Rechtsextremismus und Nahost: Schüler fordern Runden Tisch
Landesschülerausschuss drängt den Senat zu einem umfassenden Konzept gegen Extremismus

Der Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 hat auch an Berlins Schulen eingeschlagen. Ziemlich schnell kam es dort zu Konflikten. Angesichts dessen fordert der Landesschülerausschuss (LSA) eine umfassende Strategie für den Umgang mit Extremismus an Schulen und bittet die Senatsbildungsverwaltung „inständig“ um einen Runden Tisch. In seinem aktuellen Positionspapier erneuert die Vertretung der Berliner Schüler*innen ihre Forderung vom vergangenen November, dass sich die relevanten Akteur*innen möglichst bald zusammensetzen sollten. Sie fordern die Bildungsverwaltung daher auf, den Runden Tisch „umgehend“ einzuberufen.
„Wir beobachten die Gefahr multipler Krisen“, schreibt der LSA. Diese bildeten eine „Plattform für antidemokratische, verfassungsfeindliche oder antisemitische Positionen“. Rechtspopulistische oder rechtsextreme Gruppierungen versuchten vermehrt, Jugendliche für ihre menschenfeindlichen Ideologien zu gewinnen. Damit dürften Schüler*innen und die Schulen nicht allein gelassen werden.
„Bisher haben wir von der Senatsverwaltung nur gehört, dass der Runde Tisch eine gute Idee sei, und sie das intern weitergeben wollten“, sagt Landesschülersprecher Orcun Ilter zur taz. Das sei aber noch keine klare Zusage. Da es auch um Diskriminierung gehe, sollte die Bildungsverwaltung den Austausch gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Vielfalt und Antidiskriminierung organisieren. Es sollten Lehrer*innen teilnehmen, der Landeselternausschuss und Vertreter*innen von Bildungsinitiativen, die bereits jetzt Projekttage oder Workshops zum Nahost-Konflikt oder zum Umgang mit Rechtsextremismus anbieten.
„Aus diesen Erfahrungen können wir lernen, wie Schulen flächendeckend mit der Gefahr des Extremismus umgehen können“, sagt Ilter. „Beim Nahost-Konflikt geht es viel darum, überhaupt erstmal offene Räume an den Schulen zu schaffen. Es ist wichtig, darüber zu sprechen“, sagt er. Dabei sollte nicht nur Platz für politische Fragen sein, sondern auch für die Gefühle von Schüler*innen, die teils über ihre Familien persönliche Bezüge in die Konfliktregion hätten.
Unbeantwortete Fragen
„Sie haben Fragen, die nicht beantwortet werden, weil den Lehrer*innen das Wissen fehlt oder weil sie sich da nicht rantrauen“, sagt er. Daneben erfordere es von den Lehrer*innen viel Feingefühl, das Thema anzusprechen, aufzuklären und auch präventiv extremen Positionen entgegenzuwirken. „Der Runde Tisch kann aufzeigen, wie die Schulen hier entlastet werden können“, sagt Ilter.
Daneben sieht Ilter die Gefahr des Rechtsextremismus. „Wir beobachten schon jetzt Aktivitäten an Schulen, und wir befürchten für die Zukunft ein Erstarken von rechten Positionen bei den Schüler*innen“ – auch über soziale Medien. Dem müssten die Schulen sich stellen und präventiv entgegenwirken.
Schon jetzt können Schulleitungen politische Bildner*innen für Workshops oder Projekttage gegen Extremismus oder zu Diskussion zum Nahost-Konflikt an die Schulen holen, etwa über von der Senatsverwaltung für Bildung geförderte Träger. Die Bildungsverwaltung bekräftigt, dass ihr die Zusammenarbeit mit der Schülervertretung wichtig sei. Die Frage nach dem Runden Tisch sei „auf Fachebene in Abstimmung“.
Der LSA, der sich regelmäßig mit der Senatorin für Bildung austauscht, erhofft sich schon für ihr nächstes planmäßiges Treffen mit ihr Ende Januar eine Zusage. Ginge es nach ihnen, sollte der Runde Tisch im Februar vorbereitet werden, um sich möglichst schon im März zum ersten Mal zusammenzusetzen, sagt Ilker.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich