwickelten.

In diesem Zusammenhang findet am Mittwoch im Landtag auf Einladung der Grünen-Fraktion eine Lesung und Diskussion zum Thema Geschlechter- und Familienvielfalt mit der Travestiekünstlerin Olivia Jones statt, deren Kinderbuch eine Empfehlung in der Broschüre der Landesregierung für Kitas ist. Jones hatte AfD-Fraktionschef Poggenburg angezeigt, nachdem er Homosexualität mit Pädophilie in Zusammenhang gebracht hatte.

Zuletzt gab es unter anderem Ende Oktober in Wiesbaden eine Demonstration von konservativen Christen und Rechtspopulisten gegen den hessischen Lehrplan zur Sexualerziehung, weil diese ebenfalls eine Frühsexualisierung befürchten.

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8 Kommentare

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  • Nein danke!

     

    Da lobe ich mir doch das weltoffene Familienbild der Union.

  • Zitat:

    "Die faktenfreie AfD-Kampagne skandalisiere die Akzeptanz von Lesben, Schwulen und Transgender, warnte der Verband."

    Wieso ist der Widerstand gegen eine staatliche Sexualerziehung, die auf die Akzeptanz sexueller Vielfalt gerichtet ist, faktenfrei?

    Fakt 1: wie jeder auf der Website des Vereins "Queere Bildung e.V." sehen kann, gibt es in nahezu allen bundesländern mittlerweile "SchLAU-Workshops", die von schwul-lesbischen Aufklärungsteams an öffentlichen Schulen durchgeführt werden, in der Regel verfogen diese Workshops einen autobiografischen Ansatz.

    Fakt 2: seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1977 (BVerfGE 47,46) obliegt dem Staat das sog. "Indoktrinationsverbot". Dieses besagt, dass es sattlichen Schulen untersagt ist, Schüler dazu zu erziehen, ein bestimmtes Sexualverhalten zu befürworten oder abzulehnen.

    Fakt 3: die sog. "SchLAu-Workshops" zielen nach eigener Darstellung NICHT darauf, Schüler zur "Toleranz" sexueller Vielfalt anzuleiten, sondern zur "Akzetanz".

    Fazit: "SchLau-Workshops" zum Thema sexuelle Vielfalt verstoßen gegen das Indoktrinationsverbot und sind damit verfassungswidrig. Wer aus diesem Grund Widerstand gegen diese Art von Sexualerziehung leistet, ist weder reaktionär, noch homophob, sondern allein mit der Rechtsprechung des BVerfG vertraut - selbst wenn man in der AfD ist.

  • Um Kindern die unterschiedlichen Arten der sexuellen Ausrichtungen zu erklären, halte ich das Kindergartenalter für zu früh.

    Da es eben unterschiedliche Ansichten bei Erwachsenen gibt, werden Kindern im Kindergartenalter durch ihre Erzieher, die nicht immer die leiblichen Eltern sind oft stark gegen das Erlernte in dem Kindergarten polarisiert.

    Aus eigener Erfahrung, ich war zwei Mal verheiratet, weiß ich wie schwierig es war den Kindern nahe zubringen, warum einige ihrer Spielkameraden zwei Mütter bzw. zwei Väter haben. In meiner Familie gab es den Konsens, das jeder so Leben soll, wie er es für sich für richtig erachtet.

    Leider war das aber nicht so in der Familie des leiblichen Vaters, der massiv gegen Schwule Paare wetterte. Er war stark Rechts angehaucht. Nun hatten die Kinder das Problem, dass in dem Kindergarten erlebte, dass der Mutter und mir vorgelebte über einander zu bringen. Der Kindergarten war damals schon sehr Offen in seinen Methoden, musste aber stark zurück rudern, da diese Problem nicht nur in unserem Lebensentwurf bestand.

    Zwei dieser Kinder haben nach der Beeinflussung durch die väterliche Familie angefangen gegen die Kinder, mit zwei gleich Geschlechtlichen Partnern zu pöbeln und zwar nicht nur unsere Kinder sondern auch andere aus ähnlichen Verhältnissen.

    Ich bin der Ansicht, das die Genderaufklärung erst in vollem Umfang ab der 2. oder 3. Klasse beginnen sollte, da Kinder, nach meiner Erfahrung, zum dem Zeitpunkt schon in der Lage sind weit differenzierter über derartige Dinge nachzudenken als Kinder im Kindergartenalter.

    Wir waren eine Patchwork Familie mit 9 Kindern aus je zwei Vor - Ehen!!!

  • Bezeichnend für das politische Klima ist in diesem Zusammenhang das neue Grundsatzprogramm der CSU, das (neben einer AfD-artigen Kritik an "Frühsexualisierung" und "Gender-Ideologie") die Ehe als Verbindung aus Mann und Frau festschreibt.

     

    Wie beim Thema Integration, Einwanderung oder der leidigen Leitkulturdebatte wirken die menschenfeindlichen Positionen der AfD ins konservative Lager der CDU/CSU hinein, die ausgerechnet die Verhinderung der rechtlichen Gleichstellung von uns Schwulen und Lesben zur Profilierung im reaktionären Milieu auserkoren hat.

     

    Diskriminierung als konservativer Markenkern. Wir dürfen also weiter als Bürger zweiter Klasse behandelt werden.

     

    Und die SPD hält feige still des Koalitionsfriedens wegen. Aktuell behindert die Union im Bundestag die parlamentarische Befassung des Ehe-für-alle-Gesetzesantrages des rot-rot-grün dominierten Bundesrates durch Verfahrenstricks. Schäbig.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Die AfD ist doch sonst auch nicht sonderlich angetan von Argumenten die in Richtung des Sozialkonstruktivismus gehen. Nun selber so zu tun als könnten Kinder durch eine bestimmte Erziehung in ihrer Sexualität massiv beeinflusst werden ist da natürlich ziemlich wiedersprüchlich. Das ganze ist einfach nur ein Griff ins Klo. Kann man bei christlichen Fundamentalisten in den USA sonst auch beobachten. Alles ist Gott-Gegeben aber homosexuelle Jugendliche will man dann doch "therapieren",... ja ne ist klar.

     

    "Die faktenfreie AfD-Kampagne skandalisiere die Akzeptanz von Lesben, Schwulen und Transgender, warnte der Verband."

     

    Vermutlich nicht ansatzweise so stark wie einige Aktivisten aus dem LGBT Lager oder radikale Vertreter des Sozialkonstruktivismus.

  • ...die AfD möchte eine andere Republik. Eine Republik mit einem gesellschaftlichen Kern, der das Sagen hat, und Menschen mit geringeren Rechten. 1789 waren wir an diesem Punkt in Frankreich weiter. Und 1919 in Deutschland auch. Und bis Herbst 2015 waren wir in der BRD auch weiter.

    • @Der Alleswisser:

      schulterzuck ... Die AfD möchte Deutschland zurück in die Adenauer-Zeit versetzten. Zumindest teilweise noch weiter in die Vergangenheit. Nichts daran ist neu oder überraschend.

  • Hat jmd. von dem braunen Pack etwas anderes erwartet?