Rechtspopulismus wird sozial: Deutsche Arbeiter hart umworben
Am 1. Mai wollen die „Arbeitnehmer in der AfD“ in Hamburg auflaufen – angeblich mit bis zu 2.000 Leuten. Gewerkschafter sind gewarnt.
In Hamburg kam es in den vergangen Jahren im Zuge „revolutionärer“ Maidemos zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und linksradikalen Autonomen. Die Anmeldung der AfD an diesem Tag spiegele ihr „gestiegene Selbstbewusstsein wider“, sagte Mark Haarfeld von „Mach meinen Kumpel nicht an“, einer bundesweiten gewerkschaftlichen Initiative, die sich seit 30 Jahren gegen Rassismus und Rechtsextremismus engagiert. Es sei die erste öffentliche Veranstaltung der „Arbeitnehmer in der AfD“ an der Elbe, so Haarfeld.
Traditionell demonstrieren die großen Gewerkschaften am 1. Mai für soziale Rechte. Zum gesetzlichen Feiertag wurde er in Deutschland allerdings durch die Nationalsozialisten 1933. In den vergangenen Jahren versuchten Rechte von NPD über den „III. Weg“ bis zu den Autonomen Nationalisten, den Tag für ihre national-rassistischen Forderungen zu nutzen.
In den Gewerkschaften gibt es die Befürchtung, dass die AfD auch jenseits von Maikundgebungen in die Betriebe dränge, sagte Kai Venohr, stellvertretender Vorsitzender bei „Mach meinen Kumpel nicht an“. Betriebsräte seien besorgt, dass bei den nächsten Betriebsratswahlen 2018 auch Kandidaturen von AfD-VertreterInnen erfolgen könnten.
Gegenprotest wird erwartet
In ganz Europa gelingt es Rechtspopulisten, neue Wählerschichten zu gewinnen, wenn sie die sozialen Fragen mehr betonen. Für Deutschland sagte Venohr, dass sich die politische Auseinandersetzung bereits verschärft habe. Den Gewerkschaften sei bewusst, dass bei Landtagswahlen auch viele Gewerkschaftsmitglieder die AfD wählen. Aus dem Grund bereite sich der DGB nun auf diese politische Konfrontation vor, sagte Venohr. Für den 1. Mai wird Gegenprotest erwartet.
Mit ihrem Slogan sind die AfD-Arbeitnehmer indes nicht bescheiden: „Das neue Rot der Arbeitnehmer ist Blau“, heißt es auf ihrer Website. Bundessprecher sind Robert Buck aus Hamburg und Christian Waldheim aus dem Herzogtum Lauenburg. Auch ihren Sitz hat die AfD-Interessensgemeinschaft am Normannenweg in der Hansestadt.
Bundessprecher Waldheim sei bei Veranstaltungen bisher nur als Redner aufgetreten, sagt Gewerkschafter Haarfeld. Der 1. Mai hätte sich als Termin auch für eine Wahlkampfveranstaltung in Nordrhein-Westfalen angeboten. Haarfeld schätzt aber, dass dafür die Strukturen zu schwach seien.
Das lässt auch die Website der Interessensgemeinschaft erahnen: Ein stellvertretender Bundessprecher wird nicht benannt, als Landesverband wird allein einer in Baden-Württemberg aufgelistet – mit Hamburger Telefonnummer als Kontakt.
Seit Anfang 2015 besteht der AfD-Ableger. In ihrem Programm bekennen sich die Arbeiter-Rechtspopulisten zur „sozialen Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards“. Nicht ohne zu erklären, „dass der Sozialstaat nicht der allumhegende Wohlfahrtsstaat sein kann, der sich um alle sozialen Belange seiner Bürger“ kümmere. Die Verantwortung zur Übernahme sozialer Risiken müsse in Teilbereichen in die Hände der Bürger gegeben werden.
Ebenso beklagt die Gruppe, dass die Politik „sich mehr der Rettung von Finanzinstituten und Staaten verschreibt“ statt um „fehlerhafter Entwicklungen in vielen Lebensbereichen von Arbeitnehmern“. Sie nennt „Niedriglohnsektor, Altersarmut, prekäre Arbeitsverhältnisse, Leiharbeit“. Positionen, die allerdings nicht in das AfD-Grundsatzprogramm aufgenommen wurden, erklärte Gewerkschafter Haarfeld.
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