Rechtsextremismus in Brandenburg: Schaut auf die Nazis im Osten

Die Angriffe auf eine Berliner Schulklasse zeigen: Rassistische Gewalt gehört in ländlichen Regionen Brandenburgs immer noch zur Normalität.

Ein Teilnehmer der Demonstration «Vielfalt statt Einfalt - Schule ohne Diskriminierung» steht mit einem Schild mit der Aufschrift «Nazis gehören nur noch in die Geschichtsbücher» vor dem Schulamt in Cottbus.

Die Zivilgesellschaft, wie hier bei einer Demonstration in Cottbus, steht viel zu oft alleine da Foto: dpa

Man könnte meinen, die „Baseballschlägerjahre“ der 90er, wie die von rechter Gewalt geprägte Nachwendezeit Ostdeutschlands genannt wird, wären wieder zurück. Am Wochenende hat eine Gruppe rechtsextremer Jugendlicher eine Berliner Schulklasse rassistisch bedroht und beleidigt, die sich in einer Ferienunterkunft im Brandenburger Heidesee auf eine Matheprüfung vorbereiten wollte.

Zwei Wochen zuvor sorgte bereits ein Brandbrief einer Oberschule im spreewaldischen Burg für Wirbel. Verängstigte Leh­re­r:in­nen wandten sich in einem anonymen Schreiben an die Öffentlichkeit und berichteten von einer Dominanz rechtsextremer Schü­le­r:in­nen und einem Klima der Einschüchterung.

Doch die Vorfälle lenken nur das mediale Schlaglicht auf etwas, das nie weg war. Ob rassistische Pöbeleien auf Dorffesten, Angriffe gegen alles, was als „anders“ markiert wird, die ständige Angst vor Konfrontationen mit Dorfnazis oder organisierte Neonazis: Jede Generation, die so wie der Autor dieses Textes nach 1990 in der ostdeutschen Provinz aufgewachsen ist, hat ähnliches zu berichten, wenn auch in unterschiedlicher Intensität.

Dementsprechend sind für Ex­per­t:in­nen die Vorfälle kaum überraschend. In Königs Wusterhausen, knappe 20 Kilometer entfernt vom Ferienheim, in dem die rechten Jugendlichen die Schulklasse angriffen, gibt es seit Jahrzehnten eine fest etablierte Nazi-Szene.

Parlamentarischer Arm der Nazi-Szene

Vor allem in den ländlichen Gegenden machen sich in den letzten Jahren verstärkt organisierte Nazis breit. Die Lausitz hat sich in den vergangen Jahren erfolgreich als rechtsextreme Hochburg etabliert, in der militante Nazis, bürgerlich auftretende Protestbewegungen und die AfD Hand in Hand gehen.

Dass sich die AfD auch bei dem Angriff in Heidesee als parlamentarischer Arm der militanten Naziszene sieht, zeigt die Reaktion des AfD-Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré, der den Vorfall herunterspielte und in einer plumpen Täter-Opfer-Umkehr von einer „medialen Hetzjagd gegen Deutsche“ fabulierte. Linker und dringend notwendiger Jugendarbeit in der Region versucht sie hingegen seit Jahren die Mittel zu streichen.

Die Gründe, warum Nazi-Strukturen gerade in ländlichen Regionen Ostdeutschlands so gut gedeihen, sind vielfältig: Landflucht, Vergreisung, Arbeitslosigkeit, Wende-Erfahrungen. Ein entscheidender Faktor ist aber der Umgang der Mehrheitsgesellschaft und Lokalpolitik, die rechtsextreme Übergriffe lieber totschweigen, als ernsthafte Schritte zu ergreifen. Diese Einstellung zeigt sich deutlich im Brandbrief der Oberschule in Burg, in dem die Leh­re­r:in­nen „eine Mauer des Schweigens“ und „fehlende Unterstützung seitens Schulleitungen, Schulämtern und Politik“ beklagen.

Motivierender Imageschaden

Bei einem AfD-Wahlergebnis von 23,5 Prozent bei der letzten Landtagswahl in Brandenburg ist es auch nicht verwunderlich, dass man im Zweifelsfall lieber Konflikte vermeidet, als eine Spaltung der Kommune zu riskieren. Doch das Ergebnis ist die rechte Dominanz, die sowohl bei dem Angriff in Heidesee als auch bei der Oberschule in Burg erschreckend zu Tage gekommen ist.

Dass Brandenburgs Nazi-Problem nun überregionale Aufmerksamkeit bekommt, ist begrüßenswert. Denn nichts motiviert Lo­kal­po­li­ti­ke­r:in­nen mehr, sich gegen Rechts zu engagieren, als den Imageschaden abzuwenden, der entsteht, wenn über ihre idyllische Urlaubsregion nur berichtet wird, weil Nazis sie unbesuchbar machen. Nun gilt es, Probleme klar zu benennen, statt sie herunterzureden, Straftäter konsequent zu bestrafen und vor allem der Zivilgesellschaft und den Antifa-Strukturen vor Ort den Rücken zu stärken.

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