Rechtsgutachten von Umweltverbänden: „Störfallbetrieb“ neben AKW

Gutachter halten ein geplantes Gas-Terminal in Brunsbüttel für nicht genehmigungsfähig. Das Wirtschaftsministerium in Kiel widerspricht.

Atomkraftwerk Brunsbuettel in Schleswig-Holstein

Schon gefährlich genug: Atomkraftwerk Brunsbuettel in Schleswig-Holstein Foto: ap

BERLIN taz | Der Widerstand gegen die geplanten neuen Importhäfen für verflüssigtes Erdgas (LNG) an der Nordseeküste verlagert sich nun auf die juristische Ebene. Am Dienstag stellte eine Allianz aus Deutscher Umwelthilfe (DUH), lokalen Umweltgruppen und der Hamburger „Fridays for Future“-Bewegung ein Rechtsgutachten vor, wonach das geplante LNG-Terminal in Brunsbüttel „aus Sicherheitsgründen nicht genehmigungsfähig ist“, wie es hieß. Die „Ansiedlung eines Störfallbetriebs“ widerspreche den Anforderungen im Immissionsschutz und im Atomrecht und verstoße zudem gegen den Bebauungsplan der Gemeinde Brunsbüttel.

Für die LNG-Häfen laufen Planungen an den möglichen Standorten Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven. Das Gutachten befasst sich nur mit Brunsbüttel. Dort liegen in der unmittelbaren Nachbarschaft der geplanten Baustelle ein stillgelegtes Atomkraftwerk und zwei atomare Zwischenlager, eine Müllverbrennungsanlage und ein Chemiepark. Dadurch würden die „angemessenen Sicherheitsabstände“ nicht eingehalten, monierte die Anwältin Cornelia Ziehm, die das Gutachten erstellt hat. Und im geltenden Bauplanungsrecht sei „die Ansiedlung eines Störfallbetriebs ausdrücklich als unzulässig festgelegt.“

Constantin Zerger von der DUH kritisiert an den Planungen vor allem, hier werde eine neue Infrastruktur für fossile Brennstoffe geschaffen, die den deutschen Klimazielen widerspreche. Die Umweltschützer argwöhnen, der Hafen solle vor allem LNG aus den USA aufnehmen, das dort mit der umstrittenen Fracking-Methode gewonnen wird. Außerdem gebe es keinen Bedarf für weitere Terminals in Europa, so die Umweltschützer. Zerger kündigte an, man behalte sich Klagen im Genehmigungsverfahren vor, wenn die Argumente in der Politik nicht gehört würden.

US-Regierung macht Druck auf Deutschland

Die Bundesregierung und das Land Schleswig-Holstein unterstützen dagegen die Projekte. Mit dem Import von LNG soll die Energiesicherheit garantiert werden und Deutschland weniger abhängig vom Gas aus Russland werden, heißt es offiziell. Allerdings drängt die US-Regierung schon lange, Deutschland solle endlich mehr Importmöglichkeiten schaffen. Erst vor kurzem hatte US-Energieminister Rick Perry indirekt damit gedroht, Zölle auf europäische Autos zu erheben, wenn die EU nicht mehr US-Gas kaufe. Die Bundesregierung wiederum hat vor einigen Wochen extra die einschlägige Verordnung so verändert, dass die Kosten für den Anschluss ans Gasnetz nicht vom Investor, sondern von den Gaskunden zu zahlen sind.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) findet die juristischen Argumente der Gegner des LNG-Terminals in Brunsbüttel „nicht tragend“. Für ihn ist das geplante Projekt für 500 Millionen Euro in seinem Land eine „Investition in die Zukunft“. Der TÜV Nord habe ein Gutachten vorgelegt, das zeige, wie die Sicherheitsfragen gelöst werden könnten, erklärte der Minister. „Wir gehen davon aus, dass das Projekt genehmigungsfähig ist.“

Auch die Planer des Projekts, German LNG Terminal, betonte, man sei „seit über einem Jahr mit den relevanten Genehmigungsbehörden und den zuständigen Landesministerien in Kiel im intensiven und regelmäßigen Austausch zu diesen Sicherheitsthemen.“ Das Genehmigungsverfahren umfasse „ein hafenrechtliches Planfeststellungsverfahren, eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, einschließlich Umweltverträglichkeitsprüfung und Prüfung nach der Störfallverordnung, eine baurechtliche Genehmigung, Erlaubnisse und Ausnahmen des Naturschutzrechts sowie wasserrechtliche Zulassungen.“

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