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Rechtskonservative Regierung NorwegensBetteln lieber verbieten

Die Rechtspopulisten in Norwegen sehen einen „Zusammenhang“ zwischen Betteln und Kriminalität. Und wollen Schnorren gesetzlich verbieten.

Norwegische Idylle in Trondheim. Da stören Bettler natürlich nur. Bild: imago/Pictureteam

OSLO afp | In Norwegen soll nach dem Willen der Regierung aus Rechtskonservativen und Rechtspopulisten das Betteln auf öffentlichen Plätzen verboten werden. Das Parlament in Oslo debattierte am Montag einen entsprechenden Gesetzentwurf. Damit sollen die Kommunen bereits ab diesem Sommer das Betteln auf ihrem Gebiet untersagen können, ab Sommer 2015 soll ein landesweites Verbot gelten. Bei Zuwiderhandlung drohen Geldbußen und bis zu drei Monate Gefängnis.

Justizminister Anders Anundsen von der rechtspopulistischen Fortschrittspartei (FrP) rechtfertigte die Maßnahme, indem er auf einen „Zusammenhang“ zwischen Bettelei und Kriminalität verwies. Nach Behördenangaben gibt es in der Hauptstadt Oslo genauso viele Taschendiebstähle wie in Berlin - obwohl Oslo sieben Mal weniger Einwohner zählt.

Kritiker des Gesetzentwurfs werfen der Regierung vor, mit dem Bettelverbot vor allem Sinti und Roma treffen zu wollen. Bard Vegar Solhjell von der Oppositionspartei Sozialistische Linke erklärte, mit der Maßnahme solle die Einwanderung dieser Volksgruppe verhindert werden – so wie vor 200 Jahren den Juden die Einreise nach Norwegen per Verfassung verboten war. Die Annahme der Gesetzesmaßnahme durch die Abgeordneten am Montagabend galt als sicher.

Experten warnten, das Bettelverbot könnte die Kriminalität eher noch erhöhen als bekämpfen. Wer bisher gebettelt habe, „wird gezwungen sein, straffällig zu werden“, sagte der Chef eines Drogenhilfeverbandes dem Fernsehsender TV2.

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17 Kommentare

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  • Man kann die Diskussion auf einer sozialwissenschaftlichen Ebene führen und Vokabeln wie „Rechtspopulismus“ verwenden. Ich halte es für eine Tatsache, dass Kinder von Sinti und Roma betteln und klauen (wenn sie einen Geldschein sehen). Auf der Domplatte in Köln geschieht dies sozusagen professionell. Ob es eine Lösung ist, das Betteln zu verbieten, ob diese Maßnahme überhaupt geeignet ist, Diebstähle zu verhindern, kann man genauso diskutieren wie, ob es geeignetere Maßnahmen gibt. Ich kenne eine 80-jährige Frau, der von Romakindern das Portemonnaie gestohlen wurde mit 250 € und Personalausweis. Kurze Zeit später erhielt sie einen Anruf aus einem Callcenter in Südeuropa, man versuchte den Enkeltrick, die Adresse hatten sie aus dem Personalausweis. Fraglich ist ferner, warum es eines Gesetzes bedarf. In Deutschland bedürfen Freiheitseingriffe eines Gesetzes, wenn sie Grundrechte berühren. Mir scheint, das Problem sollte auf lokaler Ebene bekämpft werden mit Platzverboten etc., was einem Bettelverbot gleichkommt, wirksameren Erziehungsmaßnahmen (die strafunmündigen Kinder büchsen regelmäßig am ersten Tag aus). Hoffentlich werde ich jetzt nicht als „rechts“ angesehen. Rechts und links ist für mich eine Titulierung für Blöde, ich kann etwa nicht (mehr) nachvollziehen, dass die SPD linker sein soll als die CDU.

    • @Christoph Hillmick:

      Platzverweise, Bettelverbote oder ähnliches sind keine adäquaten Mittel die von Ihnen genannten "Tatsachen" zu verhindern.

      Solche Maßnahmen verhindern weder Kriminalität, noch löst es die ihr zugrunde liegenden Ursachen.

      Die Probleme werden lediglich verlagert.

  • Danke für die Information von @Emil aus Lönneberga. Auch ohne ein großer Norwegenkenner zu sein, wunderte mich dieser Artikel auch insofern, als dass auch ich meinte, dass Betteln zumindest in den meisten Teilen Norwegens immer verboten war. Ebenso wie man in Oslo auch nicht, sofern sich da nicht was geändert hat, auch ausserhalb geschlossener Räume keinen Alkohol trinken darf (was man angesichts der dortigen Preise aber auch in geschlossenen Räumen kaum hinbekommt).

     

    Mich würden wesentlich eher die sozialen Möglichkeiten interessieren, die für Migranten, die in Norwegen leben wollen, bestehen. (Die Norwegisch-Kurse, die @Emil erwähnt, sind afaik abgeschafft worden, zumindest für einwanderungswillige Facharbeiter, wenn die Agentur für Arbeit in der BRD nicht gezielt Falschinformationen verbreitet.)

    Norwegen ist ein Land, das pro Kopf irgendwie die drei bis vierfache Produktivität besitzt wie die BRD und in der manche Lebensbedingungen wesentlich besser sind als hier. Dass zur Zeit da eine Regierung herrscht, die in keinster Weise meine Sympathie besitzt, ist eine andere Sache, aber Fremskrittspartiet hat bei der letzten Wahl schon fast ein Drittel der Stimmen verloren. Und Høyre hat es nie über 30% bei Wahlen geschafft. (Und ja, @Emil, natürlich sind SPDCDUCSUFDPGRÜNE rechtspopulistisch. Sie sind rechts und sollen im Auftag des Kapitals populär sein. Was sollen diese Parteien sonst sein, wenn nicht rechtspopulistisch?)

     

    Insgesamt behagen mir solche Artikel nicht, weil sie eben nur einen Teil der Wirklichkeit wiedergeben, in dem am Ende man den Eindruck bekommen könnte, es wäre wirklich in der BRD doch alles supertoll, indem man die Eigenheiten, die sozialen Vorteile und den Reichtum eines anderen Landes verschweigt und nur eine Sache in den Vordergrund stellt, den die deutsche Leserschaft nicht ganz nachvollziehen kann. Von mir aus kann man auch hier Betteln verbieten, wenn man die norwegischen Sozialgesetze hier einführt.

    • @Age Krüger:

      Für EU-Bürger gibt es natürlich keine kostenlosen Sprachkurse. Oftmals bezahlen aber die Arbeitgeber diese, aber das ist eben abhängig wie lukrativ man für den ist. Ansonsten kann man sich aber auch selbst an solch einer Schule registrieren. Da diese öffentlich sind kostet dann ein halbes Jahr so ca. 100 Euro.

       

      Ja, alle Vergnügungen im öffentlichen Bereich sind eigentlich verboten, darunter Alkohol, Drogen, Sex und Betteln (auch wenn dies nicht ausdrücklich genannt ist - bisher). Aber grillen ist erlaubt, aber eben das andere nebenbei.

  • Skandinavische Effizienz: So schnell und einfach kann man das Prinzip "Eure Armut kotzt uns an!" in Gesetzesform bringen.

    • @Soungoula:

      Früher gab es dafür Schilder mit der Aufschrift "Betteln und Hausieren verboten!". Heute macht man daraus ein Gesetz damit nicht jeder sofort den Hintersinn versteht.

  • Blöder Artikel. Alle, die nicht links stimmen sind Rechtspopulisten.

    • @Reinhard Witt:

      Die Forderung als solche ist ganz offenkundig rechtspopulistisch. Sie bietet eine vermeintlich simple Lösung für ein Problem, das in der behaupteten Form gar nicht besteht und zielt dabei subtil auf eine Ungleichbehandlung von Benachteiligten ab, die "zufällig" gleichzeitig mit ethnischen Differenzen in Verbindung steht.

      Das ist genau der Kern von Rechtspopulismus. Wer also bisher noch die Weißwaschungsversuche der FrP (und lautstark unterstützt von Høyre) geglaubt hat, sollte spätestens jetzt eines Besseren belehrt sein.

      • @Soungoula:

        Dies ist keine Forderung der FRP oder der Høyre. Das Tiggern wie das Betteln in Norwegen heisst war bereits zu AP-Zeiten verboten auch wenn dies nicht explizit im Strafgesetz genannt wurde. Nun soll das Gesetz eben dahingehend erweitert werden, dass die Kommunen selbst entscheiden können ob sie Tiggern verbieten wollen oder nicht. Interessanterweise sind es gerade die Großstädte, die fast allesamt eine Regierung aus Arbeiterparti, SV usw. haben dies fordern.

        Darüber hinaus ist es auch so, dass kein Norweger oder EU-Arbeitseinwanderer bettelt, dafür ist das Sozialsystem sehr gut ausgebaut. Gerade durch die Finanzkrise sind aber andere Volksgruppen hier her gekommen, die dieses Gewerbe organisiert betreiben und dies hat m.E. eigentlich nichts mit Betteln sondern mit Nötigung zu tun.

         

        In diesem Sinne sollte der Verfasser des Artikels mal besser recherchiert haben.

         

        Eine große deutsche Untugend ist es immer eine womögliche deutsche Sichtweise auf andere Länder anzuwenden und diese dann zu verurteilen ohne die Hintergründe zu kennen.

         

        Wer die Høyre als Rechtspopulisten bezeichnet muss wohl auch die SPD und erst Recht die CDU/CSU als Rechtspopulisten bezeichnen.

        • @Reinhard Witt:

          Es gibt hier Leute die alles was nicht linker als Marx ist als Rechtspopulisten bezeichnen. SPD und vor allem CDU/CSU und AfD müssen sich das hier ständig anhören.

  • Rechte Parteien sind eben eher selten daran interessiert, soziale Probleme für möglichst alle Beteiligten sinnvoll zu lösen. Die Wollen in der Regel nur das Symptom aus dem Blickfeld schaffen.

    • @vøid:

      Welches Problem denn bitte schön? Geht es hier doch um organisierte Banden, die mit Wohnmobil und Mercedes durchs Land ziehen. Im Jahr 2013 hat die Stadt Trondheim den "Bettlern" Wohnungen angeboten, natürlich kostenlos, um ihnen die Möglichkeit zu geben sich ordnungsgemäß zu registrieren und eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Davon hat nicht einer Gebrauch gemacht.

       

      Wenn in einem Land wie Norwegen jeder Flüchtling/Asylbewerber einen kostenlosen Sprachkurs besuchen darf und im Anschluss gefördert durch das norwegische Arbeitsamt einer Tätigkeit nachgehen kann, um ihn die Integration zu ermöglichen kann man wohl nicht gerade von Rechtspopulismus sprechen.

       

      Wo steht denn da Deutschland und die deutschen Linken?

      • @Reinhard Witt:

        Also verlassen die Banden dann durchs Bettelverbot das Land oder wenden sich "normaler" Arbeit zu?

        • @vøid:

          Ja, die schicken wir alle nach Deutschland und insbesondere nach Berlin, da dort ja betteln erlaubt ist. Schon mal anfangen Geld zu sammeln oder eine Stiftung zur Unterstützung reicher Mercedesfahrer ausländischer Herkunft gründen.

          • @Reinhard Witt:

            Es freut mich, dass Sie wohlhabend sind und einen dicken Mercedes fahren können. Sind Sie gar nicht? Tun Sie gar nicht? Ja, warum fahren Sie dann nicht nach Berlin und betteln, damit Sie's mal so richtig krachen lassen können?

            • @Jon Valkenberg:

              Ja, was war denn das jetzt für ein Beitrag?

               

              Was soll ich mit einem Mercedes? Es gibt andere Autos, die mich mehr ansprechen... Mein Vermögensstand tut wohl nichts zur Sache hier. Aber lass nur, bin bald in Berlin und lass es krachen auch ohne zu betteln - vielleicht geb' ich jemanden was, wenn er ordentlich Musik macht.

  • Ein Bettelverbot soll so etwas wie ein Einreiseverbot für Sinti & Co. sein?

    Wie rechts sind den die Norwegischen Linken.